Insgesamt gaben bei der Befragung etwa 130.400 Einwohner ihre Stimme ab. Das entspricht knapp 15 Prozent der rund 881.000 Stimmberechtigten. Von den Teilnehmern stimmten rund 44 Prozent für und fast 56 Prozent gegen den Ausbau des Hafens in Köln-Godorf. Da allerdings weder die Befürworter noch die Gegner das Quorum von zehn Prozent erreichten, wird die Frage als "nicht beantwortet" gewertet. Zur Folge hat das: Der bereits getroffene Ratsbeschluss zum Ausbau des Hafens bleibt weiter bestehen.  Wie nach politischen Wahlen wertete das Kölner Amt für Stadtentwicklung und Statistik das Stimmverhalten der Bürger auch nach dieser Befragung aus. Danach können folgende Schlüsse getroffen werden:


Die Karte zeigt die Verteilung der gültigen, abgegeben Stimmen für den Ausbau des Hafens. In dunkel markierten Stadtteilen wurden besonders viele Ja-Stimmen abgegeben. Dies war besinders im Kölner Norden rund um Niehl der Fall.


Die Karte 
zeigt die Verteilung der gültigen, abgegeben Stimmen gegen den Ausbau des Hafens. In dunkel markierten Stadtteilen wurden besonders viele Ja-Stimmen abgegeben. Dies war besinders im Kölner Süden rund um Godorf der Fall.


Standortinteresse bestimmte Befragung
Die Entscheidung bei der Befragung wurde letztlich standortnah gefällt: So stimmten die Bürger im Kölner Süden rund um den Hafen vor allem gegen den Ausbau, im Kölner Norden (rund um Niehl) für den Ausbau. Denn die Einwohner im Norden erhoffen sich vermutlich durch einen Ausbau in Godorf, dass der Hafen in Niehl nicht erweitert wird. Deutlich zeigte sich auch ein Teilnahme-Gefälle in Köln. So nahmen vor allem Einwohner aus dem Norden und Süden der Stadt an der Befragung teil. Denn sie waren durch ihre Wohnnähe zu den beiden Häfen direkt oder indirekt betroffen. Bürger, die nicht direkt in dem Einzug der Häfen wohnten, scheinen sich für die Frage weniger interessiert zu haben. Dabei nahmen vor allem im Kölner Süden Bürger an der Befragung teil, weil sie direkt von der Entscheidung betroffen sind.

Eine Ausnahme hierbei bilden allerdings die Stadtbezirke, in denen die Bürger bei der Landtagswahl 2010 vor allem die Grünen wählten. Hier stellte die Verwaltung eine deutlich höhere Teilnahme fest, als in anderen Stadtbezirken. Hermann Breuer, Leiter des Statistik-Amtes, führt dies darauf zurück, dass die Grünen-Anhänger die Frage zum Ausbau aus umweltbezogenen Gründen beantworteten. Insgesamt, so Breuer, hatten ökonomische und finanzwirtschaftliche Aspekte für das gesamte Stadtgebiet bei der Befragung wohl kaum Einfluss. Breuer sieht darin auch eine mögliche Überforderung der Einwohner. Er schlug daher heute vor, bei künftigen Befragungen die Bürger noch besser zu informieren.


Die Karte zeigt die Verteilung der Teilnahme an der Befragung. In grün markierten Stadtteilen nahmen besonders viele Bürger (20 bis 48 prozent der Teilnahmeberechtigten) teil, in hell markierten Stadtteilen besonders wenige (6 bis 13 Prozent). Demnach beteiligten sich vor allem Einwohner aus dem Kölner Süden an der Befragung.


Befragung zeigt nicht die Meinung aller Einwohner
Untersucht wurden bei der Analyse erstmals auch das Stimmverhalten verschiedener gesellschaftlicher Milieus in der Stadt. Dabei stellte die Verwaltung fest, dass sich vor allem die Bürger an der Befragung beteiligten, die eher eine hohe Bildung besitzen und wirtschaftlich gut gestellt sind. Dies ist laut Breuer ein generelles politische Problem. Hier müsse sich die Politik für künftige Befragungen die Frage stellen, wie man auch bildungsärmere und wirtschaftlich weniger gut gestellte Bürger zur Teilnahme auffordern könne. So lange die Teilnahme nicht aller Milieus sicher gestellt würde, bildeten die Befragungen nicht die Meinung aller Bürger ab, sagte Breuer. Angesichts dieser Ergebnisse stellt sich die Frage, ob derartige Bürgerbefragungen dann überhaupt sonnvoll sind.

Sind Bürgerbefragungen künftig noch sinnvoll? – Stimmen aus der Kölner Politik
Jochen Ott, Parteivorsitzender der Kölner SPD, und Martin Börschel, Fraktionsvorsitzender der Kölner SPD: "Der Godorfer Hafen war das richtige Thema für die erste Bürgerbefragung in dieser Stadt. Die Bürgerbefragung war richtig. Man kann nun nicht mehr sagen, dass die Mehrheit der Bürger nicht will, dass der Hafen ausgebaut wird." Beide räumten allerdings ein, dass die Bürger in dieser Frage zu spät einbezogen worden seien. Künftig müssten sie von Beginn an dem Prozess beteiligt werden, dann könnte auch eine größere Teilnehmerzahl erreicht werden. Entscheidend sei dabei vor allem, dass alle gesellschaftlichen Gruppen in der Stadt einbezogen würden. "Bürgerarbeit je früher desto besser", so Börschel. Geeignet seien für direkte Befragungen vermutlich insbesondere städtebauliche und infrastrukturelle Themen. Nun will sich die SPD dafür einsetzen, dass schnellst möglich mit dem Ausbau begonnen wird. Die HGK solle nun schnell ihre Anträge bei der Bezirksregierung und der Stadt einreichen, so Börschel. Er erwartet bereits für Oktober 2011 eine Ratsentscheidung des Kölner Stadtrates zum Bebauungsplan.

