Köln | Mit mehr als 400 Beamten, darunter Spezialeinsatzkräften, sollen laut Polizei und Staatsanwaltschaft derzeit Geschäftsräume italienischer Baufirmen in Nordrhein-Westfalen durchsucht werden. Zeitgleich habe die italienische Polizei in Sizilien in drei Orten mit Durchsuchungen begonnen. Der Vorwurf der Ermittler ist, dass die Beschuldigten 24 „Strohmannfirmen“ gegründet hätten mit denen sie durch die Förderung von Schwarzarbeit und Steuerstraftaten 30 Millionen Euro Gesamtschaden in beiden Ländern verursacht hätten. Geschädigt wurden beide Staaten durch Steuerhinterziehung und Sozialversicherungsträger durch das Nichtabführen von Abgaben. Bislang seien elf Haftbefehle des Amtsgerichts Köln in NRW und sechs auf Sizilien vollstreckt worden.

Die Ermittlungen hätten ergeben, dass die „Strohmannfirmen“ fingierte Rechnungen ausstellten und über ihre Konten abrechneten. Das Geld, abzüglich einer Gebühr, sei dann bar abgehoben worden. Mit dem Bargeld habe man illegale Bauarbeiterkolonnen beschäftigen und auszahlen können. Hier lautet der Tatvorwurf Steuern und Sozialabgaben nicht abgeführt zu haben. Gleichzeitig habe man diese Arbeiter wieder über „Strohmannfirmen“ angemeldet, erhielt für diese Sozialleistungen wie Krankenversicherung und Arbeitslosenversicherung und fiel damit bei Baustellenkontrollen nicht auf. Kopf soll ein 39-jähriger Sizilianer sein, der seine Geschäfte aus einer Kölner Gaststätte lenkte. Zudem soll dort in nicht geringem Umfang mit Drogen, vor allem Kokain, gehandelt worden sein. Neben der Vollstreckung der Haftbefehle sei ein weiterer Schwerpunkt der Razzien, die Sicherung der illegal erlangten Werte für Finanzbehörden und Sozialversicherungsträger. So sei unter anderem eine Villa auf Sizilien beschlagnahmt worden.

Die Staatsanwaltschaft spricht auch von „am Markt etablierten Unternehmen“, die von den mafiösen Strukturen profitiert hätten. Sie sollen Scheinrechnungen gekauft haben, um damit in den eigenen Bilanzen tatsächlich nicht entstandene Kosten vorzutäuschen und so Steuern und Sozialabgaben zu sparen. Das erhaltene Bargeld nutzen die Firmeninhaber für eigene Zwecke, bezahlten eigenen Arbeitern einen zusätzlichen Schwarzlohn oder heuerten illegale Arbeiterkolonnen an. In diesem Zusammenhang ist die Frage spannend, ob diese „am Markt etablierten“ Bauunternehmen, deren Namen derzeit nicht bekannt sind, auch für staatliche Auftraggeber tätig waren.

Autor: ag, ots
Foto: Dieses Foto einer Villa in Sizilien veröffentlichte die Polizei heute Morgen. Die italienischen Behörden sollen Villa und Grundstück beschlagnahmt haben, um Steueransprüche des Staates und Ansprüche von Sozialversicherungsträgern zu sichern.