Nik (11) ist neu in der Klasse. Freunde hat er noch nicht gefunden. Bald wird er zum Lieblingsopfer einer Schulgang. Die klaut Nik nicht nur seine Schuhe und Klamotten, sondern fordert von ihm auf dem Schulweg immer wieder auch Geld. Als er das nicht bezahlen kann, nehmen sie die Aktion per Handy auf drohen Nik, den Film im Internet zu veröffentlichen. Im Theaterstück „r@usgemobbt“ vom Kölner Tourneetheater „Comic On!“ geht für Nik am Ende alles noch einmal gut aus. Anders sieht es da oft in der Realität aus, denn gelangt ein Film erst einmal ins Internet, ist er kaum wieder von dort zu löschen. Zu schnell verbreitet er sich.

Nik ist kein Einzelfall
Die Geschichte von Nik ist kein Einzelfall. Eine Hochrechnung des Zentrums für empirische pädagogische Forschung (zepf) der Universität Koblenz-Landau geht davon aus, dass rund 1,9 Millionen Kinder und Jugendliche Opfer von Cybermobbing sind oder waren. Dabei wurden bei einer Umfrage von Opfern Mitschüler als Hauptverursacher angegeben. Unter Cybermobbing versteht man das absichtliche Beleidigen, Bedrohen, Bloßstellen oder Belästigen anderer mit Hilfe moderner Kommunikationsmittel – zumeist per Handy oder über das Internet. Oftmals bleibt der Täter dabei unbekannt, denn zumeist veröffentlicht er anonym die geschossenen Fotos oder Filme des Opfers. Cybermobbing kann ganz unterschiedliche Formen annehmen. Häufig Gerüchte in sozialen Netzwerken oder per Instant Messaging (etwa ICQ) über das Opfer verbreitet. Jugendliche nehmen aber auch Fotos und Filme ihrer Opfer auf – etwa wenn sie auf der Toilette sitzen – oder wandeln Fotos zu pornografischen Darstellungen um und veröffentlichen diese im Internet. Einige Täter provozieren ihre Opfer auch bewusst zu Gewalthandlungen, um Filme aufnehmen zu können. Dann spricht man von „Happy Slapping“ – was wörtlich übersetzt „lustiges Draufschlagen“ bedeutet.

Lustig ist bei Cybermobbing jedoch gar nichts, denn das Opfer wird häufig gedemütigt und verletzt. Dabei wissen die wenigsten Jugendlichen, dass auch Cybermobbing strafbar sein kann. Denn wer Videos und Bilder einer anderen Person ohne dessen Zustimmung veröffentlicht, verletzt damit das Persönlichkeitsrecht und das recht auf das eigene Bild. Auch können Beleidigungen in Foren oder Sozialen Netzwerken wegen Verleumdung oder übler Nachrede bestraft werden. Jugendliche unter 14 Jahren können selbstverständlich nicht belangt werden, ältere Jugendliche können jedoch etwa zum Ableisten von Sozialstunden verurteilt werden.

Kölner Tourneetheater mit neuem Stück für den Unterricht
Damit es so weit gar nicht erst kommt, luden heute die Medienberatung der Stadt Köln und die Kölner Polizei Lehrer und Eltern zu einer Informationsveranstaltung in das Kölner Polizeipräsidium ein. Dort präsentierten sie ihnen nicht nur das Theaterstück, sondern informierten auch darüber, wie man sich gegen Cybermobbing wehren und Präventionsarbeit leisten kann. Dabei stellte Wolfgang Moritz, Leiter Kompetenzteam Köln, Schulaufsicht, heraus, dass es vor allem darum geht, bei den Jugendlichen ein Bewusstsein für Cybermobbing zu schaffen. Dazu sollte Schülern ein verantwortungsvoller Umgang mit dem Internet vermittelt werden. Denn viele sei die Tragweite ihrer Tat oftmals nicht bewusst. Ein erster Schritt in diese Richtung könne mit dem Theaterstück „r@usgemobbt“ geschaffen werden. Das Stück ist für Jugendliche im Alter von 9 bis 12 Jahre konzipiert und kann von Lehrern für ihren Unterricht gebucht werden. Die Aufführung des Stückes dauert etwa 40 Minuten. Anschließend stellen sich die Schauspieler für Fragen und Diskussionsrunden mit den Jugendlichen zur Verfügung.

Franz Zöhren, Regisseur des Stückes, hat bereits erste Erfahrungen gesammelt. „Ich hätte nie gedacht, dass bei den Schülern ein so großer Redebedarf besteht“, erzählte er heute. Im Gegensatz zu vielen anderen Themen – etwa „Drogen“ oder „Gewalt“ – hätte er die Schüler nach der Aufführung nicht zu Gesprächsrunden animieren müssen. Vielmehr wären die Schüler sofort in die Diskussion eingestiegen und hätten dabei auch von persönlichen Erlebnissen berichtet. Denn fast in allen Klassen hätte es bereits Fälle von Cybermobbing gegeben. Um so wichtiger sei es, frühzeitig bei Kindern und Jugendlichen ein Bewusstsein dafür zu entwickeln und Eltern und Lehrer für das Thema zu sensibilisieren. Denn sie seien für die betroffenen Jugendlichen die ersten Ansprechpartner.

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung
[Foto:
Jörn Neumann/ comic-on]