Düsseldorf | aktualisiert 17:34 Uhr | Mit einer groß angelegten Razzia ist die Polizei gegen das organisierte Verbrechen in Nordrhein-Westfalen vorgegangen. Mehrere Hundert Beamte durchsuchten am Dienstagmorgen über 40 Bordelle, Geschäftsräume und Privatwohnungen in Düsseldorf, Bonn, Wuppertal, Voerde, Monheim und Meerbusch, wie die Polizei mitteilte. Außerdem fanden Durchsuchungen im rheinland-pfälzischen Boppard statt.

Eine Rotlichtbande aus Düsseldorf soll Freier mit KO-Tropfen hilflos gemacht und dann ihre Kreditkarten benutzt haben. Am Dienstag ging die Polizei mit einer groß angelegten Razzia gegen die Gruppe vor. Elf Menschen wurden bei der Aktion festgenommen, wie der Sprecher der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft, Christoph Kumpa, sagte. Darunter ist auch der bekannte Bordellbetreiber Bert W. Ein Mitarbeiter des Landeskriminalamts wurde bei der Razzia bei einem Sturz schwer verletzt.

Fast 400 Beamte hatten 46 Bordelle, Bars, Geschäftsräume und Privatwohnungen in Düsseldorf, Bonn, Wuppertal, Sprockhövel, Voerde, Monheim und Meerbusch durchsucht. Außerdem gab es Durchsuchungen im rheinland-pfälzischen Boppard. Dabei stellten die Polizisten Drogen, gestohlene Uhren, Medikamente wie Viagra, Amphetamine und 150.000 Euro Bargeld sicher. Insgesamt wurde gegen 80 Personen ermittelt, gegen 17 lagen Haftbefehle vor. Ihnen wird unter anderem schwerer Raub, Erpressung, Betrugsdelikte, Diebstahl und schwere Körperverletzung vorgeworfen. Auf die Spur der Bande kamen die Ermittler den Angaben zufolge durch Freier, die Anzeige gegen die Bordellbesitzer erstatteten. Dazu kam die Aussage eines ehemaligen Mitarbeiters eines Bordells, der die Vorwürfe bestätigte.

KO-Tropfen ins Getränk gemischt

Nach Angaben von Einsatzleiter Roland Wolff gab es drei Varianten, wie die Beschuldigten an die Kreditkarten der Opfer gelangten. In manchen Fällen seien alkoholisierte Freier mit mehr Alkohol hilflos gemacht worden. „Dann wurde die Kreditkarte bis zum Maximum belastet.“ In anderen Fällen hätten angetrunkene Freier KO-Tropfen, Kokain oder andere Substanzen verabreicht bekommen. Als dritte Möglichkeit sollen die Beschuldigten den Freiern heimlich Substanzen in Getränke gemischt haben.

Damit die Männer anschließend keine Anzeige erstatteten, fotografierten die Bordell-Mitarbeiter sie der Polizei zufolge mit Prostituierten und einigen Flaschen Champagner, um sie so zu erpressen. „Auch am Dienstag haben wir einen Freier gefunden, der nicht ansprechbar war“, sagte Wolff. Er betonte: „Wir gehen davon aus, dass es eine sehr hohe Dunkelziffer gibt von Freiern, die sich gescheut haben, zur Polizei zu gehen.“ Bei den bisher bekannten Fällen liege der Schaden im sechsstelligen Euro-Bereich. Die Geschädigten stammten vor allem aus dem Ausland und nicht aus der Region Düsseldorf. Staatsanwalt Kumpa sagte: „Die haben schon überprüft, bei wem man solche Abbuchungen machen kann.“ An die Betroffenen werde die Polizei nun herantreten müssen.

„Aushängeschild“ für Freier

Die Vorwürfe erstrecken sich über einen Zeitraum von etwa einem Jahr. Haupttäter und Chef der Bande soll ein 47 Jahre alter Bordellbesitzer sein. Ihm werden 17 konkrete Fälle zur Last gelegt. „W. war eher ein Aushängeschild für die Medien und Freier“, sagte Wolff. Die Männer und Frauen sollen am Mittwoch dem Haftrichter vorgeführt werden. Ein Mitarbeiter des Landeskriminalamtes wurde bei der Razzia schwer verletzt. Der Mann sei durch eine Zwischendecke oder ein Gittergeflecht mehrere Meter tief auf Beton gestürzt, sagte Wolff. Ein Fremdverschulden wird ausgeschlossen.

Autor: Helena Baers/ dapd