Köln | Gegen Mittag ließen das Ehrenfelder Bürgerbündnis gegen Rechtsextremismus blau-weiß-rote Ballons in den Himmel steigen, als Zeichen der Solidarität mit den Opfern des terroristischen Anschlages auf die Pariser Redaktionsräume des Satiremagazins „Charlie Hebdo“. Zwei Stunden zuvor erklärten die islamischen Religionsgemeinschaften und migrantischen Zivilorganisationen in Deutschland in der DITIB Zentralmoschee ihre Haltung zu dem Anschlag in Paris.


Die Pressekonferenz in der DITIB-Moschee

So heißt es von den Unterzeichnern einer Erklärung*, dass man die Tat aufs Schärfste verurteile und dazu aufrufe sich jetzt nicht einschüchtern und auseinanderdividieren zu lassen. Es gehe auch darum Menschen jeder Glaubensrichtung unter Generalverdacht zu stellen, so die Erklärer. Jede Religion habe ihre Fanatiker, deren Handeln aber nicht zu Unrecht vereinfachend auf eine Religion, Religionsgemeinschaft oder Ethnie projiziert werden dürfe. DITIB-Bundesvorstand Dr. Alboğa verlas die Erklärung auch in den Ehrenfelder Balloni-Hallen. Einig waren sich alle die dem Aufruf der Ehrenfelder gefolgt waren, in ihrer Trauer um die Opfer und dem Mitgefühl für die Angehörigen.

Mahnwache in Ehrenfeld

Gekommen waren die Repräsentanten der großen Kirchen, der Synagogengemeinde zu Köln, der islamischen Verbände, VDKZ, Ditib sowie der alevitischen Gemeinde, Politik, Verwaltung und Polizei Ehrenfeld. Auch der Vertreter des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales des Landes NRW, Herr Staatssekretär Thorsten Klute mahnte ein Zusammenstehen aller demokratischen Kräfte an. Bezirksbürgermeister Josef Wirges mahnte an, dass alle Menschen die demokratische Verfassung und das friedliche Miteinander schützen müssten und sich darin nicht auseinander spalten lassen dürften. Es gelte auch die Stimme zu erheben, so Wirges, der mit Murat einem jungen Migranten gesprochen hatte. Der erlebe jetzt Anfeindungen und sage, dass er mit den Verbrechern von Paris nichts zu tun habe. Pfarrer Hanser Brandt von Bülow, der stellvertretender Stadtsuperintenden für den Norden Kölns ist appellierte, dass man denen gegenüber treten müsse, die versuchten den Anschlag in Paris als populistische Chance zu nutzen um Angst und Hass zu sähen.

Bei den Gesprächen in der DITIB Moschee am Vormittag wurde auch eines deutlich. Die Bertelsmann-Studie zur Integration von Muslimen wurde dort positiv bewertet. So habe diese ergeben, dass 90 Prozent der hochreligiösen Muslime zur Demokratie und Verfassung in Deutschland stünden. Man müsse aber auch mehr mit den Menschen in Dialog treten, gerade in den Regionen, wo wenige Muslime lebten, wie etwa in Sachsen. Denn dort seien die Ressentiments weitaus höher als in Regionen wo mehr Muslime und Nichtmuslime zusammenleben. Man stellte auch fest die Integration in Deutschland sei gelungen, jetzt gehe es darum noch mehr in Dialog und Kontakt miteinander zu kommen und das auf allen Ebenen.

Am Mittag flogen in Ehrenfeld die Blau-Weiß-Roten Luftballons auf Grund des Windes nach Südosten und nicht dem Thalys nach Paris, das nur drei Stunden von Köln entfernt liegt, hinterher.

[infobox]* Die Organisationen, die die Erklärung unterzeichnet haben:

Türkisch Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB)
Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ)
Islamrat (IR)
Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD)
Islamische Gemeinschaft Milli Görus (IGMG)
Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine (ATIB)
Alevitische Föderation der Ehli Beyt in Europa
Alevitisch-Islamische Union in Deutschland (AaiB)
Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD)
Union Türkischer Caferiten in Europa
Verband Türkisch-Deutscher Schriftsteller (TAB)
Verband unabhängiger Industrieller und Unternehmer und der Verband der Europäischen Unternehmer

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SPD unterstützt Mahnwache für Weltoffenheit und Toleranz des Zentralrats der Muslime

Die SPD begrüßt den Aufruf des Zentralrats der Muslime für eine Mahnwache für Weltoffenheit und Toleranz am Montagnachmittag vor dem Brandenburger Tor. Gemeinsam mit dem Zentralrat werden wir dort für Meinungs-, Religions- und Pressefreiheit demonstrieren und unsere Solidarität mit Frankreich zum Ausdruck bringen.

Die Morde an den Journalisten und Zeichnern des französischen Satire-Magazins „Charlie Hebdo“ und an weiteren Menschen erschüttern uns. Unser tiefes Mitgefühl gilt den Angehörigen der Opfer. Wir trauern mit ihnen, wir teilen ihre Wut.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Zeitschrift wurden getötet, weil sie ihre Grundrechte auf Presse- und Meinungsfreiheit ausübten. Das Attentat galt damit uns allen, die wir frei und demokratisch, friedlich und respektvoll zusammen leben wollen – in einer offenen Gesellschaft, die wir verteidigen!
Gemeinsam erklären wie uns solidarisch mit Journalistinnen und Journalisten und Künstlerinnen und Künstlern, deren Leben oder Freiheit bedroht sind.

Gemeinsam treten wir dem Versuch entgegen, diese grausamen Taten nun als Bestätigung von Ressentiments etwa gegenüber Flüchtlingen oder gegenüber dem Islam zu missbrauchen.

Gemeinsam und entschlossen treten wir der Angst entgegen – für die freie und offene Gesellschaft.

Gemeinsam treten wir dem perfiden Plan von Terroristen entgegen, einen Keil in unsere Gesellschaft zu treiben.
Deshalb rufen wir alle Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten und alle Bürgerinnen und Bürger auf, gemeinsam mit dem Zentralrat der Muslime an der Mahnwache am Brandenburger Tor teilzunehmen und ein Zeichen zu setzen: Wir lassen uns nicht einschüchtern! Gemeinsam und entschlossen treten wir der Angst entgegen – für eine freie und offene Gesellschaft.
Mahnwache des Zentralrats der Muslime
Am Montag, 12. Januar 2015, um 17 Uhr,
Pariser Platz, Berlin.

Autor: Andi Goral