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Köln | Es ist ein Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ mit dem Titel „Aushängeschild vor Abwicklung“, der aufhorchen und nachfragen lässt. Was passiert mit dem „Ballet of Difference“ (BoD) nach 2023, wenn im Jahr 2024 die Häuser am Offenbachplatz wieder öffnen sollen? Wie weit gediehen ist die Idee der Tanzsparte und die dazugehörigen Konzepte? Dazu äußert sich der kulturpolitische Sprecher der CDU und Kölner Bürgermeister Dr. Ralph Elster und Kölns Kulturdezernent Stefan Charles auf Nachfrage von Andi Goral.

In der Kölner Politik gibt es kräftige Stimmen. Eine ist Dr. Ralph Elster, kulturpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, der die Wiederetablierung der Tanzsparte in Köln mit Nachdruck fordert. Zu Recht, denn Köln war hier einmal Weltspitze. Die Frage taucht auf und gewinnt an Dringlichkeit, da die städtischen Kulturtempel am Offenbachplatz im Sommer 2024 wieder öffnen sollen. Für Elster ist Köln der größte Kulturstandort in NRW. Die Entwicklung der dritten Sparte Tanz will Elster allerdings nicht alleine vom BoD abhängig machen, dessen Arbeit der CDU-Kulturmann deutlich lobt. Köln brauche in der Tanzsparte eine unabhängige Struktur, die nicht an eine Person oder eine Kompagnie geknüpft ist. Dabei gehe es nicht darum, sich mit dem Bolschoi-Ballett mit seinen über 150 Tänzer*innen zu vergleichen, stellt Elster klar. Aber um ein Kölner Ballett mit Strahlkraft, dass auch dem modernen Tanz verpflichtet ist, so Elster, der allerdings immer mit betont, dass das BoD über so eine Strahlkraft verfügt. Was Elster befürchtet ist, ohne dies dem BoD zu unterstellen, dass eine solch exzellente Kompagnie ein gutes Angebot erhält und dann Köln verlässt und damit die Stadt blank dastünde. Daher pocht Elster auf eine unabhängige Struktur und hat damit ein nachvollziehbares Argument. Bei der Finanzierung setzt Elster auch auf die Unterstützung des Landes, dass sich dieses an der Etablierung der 3. Sparte Tanz in Köln beteilige. Und der vorgestellte Koalitionsvertrag von Schwarz-Grün beinhalte ja eine 50 prozentige Steigerung der Landesmittel für Kultur bis zum Ende der Legislatur. Köln profitierte bereits vom gestiegenen Landeskulturetat etwa bei der Etablierung von Zamus. Dass der Rat das BoD bis Ende 2023 gesichert und damit die Arbeit von Richard Siegal ermöglicht hat, begrüßt Elster sehr.

Die „Süddeutsche“ kritisiert Köln

Die Zeitung aus München attestiert Köln einen Ruf als Tanzmetropole, den die Stadt am Rhein aber selbst mit „Sparwut“ zerstört habe. Jetzt thematisiert die „SZ“ Robert Siegals BoD. Der war auch in der Münchner Muffathalle zu Gast. Finanziert, so die „Süddeutsche“ wurde dies durch NRW Landes-, Stiftungsmittel und Quersubventionierung aus dem Kölner Schauspieletat und Mitteln aus dem städtischen Kölner Haushalt.

Zur Finanzierung des BoD fasste der Rat der Stadt Köln am Montag, 20. Juni, einen Beschluss. Hier wird festgestellt, dass das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen für die Spielzeiten 2021 bis 2024 insgesamt eine Förderung von 1.519.727 Euro bereitstellt. Die Stadt Köln wird in den Spielzeiten 2021/22 und 2022/23 jeweils 250.000 Euro zur Verfügung stellen. Dazu fließen von den Bühnen 800.000 Euro. Richtig ist über die Spielzeit 2022/23 hinaus hat der Rat der Stadt Köln noch keine Entscheidung getroffen.

Hier fragt die „Süddeutsche“ nach, ob Richard Siegal mit seiner Kompagnie nicht die ab 2024 gewollte Kölner Tanzsparte aufbauen könnte und kritisiert das Kölner Kulturdezernat für das beim Beratungsunternehmen Actori eingekaufte Gutachten. Vier Millionen Euro pro Jahr wird die fest etablierte Tanzsparte kosten, meldet die „SZ“. Dazu kommen Kosten für die freie Szene. Hier fragt die „SZ“, ob Köln dann das BoD abwickeln werde und sich in Köln „die nächste satte Blamage in den Annalen des Kölner Tanzes ankündigt“?

„Wir können Richard Siegal nicht einfach ohne Verfahren zum Intendanten machen“

Die Stadt Köln führt zur Tanzsparte aus: Der politische Wille zu einer Tanzsparte hat sich mit dem bevorstehenden Einzug der Bühnen an den Offenbachplatz ganz stark konkretisiert. Im Betriebsausschuss Bühnen am 18. Januar wurde ein „Arbeitskreis actori“ eingerichtet, der mehre Varianten ausarbeitet. Es gibt noch offene Fragen, etwa was soll eine neue Tanzsparte beinhalten? Was sind die Kosten? Was geschieht mit Depot 1 und Depot 2 im Carlswerk in Köln Mülheim? Was BoD betrifft und dessen Finanzierung über die jetzt am Montag beschlossene Spielzeit 2022/23 hinaus, teilt die Stadtverwaltung mit, dass bereits daran gearbeitet werde, auch die Finanzierung für die Spielzeit 2023/24 für das BoD zu sichern.

Kulturdezernent Stefan Charles gegenüber report-K: „Ich habe mit Richard Siegal besprochen, dass er eine Perspektive in Köln hat. Wir können ihn aber jetzt nicht einfach ohne Verfahren zum Intendanten machen. Wenn sich der Rat dafür entscheidet, eine Tanzsparte einzurichten, kann die Stelle ausgeschrieben werden und ich werde mich sehr bemühen, dass diese Stelle mit internationaler Strahlkraft besetzt wird. Ich hoffe auch sehr, dass sich Richard Siegal dann bewerben wird. Ich will diesen Beschluss, aber ich will auch, dass alle dahinter stehen. Der Rat wird nur zustimmen, wenn er eine Perspektive sieht, die Köln als Tanzstadt massiv voranbringt und auch das Land mit ins Boot geholt wird. Deshalb müssen wir diese Entscheidung sehr gut vorbereiten, ohne Verkürzungen oder Absprachen im Hintergrund. Das muss ein transparenter, sorgfältiger Prozess werden“.

Die Actori-Studie geht derzeit von einem finanziellen Aufwand von 5,1 Millionen Euro im Jahr aus, die für die Wiederetablierung der 3. also der Tanzsparte nötig ist. Allerdings handelt es sich dabei noch um einen ersten sehr groben Entwurf. Die Kämmerei der Stadt will wissen, wie diese Zahl zustande kam und daher soll Actori ein Grundmodell ausarbeiten, um hier für Transparenz bei den Zahlen zu sorgen. Im Arbeitskreis soll ab Oktober ein Ratsbeschluss mit genauen Zahlen für mehrere Varianten vorbereitet werden.


Hinweis des Autors: Es sind auch die Kulturpartien der Fraktionen Grün, SPD und FDP angefragt, aber es stehen noch deren Antworten aus. Sobald diese vorliegen, wird der Artikel ergänzt.