Köln | Artikel ergänzt | Die Kritik an den Ausbauplänen des privaten Unternehmens, der KG auf Aktien des 1. FC Köln im Naturschutzgebiet und Naturdenkmal nehmen nicht ab. Noch einmal mobilisieren die Ausbaugegner alle Kräfte, Prominente und Bundestagsabgeordnete unter dem Motto „Wir haben eine Einwendung zum Erhalt der Äußeren Grüngürtels und der Gleueler Wiesen geschrieben“, denn am 30. August endet die Einspruchsfrist gegen die Pläne des 1. FC Köln. Unter Druck gerät die nach eigenen Angaben „Im Herzen grüne“ Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Die Argumente der Gegner wiegen schwer, vor allem vor dem Hintergrund, dass die städtische Verwaltung es war, die den Klimanotstand ausrief. Zudem sprechen die Gegner von schweren auch rechtlichen Versäumnissen. Offen bleibt die Frage, warum es der OB, dem Stadtvorstand und der Kommunalpolitik nicht gelingt eine Alternative zu präsentieren, die dem Naturschutz und den privatwirtschaftlichen Interessen der Aktiengesellschaft, die mit Fußball ihr Geld verdient, Rechnung trägt.

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Viele Argumente gegen den Ausbau

Die Ausbaugegner betonen eins: Sie sehen im 1. FC Köln einen wichtigen Sportverein für Köln, sie sind also nicht gegen den Fußballverein. Das sollten vor allem Hardcorefans, die die Gegner beschimpfen bedenken. Unter den Gegnern sind viele Fans des 1. FC Köln. „Wir sagen, was uns bewegt!“ war der Titel einer Pressekonferenz auf der, die, die eine Einwendung schrieben, ihre Beweggründe vortrugen, denn seit dem 04. Juli schreiben zahlreiche Bürgerinnen und Bürger Einwendungen gegen das Vorhaben des 1 FC Köln im Äußeren Grüngürtel ein Leistungszentrum zu errichten und eine künstliche Sportanlage mit drei Kunstrasenplätzen zu bauen. Roland Schüler, stellvertretender Bezirksbürgermeister in Köln-Lindenthal moderierte und kritisierte, dass die Stadt Köln den Zeitraum für Einwendungen ausgerechnet in den Zeitraum der Sommerferien legte.

Grüne positionieren sich auf der Seite der Ausbaugegner

Sven Lehmann, Kölner Bundestagsabgeordneter für Bündnis 90/Die Grünen, verfasste eine der ersten Einwendungen gegen das Projekt des 1. FC Köln. Er bezeichnet die Aktiengesellschaft als privaten Investor, der eine Sondergenehmigung für die Bebauung bekomme, was rechtlich eigentlich gar nicht möglich sei. Er spricht sich aber dafür aus, dass der Fußballverein optimale Trainingsbedingungen erhalte, nur eben nicht auf der Gleueler Wiese. Lehmann stellt fest, dass der äußere und innere Grüngürtel über eine besonders hohe städtebauliche Qualität verfügen. Lehmann zeigte sich irritiert, dass die Stadt Köln mit zweierlei Maß messe. Bei der Vollendung des inneren Grüngürtels im Rahmen des Projektes „Parkstadt Süd“ spreche die Stadt von genau den Werten, die sie am äußeren Grüngürtel selbst missachte: Erhöhung der Lebensqualität, hohe ökologische Bedeutung, Vermeidung und Hitzeinseln in der Stadt, der Bedeutung von Frischluftschneisen für das Stadtklima und dem Schutz vor Folgen der Klimaerwärmung, wie etwa Starkregenereignissen. Lehmann nennt dies widersprüchlich sowie inkonsequent und fordert, dass der Umwelt- und Klimaschutz stadtweit nach den gleichen Prämissen behandelt werden sollte.

Die soziale Komponente

Lehmann sprach zudem die soziale Komponente an, wenn öffentliche Flächen zunehmend privatisiert werden. Ein Aspekt den auch Konrad Adenauer, der Enkel eines der Schöpfers des Grüngürtels und Schirmherr vom Landschaftspark Belvedere, betont. Die Kölner Bürgerinnen und Bürger brauchen diese Naherholungsflächen, uneingezäunt, unversiegelt und nicht um einen Meter erhöht und Nachts mit Flutlicht beleuchtet. Lehmann verglich die beiden Kölner Grüngürtel mit dem Central Park von New York oder dem Tiergarten in Berlin. Alle Kölnerinnen und Kölner können hier Ruhe und Weite erleben. 36.000 Quadratmetern sollen den Kölnerinnen und Kölnern weggenommen werden, für private Interessen, so Adenauers und Lehmanns fundamentale Kritik. Lehmann stellte klar, der FC sei wichtig für die Stadt, aber nicht an diesem Ort und forderte eine ergebnisoffene Prüfung von alternativen Standorten.

