„Wir müssen Unfälle vermeiden, nicht nur Unfallsorgen mildern“, so der NRW Verkehrsminister Harry K. Voigtsberger. Immerhin passiere im Durchschnitt jeden dritten Tag ein Auffahrunfall, so der Minister. Eine Tabelle des NRW-Verkehrsministeriums belegt, dass die Anzahl der LKW Unfälle im Jahr 2011 im Vergleich zu den Zahlen von 2010 zurückgegangen ist. So hat es unter den 218 LKW Unfällen im Jahr 2011 82 Stauunfälle gegeben, im Vorjahr wurden 128 von insgesamt 301 LKW Unfällen im Stau verursacht. Die fallende Tendenz sei jedoch kein Grund zur Freude. „Die Zahlen sind in den letzten Jahren relativ konstant auf zu hohem Niveau, finde ich“,  so Voigtsberger.

"Man denkt, gleich ist schluss"
Passive Sicherheit, Airbags und Verformungszonen haben sich überall durchgesetzt. Jetzt muss die Entwicklung zur aktiven Unfallvermeidung gehen“, forderte der Minister. Von der Leistung des neuen Notbremssystems hat sich Voigtsberger heute selbst
auf dem Flugplatz des Köln/Bonner Airports überzeugen können: Ein mit dem „Active Brake Assist 2“ ausgestatteter LKW sollte in einem Versuch mit einer Geschwindigkeit von 70 km/h auf einen PKW auffahren. Wie gewollt, ging der LKW jedoch etwa drei Meter vorher in die Vollbremsung. Zu einem Zusammenstoß kam es daher nicht. Dabei war es egal, ob das Auto stand oder selbst fuhr. „Es ist beeindruckend“, so Voigtsberger, „man denkt sehr schnell, gleich ist ’schluss’“. Der Fahrer sei sogar 80 km/h gefahren, und dennoch habe das Notbremssystem rechzeitig reagiert.


Nach einer Geschwindigkeit von 80 km/h kam der LKW einige Meter vor dem PKW automatisch zum Stehen

Nicht für die Nachrüstung geeignet
Und so funktioniert der „Active Brake Assist“: Er überwacht gewissermaßen die Verkehrslage vor dem Fahrzeug. Bei einem drohenden Auffahrunfall warnt das System den Fahrer mithilfe optischer sowie akustischer Signale. Wenn der Fahrer nicht reagiert, leitet der Notbremsassistent automatische eine Bremsung ein. Der „Active Brake Assist“ kann jedoch nicht in jedem Fall einen Aufprall verhindern. Die Reaktion des integrierten Radars könne beispielsweise vom Straßenverlauf oder den Wetterbedingungen abhängen, erklärte Ingo Scherhaufer von Daimler. Auf jeden Fall könne der Notbremsassistent aber die Aufprallenergie verringern.

Für eine Nachrüstung seien die Sicherheitssysteme noch nicht geeignet. Nur die von Mercedes–Benz hergestellten Neufahrzeuge sind mit dem Notbremssystem ausgestattet. Bei Zukauf des Systems durch einen Fahrzeughersteller müsste ein neues Fahrzeug quasi „um das Bremssystem herum“ konstruiert werden. Nach dem heutigen Stand der Technik sollte es aber nicht lange dauern, bis man das System zur Nachrüstung verwenden könne, sagte der NRW-Verkehrminister.  Die Assistenz-Systeme des LKW-Bauers bewegen sich in einem Preisrahmen von 7.000 bis 12.800 Euro.

Technik ist dem Gesetz voraus
Nicht selten stehe das Gesetz hinter der Technik zurück, so der Minister. „Die Technik ist wesentlich weiter als die heutige Gesetzeslage. Eine Anpassung an das heute vielfach Erprobte ist wünschenswert. Die Nichtabschaltbarkeit der Assistenzsysteme ist eine weitere wesentliche Verbesserung im Sinne der Verkehrssicherheit“, sagte auch Jürgen Brauckmann vom Vorstand Mobilität TÜV Rheinland. Die EU habe für neu zugelassene LKW den Einbau eines Notbremssystems sowie eines Spurhalte-Warnsystems ab dem 1. November 2015 vorgeschrieben. Das sei im Grunde viel zu spät, so Voigtsberger. Allein im Jahr 2010 seien in NRW über 50.000 LKW neu zugelassen worden. Wenn diese mit dem einem „Active Brake Assist “ ausgestattet wären, könne man sich auf sicherere Autobahnen verlassen. Deshalb appellierte der Verkehrsminister an die Speditionsunternehmen, auf mehr Sicherheit für den Fahrer und das Fahrzeug zu investieren. Die Hersteller sollten ihrerseits günstigere Sicherheitspakete anbieten, so Voigtsberger, und die Versicherer durch bessere Prämien Kaufanreize schaffen.

[il]