Report-k.de: Am 10. Juli findet die Bürgerbefragung zum Godorfer Hafen statt. Befürworten Sie das Projekt oder sind Sie dagegen?
Dr. Ulrich S. Soénius, Geschäftsführer Standortpolitik, Verkehr, Unternehmensförderungder Industrie- und Handelskammer zu Köln: Eindeutiges Ja!

Mit welcher Beteiligung und welchem Ergebnis rechnen Sie?
Die bisher bekannt gewordene Nachfrage nach Briefwahlunterlagen ist hoch. Das deutet auf hohes Interesse hin. Ich jedenfalls wünsche mir eine starke Beteiligung und ein klares Ergebnis für den Ausbau.

Welches Argument ist das stärkste für einen Ausbau? Welches das stärkste dagegen?
Es gibt eine ganze Reihe starker Argumente für den Ausbau. Die Wesentlichen sind:
– Stärkung des Logistikstandortes im Wachstumsmarkt „Logistik“,
– Entlastung der Umwelt und der städtischen Straßen vom LKW Verkehr,
– der Ausbau des Hafens schafft Arbeitsplätze bei der Hafengesellschaft selbst und sichert sie bei den Unternehmen, die davon profitieren. Das sind mehrere hundert im Kölner Südwesten, durch hohe Ausgleichsleistungen profitiert auch die Natur. Für rund 21 ha, die für den Ausbau benötigt werden, werden 27,6 ha Naturflächen ökologisch aufgewertet.

In der Diskussion wurde immer wieder ein Logistikkonzept für Köln und die Region gefordert, bevor man die Bürger zum Ausbau befragt. Wie ist Ihre Position dazu und warum?
Das Logistikkonzept für die Stadt und Region ist unsere Idee gewesen und nicht nur daher halten wir es für sinnvoll. Aber Stillstand bis zur Verabschiedung heißt Rückschritt! Der Weiterbau des Godorfer Hafens ist zwingend notwendig, damit unsere Region mithalten kann.

Gab es Gespräche mit den Betreibern des Bonner Hafens?
Die Frage kann nur die HGK beantworten. Es ist aber auch nicht Aufgabe des Kölner Rates, Häfen in Bonn, Duisburg oder Düsseldorf zu stärken. Der Bonner Hafen ist relativ klein, Erweiterungsmöglichkeiten sind sehr begrenzt und er liegt mitten in der Stadt ohne Schienenanbindung. Er ist fürdie regionale Wirtschaft keine Alternative mit Perspektive.

Ist nach Ihrer Auffassung der Godorfer Hafen derzeit vollständig ausgelastet und warum wird die bestehende Infrastruktur nicht für den Containerverkehr ertüchtigt? Experten sagen, dass dies günstiger und einfach möglich wäre.
Der Godorfer Hafen ist zurzeit Chemiehafen und für Containerumschlag nicht geeignet. Es fehlt schlicht die notwendige Umschlagsfläche.

Die Gegner des Ausbaus von Godorf halten immer dagegen, dass es im Hafen Niehl, auch durch den kombinierten Ladeverkehr und ein neues Terminal, im Kölner Norden ausreichende Reserven gibt. Vorhandene Kapazitäten würden nur verschoben. Wie viel Reserven hat Niehl, auch und gerade in Verbindung mit dem Ausbau des kombinierten Ladeverkehrs, LKW, Schiene?
Die Gegner verschweigen gerne, dass diese Umstrukturierungs- und Kapazitätsfragen im Gutachten der Firma Planco mit untersucht wurden und zwar unter der Prämisse, dass Godorf ausgebaut wird. Wenn die Prognosen zum Wachstum des Güterverkehrs und insbesondere des Containerverkehrs zutreffen, werden nicht nur die Kapazitäten in Niehl und Godorf ausgelastet sein, sondern auch die des Terminal-Nord und auch die des Terminals Eifeltor, dass gerade auch erweitert wird. Niehl hat bereits heute kaum noch Reserven und muss dringend entlastet werden.

Rechnet man alle Kölner Kapazitäten, aber auch den Neusser, Leverkusener und den Bonner Hafen dazu, wie viele Jahre und wie viel mehr Container können transportiert werden, bis das System an seine Grenze käme?
Das lässt sich pauschal nicht sagen. Aber angesichts des prognostizierten Güteraufkommens und insbesondere des Containeraufkommens werden die Anlagen, entsprechende Investitionen vorausgesetzt, immer eine sehr gute Auslastung haben.