Die „gefrässige Raupe FC“

Konrad Adenauer prägte das Bild der „Raupe FC“, die im Grüngürtel niemals satt werde. In seiner Einwendung schreibt er: Zusammenfassend protestiere ich gegen die Umgestaltung der Gleueler Wiese aus Gründen des Klima-, Denkmal- und Landschaftsschutzes. Das Wesen beziehungsweise der Charakter der Gleueler Wiese und damit auch ein wichtiger Teil des Äußeren Grüngürtels wird durch die vorgelegte Planung zerstört. Es handelt sich um eine als ‚vereinbar‘ schöngeredete Todsünde gegen die Gesundheit der Kölner. Die Raupe FC wird nie zufrieden sein und immer weiter ‚Grün‘ fressen, wie die Vergangenheit zeigt.“ Adenauer machte deutlich wie wichtig der Boden nicht nur das Klima sei, sondern auch als Erfahrung für Menschen, die den Kontakt zur Erde brauchen. Warum zöge der FC nicht nach Marsdorf, wo eine Fläche zur Verfügung stehe, fragt Adenauer.

Anny Hartmann, Sülzerin und Kabarettistin, sieht die Kölner Politik in eine Glaubwürdigkeitsfalle laufen. Viele Menschen glaubten, dass sich die Politik dem Lobbyismus und alleine an den Ansprüchen der Wirtschaftsunternehmen ausrichte. Wer glaubt, dass der 1. FC Köln nur ein Fußballverein ist, der muss sich einmal das Impressum ansehen, denn dort steht als Firmierung: 1. FC Köln GmbH & Co. KGaA. Kritisch sieht sie die von der Stadt Köln vorgeschlagene Korklösung statt Gummigranulat aus alten Autoreifen für die Kunstrassenplätze. Denn der Kork werde mit Fungiziden und Pestiziden behandelt.

Berücksichtigt die Stadt alle rechtlichen Aspekte?

Rolf Josef Hamacher, Rechtsanwalt und Vorstandsmitglied im Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, RVDL Köln und Leiter Arbeitsgruppe Recht kritisiert die Geschwindigkeit mit der das Verfahren von der Stadt und dem 1. FC Köln vorangetrieben werde. Neben Umwelt- und Klimafragen seien juristische Aspekte bisher zu wenig berücksichtigt. Wie könne es sein, dass nach § 67 des Bundesnaturschutzgesetz der Landschaftsschutz nur dann außer Kraft gesetzt werden könne, wenn ein überwiegend öffentliches Interesse bestehe, fragt der Anwalt. Dies sei hier nicht der Fall, denn hier stehen die privaten Interessen einer Aktiengesellschaft im Vordergrund und dafür gebe es rechtlich keine Möglichkeit der Befreiung. Zudem habe die Stadt Köln die Unverträglichkeitsprüfung nicht sorgfältig durchgeführt. Denn bei den Kunstrasenplätzen handele es sich um eine Anlage auf der Abfall entsorgt werde. Zudem sei die Situation bei Entnahme von Grundwasser, was die Stadt Hürth im nahen Umfeld plane, nicht entsprechend gewürdigt worden. Hier sei aber nicht nur die Stadt Köln in der Pflicht, sondern auch die Bezirksregierung Köln, die die Grundwasserschutzzone entsprechend würdigen müsse. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) empfiehlt das Verbot bei bestimmten Verwendungen von Mikroplastik unter die auch die synthetischen Füllmaterialien bei Kunstrasenplätzen fallen. Die ECHA stellt allerdings klar, dass sie kein Verbot von Kunstrasenplätzen plane. Die ECHA schreibt aber: „Mit diesem Schreiben wollen wir klarstellen, dass existierende Plätze nicht sofort vom Verbotsvorschlag betroffen wären. Der Spielbetrieb auf den betroffenen Plätzen könnte fortbestehen. Allerdings wäre deren Unterhalt vom Verbotsvorschlag betroffen, wenn die Bestände von bisherigem Füllmaterial aufgebraucht wären. Basierend auf den von Ihnen angeführten Argumenten wirdvon den wissenschaftlichen Ausschüssen der ECHA eine geeignete Übergangsfrist für den Unterhalt geprüft werden. Zudem werden wir auch prüfen, ob allenfalls technische Maßnahmen zur Vermeidung des Granulataustrags an Stelle eines Verbots implementiert werden könnten. Die öffentliche Anhörung läuft noch bis zum 20. September 2019 und bis dahin können Sie jederzeit zusätzliche Argumente in die Diskussion einbringen.“ Die Klarstellung der ECHA bedeutet allerdings auch, dass der, der heute Kunstrasenplätze plant besser beraten ist, die Entscheidung im September abzuwarten.

