Berlin | Eine neue Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY offenbart ein deutliches Missverhältnis zwischen Männern und Frauen, wenn es um das Einwerben von Kapital für innovative Geschäftsideen geht. Wie die Zeitungen der Funke-Mediengruppe berichten, ging im vergangenen Jahr gerade einmal zwei Prozent des in Deutschlands in Start-ups investierten Kapitals an Jung-Unternehmen mit rein weiblichen Gründungsteams.
Konkret sammelten Gründerinnen 102 Millionen Euro ein. 87 Prozent des Kapitals, das entspricht 4,9 Milliarden Euro, erhielten Start-ups, die nur von Männern gegründet wurden. Den Rest – 608 Millionen Euro – sammelten Firmen ein, in denen sowohl Männer als auch Frauen das Gründungsteam bilden, heißt es in der Auswertung, die EY erstmals durchführte.
Alarmierende Ergebnisse
Die Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands Deutsche Start-ups, Verena Pausder, hält die Ergebnisse für alarmierend. Pausder sagte den Funke-Zeitungen, der Anteil Gründerinnen in Deutschland sei noch immer zu niedrig, was auch an der zu stark männerdominierten Investmentlandschaft liege. „Männer investieren tendenziell eben eher in Männer und damit geht unserer Volkswirtschaft enorm an Wertschöpfung verloren. Frauen sehen andere Trends, Kundenbedürfnisse und Geschäftsmodelle – deshalb müssen ihre Themen genauso Finanzierung finden wie rein männliche Teams“, sagte Pausder, die seit Ende des vergangenen Jahres die Interessenvertretung der Jung-Unternehmen in Deutschland anführt.
Bei hohen Investitionen ist der GAP noch größer
Geht es um das ganz große Geld, wird die finanzielle Schieflage zwischen weiblichen und männlichen Gründerteams noch dramatischer: EY zufolge lag der Frauenanteil an allen Start-ups, die im vergangenen Jahr Geld erhielten, bei 12,2 Prozent. Bei den Jungunternehmen, die eine Finanzierung von mindestens 50 Millionen Euro erhielten, betrug der Frauenanteil in den Gründungsteams hingegen nur 1,8 Prozent. Je größer die Finanzierungsrunden, desto kleiner ist also der Frauenanteil.
Investoren in der Regel männlich
Neben der männlich dominierten Investorenlandschaft sieht EY auch in den Themen, auf die sich Frauen bei ihren Gründungen konzentrieren, einen Grund für die Schwäche bei Finanzierungen. So ist der Frauenanteil zum Beispiel in der Gesundheitsbranche recht hoch: Fast jedes vierte Gründungsmitglied (24 Prozent) ist weiblich. Auch in den Bereichen Recruitment (20 Prozent), AdTech (18 Prozent) und E-Commerce (17 Prozent) gründen vergleichsweise viele Frauen.
Doch gerade bei diesen Geschäftsbereichen sitzt das Geld bei Kapitalgebern weniger locker: „Generell erhalten Start-ups, die auf dem Knowhow aus dem MINT-Bereich basieren, deutlich mehr Kapital als andere Jungunternehmen“, sagte EY-Partner Thomas Prüver und nennt als Beispiel Technologiestart-ups, bei denen Frauen in den Gründungsteams deutlich unterrepräsentiert seien.
Wenig Parität in der deutschen Gründerszene
Deutschlands Gründerszene ist auch ansonsten noch weit weg von Parität: Der Frauenanteil an allen Start-up-Gründungen, also auch jenen, die zum Beispiel mithilfe von Eigenkapital finanziert sind, lag 2022 dem Female-Founders-Monitor zufolge bei 20,3 Prozent. „Traditionelle Rollenbilder, wenig Vorbilder und gängige Geschlechterklischees erschweren es mitunter Frauen, in diesen Bereichen Fuß zu fassen“, hieß es auf Anfrage aus dem Hause von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Gleichzeitig verweist die Bundesregierung auf zahlreiche Initiativen und Förderprogramme, die Gründerinnen unterstützen sollen.