Köln | Die Probleme bei der Berufsfeuerwehr lassen, vor allem nach dem Bericht der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi [report-K berichtete], viele Fragen offen. Die Stadt Köln teilte heute mit, dass sie aktuell keine Fragen zur Berufsfeuerwehr beantwortet. Eine nicht unerhebliche Frage ist, war der Führung der Berufsfeuerwehr und ihrem leitenden Branddirektor Johannes Feyrer die Situation bekannt und vor allem dem für die Feuerwehr zuständigen Stadtdirektor Stephan Keller? Denn eigentlich waren die Beamten der Berufsfeuerwehr verpflichtet, Überlastungsanzeigen schreiben zu müssen.

Die rechtliche Situation ist eindeutig

Für die kommunalen Beamten der Stadt Köln, darunter fallen die Beamten der Berufsfeuerwehr Köln, gilt das Gesetz zur Regelung des Statusrechts für Beamtinnen und Beamte in den Ländern. Dort hat der § 36 eine besondere Brisanz für den Fall in Köln, denn der regelt die sogenannte „Überlastungsanzeige“, die selbst kein juristischer Begriff ist. In Punkt 1 heißt es: „ Beamtinnen und Beamte tragen für die Rechtmäßigkeit ihrer dienstlichen Handlungen die volle persönliche Verantwortung.“ Das Gesetz lässt dem Beamten aber die Möglichkeit zur Absicherung: „(2) 1 Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen haben Beamtinnen und Beamte unverzüglich auf dem Dienstweg geltend zu machen. 2 Wird die Anordnung aufrechterhalten, haben sie sich, wenn die Bedenken fortbestehen, an die nächst höhere Vorgesetzte oder den nächst höheren Vorgesetzten zu wenden. 3 Wird die Anordnung bestätigt, müssen die Beamtinnen und Beamten sie ausführen und sind von der eigenen Verantwortung befreit. 4 Dies gilt nicht, wenn das aufgetragene Verhalten die Würde des Menschen verletzt oder strafbar oder ordnungswidrig ist und die Strafbarkeit oder Ordnungswidrigkeit für die Beamtinnen oder Beamten erkennbar ist. 5 Die Bestätigung hat auf Verlangen schriftlich zu erfolgen.“ Dies wird mit Überlastungsanzeige bezeichnet.

Gab es „Überlastungsanzeigen“ auf dem Dienstweg?

Report-K fragte heute bei der Stadt Köln an, ob es bei der Berufsfeuerwehr Köln in den letzten Jahren vermehrt zu Überlastungsanzeigen durch Beamte der Kölner Feuerwehr auf dem Dienstweg kam und wenn ja, ob diesen nachgegangen wurde. Die Anfrage richtete sich lediglich auf die Anzahl nicht auf deren Inhalte, war also vollständig anonymisiert. Die Stadt beantwortet diese Fragen nicht, sondern verschickt ein Statement: „Auf Wunsch der Beschäftigten der Berufsfeuerwehr finden derzeit vertrauliche Gespräche über die Arbeitssituation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Berufsfeuerwehr statt. Um die Vertraulichkeit weiterhin zu wahren, wird die Stadt Köln sich derzeit zu Einzelaspekten nicht in der Öffentlichkeit äußern. Sobald Ergebnisse vorliegen, werden diese zunächst den Beschäftigten der Feuerwehr vorgestellt.“

Beamte müssen ihre Überlastung auf dem Dienstweg deutlich machen, sonst sind sie schadensersatzpflichtig.

Überlastungsanzeigen müssen immer persönlich eingereicht werden, eine Sammelbeschwerde ist nicht möglich. Beamte können gemäß bestimmter Vorschriften sogar schadensersatzpflichtig sein, wenn sie einer Pflicht zur Überlastungsklage nicht nachkommen: für Bundesbeamte ist es § 63 Bundesbeamtengesetz (BBG), der dies regelt. Bei Landesbeamten wird in § 36 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) die Vorschrift gleichlautend festgehalten. Wird diese Pflicht verletzt, sind laut § 75 BBG Bundesbeamte und gemäß § 48 BeamtStG Landesbeamte zum Schadensersatz verpflichtet.