„Wat fott is, is fott“

Claudia Warda, Klettenbergerin und Designerin bemängelt, dass der 1. FC Köln nur im linksrheinischen Köln mit seinen Anlagen vertreten sei und nicht die ganze Stadt einbinde, indem etwa ein Trainingszentrum im rechtsrheinischen Köln entstehe. Zudem merkte sie als Anwohnerin den Lärmpegel an, der von den Trainingsplätzen ausgehe. Moderator Gerd Krebber, merkte an, dass der damalige Oberbürgermeister Konrad Adenauer, die Grüngürtel vor allem Spekulanten entziehen wollte und jetzt an allen Ecken am Inneren und Äußeren Grüngürtel genau von diesen geknabbert werde. Argumente, dass der damalige Oberbürgermeister die Grüngürtel als Sportorte sah, entkräftete Krebber mit dem Argument, dass Sport damals im Grünen stattfand, Stadien Wälle aus Erde oder maximal Holztribünen hatten und keine Betonmonumente waren. Krebber zitierte das Kölsche Grundgesetz und kritisierte damit die Haltung der Stadt im Umgang mit dem Äußeren Grüngürtel: „Wat fott is, is fott“.

Der „Maulkorb“ für den Kölner Umweltdezernenten

Bei der Vorstellung der Einwendungen waren Aktivistinnen und Aktivisten der Initiative Grüngürtel für alle anwesend und kritisierten den Maulkorb für den Kölner Umweltdezernenten Harald Rau, den Oberbürgermeisterin Henriette Reker verhängt haben soll. Rau hatte sich für die Initiative positioniert. Der dürfe, so die Stadt aber in dieser Angelegenheit gar nicht sprechen, sondern nur der Kölner Baudezernent Greitemann, der in dieser Angelegenheit die Federführung inne habe. Aber Beamte und Wahlbeamte haben ein Remonstrationsrecht, das den Grundsatz der persönlichen Verantwortung des Beamten für die Rechtmäßigkeit seiner dienstlichen Handlungen in den Vordergrund stellt. Scharf kritisiert wird auch der Kölner Stadtkonservator Dr. Thomas Werner, der nach Ansicht der Gegnerinnen und Gegner der Ausbaupläne des 1. FC Köln, stärker intervenieren hätte müssen.

Die Sportplätze werden Hochbauten

Trier genehmigte ein Abtragen von 15 cm der Bodenschicht. Aus dieser Vorgabe ergibt sich nun, dass die Plätze als Hochbauten errichtet werden müssen, also mindestens einen Meter aus dem Boden ragen werden. Konrad Adenauer mahnte, dass es an der Stadtspitze, aber auch in der Stadtgesellschaft oft kein Gewissen für Dinge, die es zu schützen gelte, gebe und dies der „Geist von Köln“ sei, anstatt nach echten Alternativen zu suchen.

Politische Implikationen

Nach der Entscheidung des Regionalrates der Bezirksregierung, der mit den Stimmen von SPD, CDU und FDP grünes Licht für die Pläne des FC gab, stehen die nächsten Abstimmungen im Kölner Rat an. Wenn dort das gleiche Bündnis aus SPD, CDU und FDP sowie die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker für den Ausbau stimmen, so hat der FC dort einen Mehrheit und kann seine Pläne realisieren. Welche politischen Implikationen sich daraus ergeben, bleibt allerdings offen. Denn eigentlich bilden CDU und Grüne ein Kernbündnis und die Grünen wollen mit Henriette Reker Sondierungsgespräche führen, ob sie die OB bei einer zweiten Kandidatur bei den Kommunalwahlen 2020 unterstützen wollen, nachdem sie es waren, die als Erste Reker als Kandidatin 2015 auf den Schild hoben.

Alle Anwesenden haben Einwendungen gegen die Pläne der Stadt Köln und des 1. FC Köln in der Offenlegungsphase vorgebracht. Wer Einwendungen gegen das Projekt hat, kann dies noch bis zum 30. August tun.

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Initiative Unser Grüngürtel bietet Führungen an der Gleueler Wiese an

Es handelt sich um offene Führungen zu der jeder kommen kann. Es geht vom Geisbockheim zur Gleueler Wiese. Die Initiatoren sagen: „Auf dem Spaziergang zeigen wir, was der FC schon jetzt im Grüngürtel bebaut hat und was er sich im Stile der „Raupe Nimmersatt“  jetzt noch für ein Leistungszentrum, Kunstrasenplätze und weitere Bauten einverleiben will.“

August-Termine:

an jedem Dienstag um 19 Uhr
Samstag 17.8., 15 Uhr
Sonntag 18.8., 15 Uhr
Samstag 24.8., 15 Uhr
Sonntag 25.8., 15 Uhr
Treffpunkt: Geißbockheim

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Autor: Andi Goral