Neben einer kleinen Ausstellung im Foyer des Kölner Gürzenich ist der 40. Deutsche Sportärztekongress geprägt von einer Vielzahl klinisch orientierter Symposien, Workshops und Fortbildungsveranstaltungen. Neben den Problemen des Dopings im Leistungssport beschäftigt sich der Kongress vor allem mit den Auswirkungen des demographischen Wandels und dem fundamentalen Wandel in den Lebensstilen der Bevölkerung. Die Sportmediziner beschreiben ihr Spannungsfeld in dem sie arbeiten und was sie auf dem Kölner Kongress diskutieren und erörtern wollen so: "Einem dramatischen Mangel an körperlichen Aktivitäten bei einem Großteil der Bevölkerung, der zudem bereits bei vielen Kindern und Jugendlichen zu konstatieren ist, stehen leistungsorientierte Aktivitäten im sogenannten Freizeit und Breitensport in anderen Bevölkerungsgruppen und unter anderem auch bei Senioren gegenüber." Sieht man hier zum Beispiel den neuen Teilnehmerrekord beim Köln Marathon, so kann man diese These schon in einer Woche in Köln bewiesen sehen.

Spannend wurde es heute morgen schon in Saal 6. Denn dort sprachen drei hochkarätige Referenten aus drei Perspektiven zum Thema Doping und man merkte schnell, wie komplex das Thema, wie bürokratisch die Kontrollverfahren und wie schnell die Industrie und Entwickler sind. So beklagte der Sportler und Vorsitzende der NADA Sebastian Thormann, den unglaublichen Aufwand den Athleten heute betreiben müssen, um den Dopingkontrollen und Vorschriften nachzukommen. Einige Athleten wünschten sich mittlerweile eine elektronische Fußfessel mit GPS, damit das Ausfüllen der Formulare entfällt. Denn Spitzensportler müssen vier Monate im voraus der Dopingbehörde bekannt geben, wo sie sich an dem und dem Tag, zu der und der Uhrzeit aufhalten. Der Ruderweltmeister von 2002 Thormannn, der heute noch mit seinen Teamkollegen den Weltrekord im Vierer ohne Steuermann in der olympischen Distanz hält, erzählte aber auch von laschen Kontrollen, vor allem bei Trainings außerhalb des eigenen Landes. Vom deutschen Olympiaarzt Dr. Kindermann gab es praktische Tipps, aber auch mahnende Worte zur Partnerschaft zwischen Sportler und Arzt, vor allem auch im Hinblick auf die olympischen Spiele in Peking 2008.

Kindermann forderte das Sportärzte sich moralisch und ethisch verpflichten, sich gegen Doping im Spitzensport auszusprechen und lotete die Spannbreite zwischen medizinischer Indikation und Doping aus. Für Kindermann muss ein guter Sportmediziner ein breites allgemeinmedizinisches Wissen besitzen, leistungsphysiologische Kenntnisse haben, über Kenntnisse von sportgerechter Ernährung verfügen, die Anti-Doping-Regeln kennen und über Durchsetzungsvermögen und Führungsqualitäten verfügen. Vor allem die Nahrungsmittelergänzung sah Kindermann als problematisch an, ganz besonders bei Kindern und Jugendlichen. Denn zum einen weiß man oft nicht, ob nicht die Inhaltstoffe zu einer späteren positiven Dopingprobe führen und zum anderen Nahrungsergänzungsmittel eine Dopingmentalität geradezu fördern würden. Dr. Kindermann warnte aber auch vor einer Wettkampfinflation. Sein Beispiel: Der Europäische Leichtathletik-Verband, der gerade überlege Europameisterschaften alle zwei Jahre und sogar im Olympiajahr stattfinden zu lassen. Damit müssen die Sportler immer stärker an ihre Leistungsgrenzen gehen und an der Leistungsgrenze steige gerade das Risiko für Doping anfällig zu werden. Als besondere Problematik stellte Dr. Kindermann auch die Verknüpfung der ärztlichen Tätigkeit und Honorierung in Prämiensystemen, die an den sportlichen Erfolg des betreuten Athleten gekoppelt sind, dar.

