Köln | Am kommenden Montag wird der Verkehrsausschuss des Kölner Rates eine weitreichende Vorlage der Stadtverwaltung beraten. Es geht um die Anbindung des Deutzer Hafens mit dem Deutzer Bahnhof. Die Stadtverwaltung will lediglich eine Busverbindung und keine Stadtbahnverbindung schaffen und schlägt dies so der Kommunalpolitik vor.
Aus dem ehemaligen Industriehafen in Deutz soll ein neues Stadtquartier werden. 3.000 Wohnungen sollen entstehen für rund 6.900 Menschen, die dort leben sollen. Dazu kommen rund 6.000 Arbeitsplätze. Dazu gesellen sich Schule, Kita, Freizeiteinrichtungen Parks, Promenade und Gastronomie. Aber wie kommen all die Menschen in das neue Stadtquartier, das ganz im Sinne der Verkehrswende vor allem von einem Verkehrskonzept das fußgänger- und radfahrerfreundliche Mobilität vorsieht, getragen wird?
Die Vorstellung der Stadtverwaltung: Bus
Es gibt eine bestehende Stadtbahnlinie. Das ist die Linie 7, die aus Köln-Porz kommend über die Deutzer Brücke bis nach Frechen rollt und retour. Die fährt auf der Siegburger Straße oberirdisch. Die hält auch auf der Siegburger Straße bevor sie auf die Brücke abbiegt. Wer die Linie 1 oder 9 erreichen will oder den Deutzer Bahnhof der muss ein ganzes Stück zu Fuß gehen. Immerhin verbindet der Deutzer Bahnhof auf kürzestem Weg den Kölner Hauptbahnhof und den Kölner Flughafen aus dieser Ecke Kölns, für alle die, die kein Auto nutzen wollen. Natürlich kann man auch erst mit der Stadtbahn über die Brücke und dann am Heumarkt in die nächste Stadtbahn einsteigen und so den Kölner Hauptbahnhof erreichen. Aber sind da nicht die Wege länger?
Die Stadtverwaltung setzt auf einen Bus. Dies soll die Buslinie 150 sein, die es schon gibt und die aktuell zwischen dem Bahnhof Köln Mülheim und der Corintostraße pendelt. Diese Linie soll nach Fertigstellung des neuen Stadtquartiers angepasst werden. Die Stadt nennt dies „Aufsiedlung“. Dann soll noch der Takt angepasst werden: Statt 20 Minuten soll der Bus dann alle 10 Minuten rollen. Zusätzlich soll eine Stadtbahnlinie 8 eingerichtet werden, die von Porz nach Sülz fährt und die Linie 7 verdichten soll und auf der Strecke der Linie 7 also über Deutzer Brücke und Ost-West-Achse fahren soll.
Klare Aussage der Stadtverwaltung in deren Beschlussvorschlag: „Auf die Option zur Erweiterung des Stadtbahnnetzes zur Verknüpfung von Deutzer Hafen und Deutzer Bahnhof angesichts der Ergebnisse der Studie dauerhaft zu verzichten.“ Vorteil für die Stadt: Keine Kosten. Zudem stellt die Stadt fest, dass dieser Vorschlag keine Auswirkungen auf den Klimaschutz habe.
In Ihrer Begründung kommt die Stadtverwaltung zum Ergebnis, dass eine oberirdische Stadtbahnverbindung „wie sie bis vor 1980 bestanden habe“ nicht für einen leistungsfähigen Stadtbahnbetrieb möglich sei. Dabei hatte der Rat der Stadt Köln selbst am 9. Februar 2023 beschlossen, dass eine Stadtbahnverbindung zwischen Deutzer Hafen und Deutzer Bahnhof im 5-Minuten-Takt erfolgen soll und damit der Stadtverwaltung eigentlich den Rahmen vorgegeben.
