Straßburg | Das Europäische Parlament hat den früheren luxemburgischen Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker zum neuen EU-Kommissionspräsidenten gewählt. 422 der 729 anwesenden EU-Parlamentarier votierten am Dienstag im ersten Wahlgang für Juncker, 250 gegen ihn, während sich 47 Abgeordnete enthielten und zehn Stimmen ungültig waren. Notwendig war eine absolute Mehrheit von 376 Stimmen der insgesamt 751 Abgeordneten.

Juncker, der zuvor von den europäischen Staats- und Regierungschefs für das Amt nominiert worden war, hatte vor der geheimen Abstimmung angekündigt, er wolle Chef einer EU-Kommission sein, „die politischer ist als je zuvor“. Der neue EU-Kommissionspräsident kündigte zudem eine Reihe von Reformen an: So will der Luxemburger unter anderem mit einem umfassenden Investitionsprogramm die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie stärken und die insbesondere in Süd-Europa grassierende Arbeitslosigkeit bekämpfen. Juncker sprach sich zudem für mehr öffentliche und private Ausgaben in die Breitband-Netze sowie in die Energie- und Verkehrsinfrastruktur aus.

„Heute ist ein guter Tag für die Demokratie in Europa. Die Wahl Junckers ist eine Absage an die Hinterzimmerpolitik der vergangenen Jahrzehnte“, erklärte der FDP-Europaparlamentarier Alexander Graf Lambsdorff unmittelbar nach der Wahl Junckers. Der Luxemburger sei „nun in der Probezeit“, so Lambsdorff weiter.

„Er muss bei der Zusammenstellung seiner Mannschaft und seines Programms zeigen, dass er die EU voranbringen will und zum Stabilitätspakt steht.“ Juncker war bei der Europawahl Spitzenkandidat der konservativen EVP.

Grüne im Bund: „Herzlichen Glückwunsch, Jean-Claude Juncker“

Zur Wahl von Jean-Claude Juncker zum EU-Kommissionspräsidenten durch das Europäische Parlament, erklären die Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter: Wir gratulieren Jean-Claude Juncker zu seiner Wahl. Mit ihm wird ein überzeugter Europäer die neue EU-Kommission anführen. Wir erwarten, dass er in Zukunft die gemeinsamen Interessen der Europäerinnen und Europäer klar verteidigt und den Gegnern des Europäischen Projekts die Stirn bietet.
Die Europäische Union muss in den nächsten Jahren mutig vorangehen. Wir setzen darauf, dass die EU wieder eine Vorreiterrolle im Kampf gegen den Klimawandel übernimmt, dass sie die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in ihren Fokus stellt und dass sie endlich eine verantwortungsvolle und humane Flüchtlings- und Migrationspolitik umsetzt. Herr Juncker muss alles daran setzen, die Menschen wieder von dem gemeinsamen, europäischen Projekt zu überzeugen. Dazu gehört auch ein deutliches Signal für ein sozialeres Europa.
Die heutige Wahl ist ein wichtiger Schritt für die Stärkung der europäischen Demokratie. Die Tatsache, dass das Europäische Parlament in einem nachvollziehbaren Verfahren, den Kandidaten gewählt hat, der aus dem Ergebnis der Europawahlen hervorgegangen ist, ist eine klare Ansage gegen die intransparente Hinterzimmer-Politik von Frau Merkel. Herr Juncker muss sich nun ebenfalls als ein wichtiger Kämpfer für mehr Demokratie in Europa beweisen.

Autor: dts
Foto: Juncker bei einem Besuch in Köln im Jahr 2011