Drohen Mitarbeitern oder Beamten Nachteile, wenn sie eine Überlastungsanzeige schreiben?

Dazu gibt es eine höchstrichterliche Entscheidung, des Bundesverfassungsgerichts. Dies hat am 11. März 2008 (Az. 2 BvR 263/07) entschieden, dass die Folgen der Überlastung weder zum Anlass für disziplinarische Maßnahmen genommen werden, noch sich bei sonstigen dienstlichen Maßnahmen, insbesondere Beurteilungen oder Beförderungen zum Nachteil des Betroffenen auswirken dürfen. Der Dienstherr müsse, so das Gericht, durch geeignete Organisationsmaßnahmen dafür Sorge tragen, dass für die zu bewältigenden Aufgaben in ausreichendem Maße Personal und sachliche Mittel zur Verfügung stünden. Die Überlastungsanzeige, die auch gerne als Entlastungsanzeige betituliert wird, soll dem Dienstherrn Mängel in der personellen Organisation verdeutlichen, damit konkrete Verbesserungen erreicht werden können. Denn kann das vorhandene Arbeitspensum nicht bewältigt werden, können Fehler entstehen. Bei der Berufsfeuerwehr der Stadt Köln wäre das besonders fatal.

Warum fordert der Stadtdirektor nicht die Einhaltung des Dienstweges und die Beamten der Berufsfeuerwehr auf, Überlastungsanzeigen zu schreiben?

Vor dem Hintergrund der eindeutigen gesetzlichen Regelungen ist es erstaunlich, warum Stadtdirektor Stephan Keller nicht die kommunalen Beamten zur Einhaltung des Dienstweges auffordert und sie damit entlastet. Denn sonst machen sich die Beamten sogar schadensersatzpflichtig. Denn das Beamtenstatusgesetz gilt auch in Köln. Zudem ist die Beurteilung der Situation bei der Berufsfeuerwehr Köln nur möglich, wenn nachvollziehbar wird, ob die Beamten, die sich jetzt beschweren, ihrer Dienstpflicht zur Überlastungsanzeige nachgekommen sind und die Führung der Berufsfeuerwehr geeignete Organisationsmaßnahmen eingeleitet hat. Dies gilt auch für Stephan Keller, den Stadtdirektor, der nach § 36 Beamtenstatusgesetz, von den Feuerwehrbeamten als nächsthöhere Instanz, hätte informiert werden müssen. Wurde er? Die Stadt Köln schweigt dazu.

Die Stadt Köln muss, um die Situation bei der Berufsfeuerwehr wirklich beurteilen zu können, die Fallzahlen der Überlastungsanzeigen an die Führung der Feuerwehr und den Stadtdirektor in der Vergangenheit veröffentlichen. Gab es keine, muss der Stadtdirektor dafür sorgen, dass die Mitarbeiter im Sinne des Urteils des Bundesverfassungsgerichts, gestärkt werden – in ihrem eigenen Interesse – das Instrument Überlastungsanzeige zu nutzen, damit sie rechtlich im Sinne des Beamtengesetzes geschützt sind. Und, dass sie dieses Instrument, wie es das Gesetz vorsieht jetzt und in Zukunft unverzüglich nutzen, um selbst rechtskonform zu handeln und Schaden von der Kölner Bevölkerung abzuwenden und nicht erst nach einem Medienbericht einen Ombudsmann aufsuchen. Auch im Sinne der Beamten und Angestellten, die selbst nur rechtlich geschützt sind, wenn sie den Dienstweg eingehalten haben.

Gab es eine hohe Anzahl an Überlastungsanzeigen und weder die Führung der Feuerwehr, noch der Stadtdirektor selbst, haben reagiert, dann liegt ein Organversagen bei der Führungsspitze der Stadt Köln vor. Das muss dann politisch aufgearbeitet werden. Hier ist Stadtdirektor Stephan Keller in der Pflicht, der Öffentlichkeit unverzüglich Rede und Antwort zu stehen und die Fallzahlen transparent darzustellen.

Autor: Andi Goral
Foto: Der Kölner Stadtdirektor Stephan Keller