Das Ergebnis der Stadtverwaltung und KVB
Eine Anbindung zwischen Deutzer Bahnhof und Deutzer Hafen sei nicht nachfragegerecht stellen KVB und Behörde fest. Sie gehen von der Annahme aus, dass die Nachfrage in Fahrtrichtung Innenstadt höher sei. Die Buslinie 150 stelle ein adäquates Angebot dar. Weiter heißt es in der Begründung: „In der Summe würden dann drei Linien zwischen Porz und der Deutzer Brücke jeweils im 10-Minuten-Takt verkehren. Dies wird von Verwaltung und KVB im Abgleich mit Bedienungshäufigkeiten auf vergleichbaren Streckenästen und im Kontext der prognostizierten Verkehrsnachfrage als Überbedienung eingestuft, die angesichts der Verpflichtung zu sparsamem Ressourceneinsatz nicht empfohlen werden kann.“
„Arge Rechtsrheinische Niederflurstraßenbahn“ mit Einwänden
Es gibt eine „Arge Rechtsrheinische Niederflurstraßenbahn“, die von Engelbert Becker, Roland Schüler, Heiner Schwarz und Stephan Weber initiiert wurde. Die kommt zu einem anderen Ergebnis als die Kölner Stadtverwaltung und spricht von einer „Nicht-Machbarkeitsstudie Verlängerung der Stadtbahn vom Deutzer Hafen bis zum Deutzer Bahnhof“. Ein Kriterium ist, dass die Aktivisten mit Zahlen belegen, dass eine Stadtbahnanbindung attraktiver ist, als eine Busanbindung. Zudem sprechen sie von falschen Annahmen, die der von der Stadt beauftragten Machbarkeitsstudie zugrunde gelegt werden. So würde etwa nicht berücksichtigt, dass der Autoverkehr auf der Deutzer Brücke in Zukunft um 60 Prozent reduziert werden solle.
Ein weiterer Aspekt sei, dass dies die Gutachter mit einer Stadtbahn geplant hätten, die auf einem eigenen Gleiskörper fahre. Dies sei aber gar nicht nötig, sondern Autoverkehr und Stadtbahn können sich eine Fahrspur auf der Mindener Straße teilen. Somit blieben auch zwei Fahrspuren für den Autoverkehr bestehen. Auch ein Mittelbahnsteig am Bahnhof Deutz/Ottoplatz sei machbar, wenn das Gutachten die verminderte Autoverkehrsbelastung berücksichtigt hätte, so die Arge.
Ein besonderer Vorwurf an die Stadtverwaltung und den Gutachter ist, dass dieser politische Beschlüsse der Bezirksvertretung Innenstadt von Grünen, CDU und Linke nicht beachtet habe. So sei das Abbiegen einer Stadtbahn an der Kreuzung Deutz-Mülheimer Straße/Olpener Straße einfach möglich, da der Autoverkehr der geradeaus stadtauswärts fährt und direkt auf den Östlichen Zubringer führt, gar von der linksabbiegenden Stadtbahn betroffen wäre. Die Arge-Macher schreiben: „Damit wird es eine attraktive Autofahrbeziehung auf leistungsfähige Straßen (Autobahn) geschaffen, die Justinianstraße deutlich entlastet (Maßnahme zur Luftreinhaltung) und der Autoverkehr Richtung Deutzer Brücke um 60 Prozent vermindert. Damit ist dieser Knoten mit Straßenbahn voll leistungsfähig. Diese Variante hat der Gutachter gar nicht berechnet.“
Zudem betrachte der Gutachter die Fortführung im Hochflurnetz. Außer Acht gelassen habe er das Niederflurnetz und damit die Option diese Stadtbahnlinie bis in die Kölner Stadtteile Flittard und Stammheim zu führen. Damit hätte sich für viele Bewohnerinnen und Bewohner des Rechtsrheinischen eine gute Anbindung an den Bahnhof Köln-Deutz ergeben. Die Arge-Macher heben auch die gute Anbindung an die regionale Eisenbahn und S-Bahn hervor.
Verkehrswende?
Eine Frage, die sich aus den vorgelegten Unterlagen ergibt ist, ob die Verkehrsplanung in Köln immer noch der Doktrin anhängt alles in die und durch die Innenstadt zu befördern und von dort zu verteilen oder intelligente Knoten verkehrlicher Verteilung auch außerhalb der Kölner Innenstadt zu ermöglichen. Es dürfte eine spannende Debatte im Verkehrsausschuss werden auch vor dem Hintergrund der Verkehrs- oder Mobilitätswende.