Winrich Granitzka, Fraktionsvorsitzender der Kölner CDU: „Die CDU-Fraktion stand dieser Befragung von Anfang an kritisch gegenüber. Es war abzusehen, dass sich nur wenige Kölnerinnen und Kölner beteiligen würden, da sie ja anders als beim Bürgerentscheid nicht entscheiden, sondern nur empfehlen durften.“ Granitzka warnt davor, in Zukunft für alle strittigen Vorhaben in Köln eine Einwohnerbefragung durchzuführen. „Bei den Kommunalwahlen haben die Bürgerinnen und Bürger alle fünf Jahre Gelegenheit, ihren politischen Willen zu äußern, indem sie darüber entscheiden, wer ihre Interessen vertreten soll. Ich sehe keinen Sinn darin, den städtischen Haushalt mit Millionenbeträgen zu belasten, indem man Befragungen durchführt, die nicht zu einem rechtlich verbindlichen Ergebnis führen.“

Ulrich Breite, Geschäftsführer der Kölner FDP-Fraktion: "Die Bürgerbefragung wurde nur gemacht, um den Koalitionsfrieden zwischen SPD und Grünen zu wahren. Das hat den Steuerzahler über eine Millionen Euro gekostet. Das Ergebnis, dass mehr Bürger gegen als für den Ausbau stimmen werden, war schon vorher abzusehen. Deutlich gezeigt hat diese Befragung, dass das Thema für eine direkte Bürgerbefragung zu komplex war und die Bürger überfordert hat. Wir haben nun einen Dringlichkeitsantrag für die morgige Ratssitzung eingereicht, in der wir den Ausbaustopp des Hafens fordern. Schließlich hat die Mehrheit der Bürger gegen den Ausbau gestimmt. Wir sind nun gespannt, ob die Grünen diesem Antrag folgen werden. Grundsätzlich ist eine Bürgerbefragung durchaus sinnvoll, allerdings nur für gesamtstädtische Themen wie etwa die Frage, ob in Köln Gymnasien erhalten werden sollen oder nicht."

Torsten Löser, Sprecher von die Linke Kreisverband Köln: „Die 1. Einwohner/innenbefragung der Stadt Köln war ein Erfolg. Fast 15% der Kölnerinnen und Kölner haben die Möglichkeit, sich zu einem wichtigen Thema der Stadt zu äußern, genutzt. Dieses Beispiel sollte Schule machen. DIE LINKE. akzeptiert das Ergebnis und hofft, dass der Rat der Stadt Köln den Trend, dass eine Mehrheit den Ausbau des Godorfer Hafens in der geplanten Form nicht will, bei seiner Entscheidung berücksichtigt. Köln braucht alle vier Häfen und vor allem ein Logistikkonzept, das in einem breiten Dialog in der Stadt erarbeitet werden sollte.“

18.7.2011, 15:00 Uhr >
Jörg Frank, stellv. Vorsitzender der Grünen- Fraktion im Kölner Rat: „Aus Kölns erster Einwohnerbefragung gingen die Gegner des Godorfer Hafenausbaus als Gewinner hervor, auch wenn sie das vom Stadtrat vereinbarte Quorum nicht erreichten. Insgesamt nahmen 130.400 Kölnerinnen und Kölner an einer Abstimmung über eine anspruchsvolle Frage der Stadtpolitik teil. SPD und CDU, die bei der Kommunalwahl ca. 207.000 Wählerinnen und Wähler für sich gewinnen konnten, konnten nun nur noch 57.307 Menschen für die Zustimmung zu ihrem Hafenausbau-Projekt mobilisieren. Daraus den Schluss zu ziehen, Bürgerbeteiligung sei eher kein demokratisches Instrument der Entscheidungsfindung, wie es OB Jürgen Roters und CDU-Fraktionschef Granitzka nun tun, ist ein fataler Irrtum. Diese Position ist nur aus der Schwäche von CDU und SPD erklärbar, die sich daher offenbar zukünftig bürgerschaftlichen Beteiligungsverfahren entziehen wollen. Diskussionswürdig ist allerdings, ob die Menschen, die sich nicht beteiligen, damit die Entscheidung in einer Bürgerbeteiligung herbeiführen. 2009 waren 764.876 Menschen berechtigt, sich an der Kölner Oberbürgermeisterwahl zu beteiligen. Es beteiligten sich 49 %. 202.237 davon wählten Roters. Er erhielt damit 26,4 % der Stimmen aller Wahlberechtigten. Hat Jürgen Roters aber jemals seine demokratische Legitimation angezweifelt, Oberbürgermeister aller Kölnerinnen und Kölner zu sein? Nein und das völlig zu Recht. Demokratie lebt von der Teilhabe. Für diese Teilhabe zu werben, ist die wichtigste Pflicht aller demokratischen Kräfte in Köln.“  

Cornelia Schlößer für report-k.de | Kölns Internetzeitung