Von der Deutschen Sporthochschule Köln referierte Herr Thevis vom Zentrum für Präventive Dopingforschung aus der Sicht der Kontrollinstanz. Hier konnte man neben den Bestimmungsmethoden die Dopingsubstanzen, wie einen Fingerabruck erkennen lassen, vor allem eines lernen. Die Hersteller der Präparate und die Sportler die die Präparate schon in der Zeit der klinischen Erprobung anwenden, sind den Kontrolleuren immer etwa zwei Jahre voraus. Die Hersteller der Präparate weigern sich standhaft ihre Entwicklungen in der Erprobungszeit den Kontrollorganen zur Verfügung zu stellen. Im Endeffekt können die Kontrolleure erst dann anfangen Kontrollprogramme zu entwickeln, wenn die Produkte schon in der Apotheke von jedermann zu kaufen sind. Man will diesem Phänomen begegnen, indem man selbst anfängt Produkte zu entwickeln und Nachweissysteme zu schaffen. Wie schwierig dieser Prozess ist, zeigte auch ein anderes Beispiel aus dem Vortrag von Dr. Kindermann. Die Leistungen in den 5.000 und 10.000 Meter Disziplinen wurden immer besser, vor allem in den 90er Jahren, dann konnte man mit den Kontrollen EPO nachweisen und die Leistungen der Athleten wurden ab 2000 wieder schlechter. In den letzten Jahren steigt die Leistungsfähigkeit der Athleten wieder und es ist eine Frage der Zeit wann der nächste Doping-Skandal den Spitzensport erreicht.

Innenminister Wolfgang Schäuble, der heute Abend an den Kongress Grußworte richten wird formuliert seinen Anspruch an die Sportmediziner so: "Im Spannungsfeld zwischen medizinisch machbarer und in vertretbaren Grenzen möglicher Spitzenleistung muss die Sportmedizin dem Menschen und seiner Gesundheit verpflichtet sein."

Aktualisiert, 21:00 Uhr > Dr. Wolfgang Schäuble, der Bundesminister des Innern begrüßte die Gäste des 40. Deutschen Sportärztekongresses im Kölner Gürzenich und ließ kurzerhand sein Redemanuskript liegen. Ein gutgelaunter Wolfgang Schäuble erzählte launig, dass er am kommenden Samstag nach Shanghai fliegen werde um die deutsche Frauenfußballnationalmannschaft zu unterstützen. Schäuble mahnte aber auch. Denn gerade der Spitzensport in seiner Vorbildfunktion habe eine große gesellschaftliche Verantwortung und die Aufgabe in diesem bewährten System für die Sportmedizin sei es Sportler beim Erreichen ihrer persönlichen Höchstleistung zu unterstützen und dabei deren Gesundheit im Blick zu haben.

Schäuble kam auch auf das Thema "Doping" im Sport zu sprechen. Wie wichtig dies ist, zeigen erst heute wieder die Ereignisse in Stutgart bei  Fahrrad-WM. "Es muss gelingen die Seuche zu bekämpfen und die Medizin muss ganz entscheidend mithelfen", sagte Schäuble. Die Ärzte forderte Schäuble auf "Streng zu sein" und die Entwicklungen im Sport nicht kaputt zu machen und Verantwortung zu übernehmen.

Sport zur Prävention und Therapie – Bewegung statt Bettruhe
Sportliche Aktivität dient nicht nur der Prävention verschiedenster Erkrankungen, sondern hat auch einen therapeutischen Effekt. So reduziert sportliche Belastung zum Beispiel die körperliche Verfassung von Tumorpatienten und verbessert bei Patienten mit Herzmuskelschwäche die kardiovaskulären Symptome. Deshalb sollten auch schwerkranke Patienten unter ärztlicher Kontrolle Sport treiben, betonte Professor Dr. med. Herbert Löllgen, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention, auf dem 40. Deutschen Sportärztekongress in Köln. Es gilt: Bewegung statt Bettruhe. Möglicherweise könnte die medikamentöse Therapie von Patienten durch gezielte sportliche Aktivität reduziert werden, weil Sport im Körper über molekular-biologische Mechanismen ähnliche Effekte wie Arzneimittel bewirken kann.

Andi Goral für report-k.de / Kölns Internetzeitung