Mittlerweile liegt der Redaktion auch eine Stellungnahme der SPD im Kölner Rat vor:
Hart ins Gericht geht die SPD mit den aktuellen Ergebnissen der Machbarkeitsstudie zur zukünftigen Verkehrsanbindung im Deutzer Hafen.
SPD-Ratsmitglieder Lukas Lorenz äußert sich verärgert zu den Ergebnissen der Studie, die aktuell dem Verkehrsausschuss und den Bezirksvertretungen Innenstadt und Porz vorgelegt wird: „Gutachter und Stadtverwaltung lehnen schlichtweg alle Vorschläge ab. Eine direkte Verbindung der Stadtbahnlinie 7 zum Deutzer Bahnhof ist nicht möglich, nach Meinung der Stadt- und Verkehrsplaner
reiche die bestehende ÖPNV-Erschließung für die zusätzlichen 6.900 Menschen sowie die 6.000 Arbeitsplätze im Deutzer Hafen aus. Vorgeschlagen wird stattdessen eine Taktverdichtung. Wie sich die zusätzliche Linie 8 sich zu Spitzenzeiten über die Deutzer Brücke quälen soll, ist mir ein Rätsel. Im Übrigen auch ein Griff in die Mottenkiste. Die Linie 8 verkehrte bereits von 2000 bis 2007 zwischen Porz und Universität. Damals wurde die Verbindung unter anderem abgeschafft, weil die höhengleiche Querung der Linien 1 und 9 zu Verspätungen
auf diesen Linien führt. Also auch keine besonders innovative Idee aus einem teuren Gutachten. Aber alles halb so schlimm! Ein neuer Bus (Linie 150), der kreuz quer durch den Hafen und Poll schaukelt und ebenfalls an die Linie 7 angebunden wird, der wird’s schon richten.“
Lorenz, der auch verkehrspolitischer Sprecher seiner Fraktion ist, führt weiter aus: „Vom großangekündigten Gutachten bleibt wenig übrig. Die nun vorgestellte Machbarkeitsstudie zur Anbindung des Deutzer Bahnhofs ist eine Beerdigung zweiter Klasse. Einziges Ergebnis: ‚Geht nicht. Rechnet sich nicht. Wir haben Zweifel.‘ Eine mutige Stadt- und Verkehrsplanung sieht anders aus. Der Deutzer Hafen droht schlecht angebunden zu werden. Vorschläge zur besseren Anbindung, wie eine Verbindung über den Gotenring oder über die östliche Zubringerstraße
und den bestehenden Reservebauten in den Deutzer Tunnel müssen in der Folge geprüft werden. Das sogenannten Mobilitätskonzept Deutzer Hafen löst sich Schritt für Schritt in Luft auf, wie wir von Anfang an befürchtet haben.“
Auch die Porzer SPD-Bezirksvertreterin Bettina Jureck zeigt sich verärgert: „Der nachlässige Umgang mit dem Thema ÖPNV offenbart die Priorität der mit der Flächenumwandlung beauftragten Stadtentwicklungsgesellschaft ‚Moderne Stadt‘. Scheinbar ist der Verkauf hochpreisiger Wohnungen mit Rheinblick wichtiger als eine geordnete Verkehrsanbindung des Deutzer Hafens.
Leidtragende sind nicht nur die neuen Bewohner:innen und die Beschäftigten im Quartier, sondern mindestens ebenso die Anwohner:innen in den angrenzenden Wohngebieten in Poll. Ich befürchte, die Siegburger Straße wird zukünftig im Verkehr ersticken, da es an attraktiven Alternativen zum Autoverkehr mangelt. Das Chaos in Poll ist damit vorprogrammiert. Durch die von uns vorgeschlagene Nutzung der Hafenbahntrasse und einer alternierenden Stadtbahnführung über beide Strecken könnte zumindest die Stadtbahn am Stau vorbeifahren. Traurig, dass die Stadt den Grundsatz ‚Erst die Infrastruktur, dann die Bebauung‘ trotz vieler negativer Erfahrungen vor allem im Stadtbezirk Porz noch immer nicht verinnerlicht hat.“