Jean-Claude Juncker im Gespräch mit Fritz Pleitgen

Die italienische Situation ist nicht mit der Griechischen vergleichbar
Zu Beginn machte Jean-Claude Juncker klar, dass man Griechenland nicht ständig schlecht reden dürfe und dies auch nicht eine Unternation des nördlichen Europas sei. Ohne Schönfärberei machte Juncker klar, dass man bei Griechenland erst einmal beim Aufbau eines funktionierenden Staates helfen müsse und dazu auch die EU-Mitarbeiter im Lande seien. Der Aufbau einer funktionierenden Steuerverwaltung und Gesetzgebung und Umsetzung seien dazu der erste Schritt. Dann gelte es auch das Wirtschaftswachstum in Gang zu bringen und das Land für Investoren zu öffnen.

Klar machte Juncker, dass es keinen Rettungsschirm für Italien geben werde: „Wir können Italien nicht retten. Daran würden wir verbluten. Aber Italien ist ein reiches Land und Griechenland nicht.“ Dass Italien derzeit sieben Prozent Zinsen für seine Staatsanleihen zahlen muss, mache erhebliche Sorgen und sei eine Finanzmarktabstrafung. Dennoch sei Italien gut aufgestellt, die Bürger sorgen für eine hohe Sparquote, die Wirtschaft sei stark mit einem effizienten Mittelstand, gesunden Familienbetrieben, und auch im Export anders als Griechenland gut aufgestellt. Ziehe man den Schuldendienst ab, habe Italien sogar einen Haushaltsüberschuss. Süffisant merkte Juncker an, dass Deutschland nicht wirklich weniger Schulden habe.

Ratingagentur ja, aber nicht sofort
Vor einer sofortigen Einführung einer europäischen Ratingagentur warnte Juncker, denn diese müsste Europa noch strenger bewerten um Glaubwürdigkeit zu gewinnen. Dennoch sprach er sich dafür aus und einer Ansiedlung in EZB-Nähe, da dann ein Know How-Transfer stattfinden kann. China hat eine, die USA drei Ratingagenturen. Gar nicht schmeckt Juncker, dass Briten und Dänen mit dabei sind, wenn über die Strategien für den Euro beraten wird: „Wir haben den Feind am  Tisch sitzen, der für sein britisches Pfund agiert und uns dann auch noch beschimpft.“ So kam der Chef der Euro-Gruppe auch zu einer möglichen Vision eines Europas bei dem es Mitglieder gibt, die in allen Politikfeldern enger zusammen arbeiten und solche die auf ein oder zwei Umlaufbahnen sich darum gruppieren und kooperieren. Auf einer solchen Umlaufbahn sieht Juncker auch die Länder, die sich nicht für den Euro entschieden haben, oder eben die Türkei. Denn wenn am Ende sich womöglich 35 oder 36 Länder angeschlossen haben werden, muss man neue Formen der Zusammenarbeit finden. „Die Vereinigten Staaten von Europa, wie etwa die USA, sind eine Illusion.“ so der Mann der für die Maastricht-Verträge steht.

EZB kann nicht auf die Dauer Anleihen kaufen
Wie in Deutschland die Euro-Debatte geführt wird, missfällt Juncker auch: „Das Märchen Angela allein in Brüssel, das erlebe ich so nicht“. Auch Länder wie Luxemburg, Österreich oder Niederlande wissen, das man nicht mehr Geld ausgeben könne, als man einnimmt und stehen für Stabilität. Deutliche Worte fand der Chef der Euro-Gruppe auch für die Rolle der EZB. Das sie jetzt Staatsanleihen gekauft habe sei richtig gewesen, da den Staaten die Hände gebunden gewesen seien. Ab Dezember wird dies dann der Rettungsschirm übernehmen können. Das die EZB auf die Dauer Staatsanleihen kaufe hält Juncker für falsch, weil dies die Inflation nach oben treibe. Die Staaten müssen zudem ihre Haushalte konsolidieren und Schuldenstände abbauen. Es sei eine schlimme Krise, so Juncker, die aber zu bewältigen sei, wenn alle vernünftig sind. In der Nachbetrachtung sei der Kosovo oder Bosnien Konflikt die schlimmere Krise, weil es Krieg in Europa war. Die Veranstaltung fand in den Räumen der Kreissparkasse Köln statt. Alexander Wüerst, der Vorsitzende des Vorstandes der Kreissparkasse Köln und stellvertretende Vorsitzende des Lew- Kopelew Forums forderte eine Politik der Besonnenheit die mit dem Blick auf das Ganze agiere.


[ag]