Die Befürworter des Hafenausbaus, malen gerade verkehrstechnisch ein düsteres Bild. Kommt der Hafen nicht, dann sind alle Kölner Straßen mit LKW´s verstopft. Ist das reine Propaganda oder kann das Realität werden?
Wir malen kein „düsteres Bild“ und betreiben keine „Propaganda“, sondern beschreiben die bereits erlebbare Realität. Die kleinste Störung im Straßenverkehr, auf dem Autobahnring und in den Transportabläufen macht sich sofort auf den Straßen bemerkbar. Kommt der Ausbau, lassen sich eine Menge Lkw-Transporte durch und um die Stadt vermeiden. Ohne den Ausbau des Godorfer Hafens wird sich die Verkehrssituation auf den Straßen weiter verschärfen.

Binnenschiffe dieseln mit teilweise 30 Jahre alten Motoren durch die Kölner Umweltzone, Feinstaub und Stickoxide inklusive. Was ist an Auspuffgasen aus Binnenschiffen ökologischer als an denen von LKW?
Die Planco Consulting GmbH hat 2007 ein Gutachten über „Verkehrswirtschaftlicher und ökologischer Vergleich der Verkehrsträger Straße, Bahn und Binnenschifffahrt“ vorgelegt – das Binnenschiff ist demnach der umweltfreundlichste Verkehrsträger.

Energiewende ist ein viel gebrauchtes Wort in den letzten Monaten und sie ist eingeläutet. Logistik auf Schienen mit elektrischer Stromversorgung ist ein erprobtes Mittel, dass dazu gut passt, schließlich war ja auch das Stromnetz der Deutschen Bahn AG als Transportkanal im Gespräch. Binnenschifffahrt mit Fahrdrähten über dem Rhein können wir uns da nicht so gut vorstellen und atombetriebene oder mit Brennstoffzelle betriebene Schiffe scheinen in weiter Ferne. Ist es vor diesen Fragen und dem anstehenden Wandel sinnvoll über 60 Millionen Euro in eine Entscheidung aus den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts zu investieren?
Der Weiterbau des Godorfer Hafens ist unabhängig von der Antriebsart der Binnenschiffe zu sehen – Schiffe, die keine Häfen zum Be- und Entladen haben, sind widersinnig.

Werden die angepeilten 67 Millionen Euro reichen?
Die IHK Köln kann keine Prognosen zu betriebswirtschaftlichen Szenarien von einzelnen Unternehmen abgeben. Diese Frage kann nur die HGK beantworten. Wir sind aber sicher, dass das Unternehmen keine leichtsinnigen Rechnungen aufstellt.

Die Befürworter zeigen gerne auch langfristige Szenarien auf und denken in Kategorien bis zu 30 Jahren. Kann man heute verlässlich eine solche Prognose abgeben?
Ja. Alle seriösen Prognosen zum künftigen Verkehrsaufkommen und speziell zum Güterverkehrsaufkommen zeigen die gleichen Trends. Es kommt zu erheblichen Steigerungen des Güterverkehrsaufkommens und zwar bei allen Verkehrsträgern. Ein Blick in vergangene Prognosen, besonders zur Steigerung von Containertransporten auf dem Rhein zeigen, dass die für ein bestimmtes Jahr prognostizierten Mengen bereits weit vorher erreicht wurden. Das hat etwas mit wachsender Mobilität, internationaler Arbeitsteilung und dem Konsumverhalten der Bevölkerung zu tun. Jeder will alles schnell und preiswert haben – Mobiltelefone und DVD-Recorder kommen aus Asien per Container nach Europa.

Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen den Plänen und Visionen für den Deutzer Hafen und den Ausbau des Godorfer Hafens?
Nein. Das bipolare Hafenkonzept der Stadt sah von Anfang an vor, leistungsfähige Häfen im Norden (Niehl) und im Süden (Godorf) zu schaffen. Die HGK musste den Rheinauhafen als Hafenfläche aufgeben und damals wurde der Ausgleich Godorf zugesichert. Planungssicherheit darf keine Phrase werden!

Wie wird der Godorfer Hafen an die Verkehrsinfrastruktur des Kölner Südens angebunden?
Über die Straßen Mühlenhof, Industriestraße und A 555, über die Schiene in das Netz der DB AG – nicht durch die Wohngebiete im Kölner Süden.

Welche weiteren Investitionen sind dafür nötig?
Die Kosten hierfür sind in den Planungskosten von 67 Mio. Euro enthalten.

Wie viele Arbeitsplätze werden in Niehl zusätzlich entstehen und wie viele in Godorf?
Diese Frage kann für das direkte Hafengeschäft nur die HGK beantworten. Aus Sicht unserer IHK muss man die direkten und indirekten Arbeitsplatzwirkungen, die sich aus Vorteilen für Standortentscheidungen und Standortsicherungen von Unternehmen und aus Transportkostenvorteilen ergeben, mit einbeziehen.

[ag, cs]