Berlin | Das Klagen der griechischen Regierung über die stark gesunkenen Renten und eine damit einhergehende Verarmung stößt bei den internationalen Geldgebern auf Unverständnis.

Das griechische Rentensystem sei eines der teuersten in Europa, berichtet die Zeitung „Die Welt“. Den Zahlen der Institutionen, wie die ehemalige Troika heute genannt wird, zufolge bekommen die griechischen Rentner mehr Geld als die deutschen.

Teilweise ist die Altersversorgung in Griechenland höher als in Deutschland. „In Griechenland beträgt die Standardrente 80 Prozent des Durchschnittslohn“, heißt es aus Brüssel. In absoluten Zahlen seien das rund 1100 Euro.

In Westdeutschland lag 2014 die Standard- oder Eckrente bei 1287,45 Euro, im Osten bei 1187,55 Euro. Das entspricht lediglich 48 Prozent des Durchschnittslohns.

Zahlen zu griechischen Renten sorgen für Wirbel

Kurz vor dem Antrittsbesuch des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sorgen Statistiken zum griechischen Rentensystem für Diskussionen. Nach Informationen des „Handelsblatts“ (Montagausgabe) aus Regierungskreisen kursieren im Umfeld der Troika-Institutionen EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) Zahlen, nach denen die Durchschnittsrenten in Deutschland und Griechenland auf ähnlichem Niveau liegen sollen. So soll die Standardrente – wenn über die volle Beitragszeit eingezahlt wurde – in Griechenland mit 80 Prozent des Durchschnittslohns bei immerhin rund 1.100 Euro liegen.

In Deutschland beträgt sie 48 Prozent des Durchschnittslohns, was laut Rentenversicherung im Westen 1.287 Euro und im Osten 1.187 Euro entspricht. Die Zahlen zur griechischen Standardrente sind auch der Bundesregierung bekannt. Die Standardrenten sind allerdings eher ein theoretischer Wert, da Versicherte nur selten die Bedingungen erfüllen, also etwa in Deutschland 45 Jahre in die Rentenkasse einzahlen.

Doch auch bei den tatsächlich ausgezahlten Renten scheinen neue Statistiken überraschende Ergebnisse zu liefern: Nach einem Bericht des Athener Arbeits- und Sozialministeriums aus dem Februar beträgt die gezahlte Altersrente in Griechenland durchschnittlich 958 Euro. In Deutschland liegt die durchschnittliche Rente bei 734 Euro in den alten Bundesländern und 896 Euro in den neuen Bundesländern. Nach Angaben der EU leistet sich Griechenland das teuerste Rentensystem in Europa.

Laut Eurostat wendete das Krisenland im Jahr 2012 rund 17,5 Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP) für die Renten auf. Im EU-Durchschnitt waren es 13,2 Prozent. Der Schluss, dass es griechischen Rentner besser gehe, kann allerdings mit den Zahlen nicht so einfach gezogen werden.

So ist nicht berücksichtigt, dass in Deutschland viele Bürger dank staatlicher Förderung parallel vorsorgen. Zudem sagt der Durchschnitt nichts über die Verteilung: So muss in Griechenland laut dem Report des Arbeitsministeriums immerhin jeder Fünfte Rentner mit weniger als 500 Euro brutto im Monat auskommen. Dafür beziehen 17 Prozent über 1.500 Euro.

Deutsche Steuergewerkschaft kritisiert griechische Steuerpläne

Als „winzigen Tropfen auf einen großen heißen Stein“ hat der Bundesvorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Thomas Eigenthaler, die Pläne der griechischen Regierung bezeichnet, ausstehende Steuern in Milliardenhöhe durch geringe Strafen und lange Rückzahlungsfristen einzutreiben. „Wer Außenstände von weit über 70 Milliarden Euro hat und trotz Anreizen nur knapp neun Milliarden an eingehenden Zahlungen einkalkuliert, erklärt im Grunde den Staatsbankrott und führt den Steuerstaat ad absurdum“, sagte Eigenthaler dem „Handelsblatt“ (Online-Ausgabe). Die Pläne zeigten zudem, dass die griechische Steuerverwaltung völlig am Boden liege.

„Griechenland muss schnellstens seine Steuerverwaltung auf Vordermann bringen und ordentlich ausrüsten“, sagte Eigenthaler. Der Steuergewerkschafter kritisierte zudem, dass Athen Steuersündern einräumen will, Steuerschulden in bis zu 100 Raten zurückzuzahlen. Das dauere dann Jahre, bis die Steuern beglichen seien.

Und neue Steuern kämen noch laufend hinzu. „Das klappt nie und es ist das völlig falsche Signal“, betonte der Vorsitzende der Gewerkschaft der deutschen Finanzbeamten. Wenn man Anreize setzen wolle, so Eigenthaler weiter, dann müssten diese so gestaltet sein, dass eine sehr rasche Zahlung ermöglicht werde, zum Beispiel durch einen Abschlag von der Steuerschuld.

Auf Bußgelder und Zinsen könne man dagegen verzichten, wenn wenigstens die Hauptsumme sofort eingehe. Das Parlament in Athen hatte in der Nacht zum Samstag ein Gesetz verabschiedet, das erhebliche Erleichterungen für Personen und Unternehmen vorsieht, die mit ihren Steuern sowie Zahlungen an Sozialkassen in Rückstand geraten sind. Sie können ihre Steuerschulden jetzt beispielsweise in 100 Raten zurückzahlen.

Steuerzahlern, die bis Ende März ihre Schulden begleichen, werden Bußgelder und Verzugszinsen erlassen. Die Regierung will damit Steuerschuldner doch noch zum Zahlen bewegen und hofft so auf zusätzliche Einnahmen von bis zu 8,9 Milliarden Euro.

Autor: dts