Henri Oster trägt sich in das Gästebuch der Stadt Köln ein

Zum 25 Mal lädt die Stadt Köln ehemalige Kölner jüdischen Glaubens zu einem Besuch in ihrer ehemaligen Heimatstadt ein. Ihr Aufenthalt wird bis zum ersten September mit zahlreichen Programmpunkten gefüllt sein. Der heutige Empfang begann nach der Begrüßung des Oberbürgermeisters mit der bewegenden Geschichte von Henri Oster. „Wir sollten trotz der notwendigen Aufarbeitung unserer Geschichte und Erinnerungsarbeit in die Zukunft schauen und unsere Jugend die Schuld dieser Geschichte als Last von den Schultern nehmen. Trotzdem möchten wir als Stadt Köln hiermit ein Zeichen setzen und Ihnen zeigen, dass wir nicht vergessen haben und dass Köln kein Platz für Antisemitismus ist“, so Jürgen Roters der sich freute, dass anschließend alle Gäste ihren Platz im Gästebuch der Stadt fanden.

Diese Aussage unterstützte wenig später auch Henri Oster, der nach 70 Jahren zum ersten Mal wieder seine ehemalige Geburtsstadt besucht. 1933 musste Oster, genau wie viele weitere Kölner, zwangsweise Köln verlassen. Die Nationalsozialisten organisierten die Vertreibung der jüdischen Mitbürger über den Bahnhof Deutz Messe. Vom Messelager in Deutz aus wurden die Kölner Juden in die Konzentrations- und Vernichtungslager in ganz Europa deportiert. So auch Henri Oster, der zunächst dreieinhalb Jahre im Arbeitslager Litzmannstadt überlebte. Mit seinen Eltern folgten weitere schreckliche Jahre im Konzentrationslager Birkenau. Unter den grausamen und unmenschlichen Bedingungen in Birkenau musste der junge Oster erleben wie sein Vater verhungerte. „Meine Mutter wurde in Auschwitz ermordet. Ich habe nur überlebt, weil mir eine Arbeit im Pferdestall zugeteilt wurde“, beschreibt Henri Oster die schreckliche Zeit in Birkenau. Den Pferdestall in Birkenau gab es nur, weil die Nazis und die Wehrmacht für ihren Krieg 650.000 Pferde benötigten. Oster schilderte, dass er vor seiner Befreiung noch zwei Tage Todesmarsch, der von unvorstellbaren Strapazen geprägt war, überlebte.

Ein Neuanfang in Amerika
„Als Waise wurde ich zunächst mit 150 weiteren Kindern in ein Waisenhaus aufgenommen.“, so Oster. Wie für viele andere Kinder wurde auch für Henri Oster eine Annonce in der Zeitung aufgegeben, die sein Onkel aus Amerika las. „Mein Onkel nahm mich in Amerika auf“, so Henri Oster. In Amerika glückte Oster nach seinen traumatischen und schrecklichen Erlebnissen in Europa ein Neuanfang. Dort arbeitete er als Augenarzt und lebt heute mit seiner Frau in Los Angeles.

„Ich bringe eine Botschaft mit nach Köln“
70 Jahre lang kehrte Henri Oster nicht nach Deutschland zurück, nachdem er sich selbst schwor dieses Land und die Stadt, in der er sich nie willkommen fühlte, hinter sich zu lassen. Köln bezeichnet er aus diesem Grund nicht als seine Heimat, sondern als seine Geburtstadt. Dennoch kehrte er zurück – „Ich fühlte mich nach der Einladung verpflichtet auf diese Weise meinen 16 verstorbenen Familienmitgliedern und allen weiteren 2.014 jüdischen Kölnerinnen und Kölnern zu gedenken, die im Holocaust ihr Leben ließen“, so Henri Oster. Dennoch sei der Besuch mit gemischten Gefühlen verbunden. Auch ein Besuch des Bahnhofs, der mit dem einschneidenden Erlebnis der Deportation verbunden ist, beschreibt Henri Oster als bewegend. „Trotzdem bin ich froh, dass ich mich entschieden habe nach Köln zu kommen“. Ebenso beeindruckend gefasst wie seine Rede vermittelte Henri Oster seine Botschaft für die Zukunft, die ihm besonders am Herzen liegt. „Die Jugend soll die Schuld und Schande der Vergangenheit nicht als belastend empfinden, sondern für eine gemeinsame Zukunft kämpfen“, appelliert Henri Oster an diese und die nächsten Generationen.

Henriette Hohm für report-k/ Kölns Internetzeitung