Die Baustelle des Miqua im Frühjahr 2022.

Köln | Die Kölner FDP sieht vor der Fülle der Probleme bei Kölner Kulturbauten die Stadt organisatorisch und finanziell überfordert. Lorenz Deutsch der kulturpolitische Sprecher der FDP-Ratsfraktion fordert daher einen Verzicht auf die Historische Mitte und die schnellstmögliche Sanierung und Wiedereröffnung.

Aktuell sind folgende Baustellen bei den Kölner Kulturbauten offen: Die Bühnen der Stadt Köln, das Kölnische Stadtmuseum, die Miqua – das jüdische Museum, der Erweiterungsbau des Wallraf-Richartz-Museums/Fondation Corboud, das Römisch-Germanische Museum und die Stadtbibliothek. Köln-Kenner:innen, die die Kulturbauten rund um den Dom kennen, werden feststellen, das ist eine Menge.

Die Kölner FDP nimmt kein Blatt vor den Mund und fragt, wie dies vor dem Hintergrund eines städtischen Haushaltes plus Historische Mitte gestemmt werden solle, der vor einer gefährlichen Schieflage stehe. Denn alleine die steigenden Energiekosten könnten die Stadt rund 100 Millionen Euro zusätzlich im Jahr kosten. Und die Zinsen steigen, für das Bauen eher kontraproduktiv. Deutsch deutlich und klar: „Die rosigen Zeiten sind vorbei“. Allerdings diskutiert der Kölner Rat über den städtischen Haushalt erst in der kommenden Woche. Denn am Donnerstag, 18. August bringen Oberbürgermeisterin und Kämmerei ihren Vorschlag in die Ratsdebatte ein. Es wird gemunkelt, dass es ein Doppelhaushalt werden könnte und das kommt nicht von der FDP, sondern befindet sich im Flurfunk des Spanischen Baus. Auch das kommunale Bäh-Wort „Haushaltssicherung“ soll schon gefallen sein.

Bühnen der Stadt Köln

Hier will FDP-Kulturexperte Deutsch fair bleiben und hofft, dass die Steigerungen, etwa durch Baupreise, im schon geplanten Rahmen und den dort niedergeschriebenen Risiken einkalkuliert sind und auch die Eröffnung wie geplant im Jahr 2024 stattfinden kann.  

Die Miqua

Hier sieht es allerdings anders aus. Die Stadt hatte dem Stahlbauer gekündigt. Der hatte bis in den Planungsabschnitt 2 gebaut. Die Stahlteile für den Abschnitt 3 liegen, so die Aussage des gekündigten Stahlbauers, fertig in der Eifel. Das wäre zumindest ein Vorteil, dass diese nicht mehr gefertigt werden müssten, wenn die Bauphase 3 startet. Aber hier steckt der Teufel im Detail und vor allem in der Übergabe der Baustelle von einem Stahlbauer zum nächsten. Jede Nut, jede Schraube muss erfasst werden und dem jeweiligen Dienstleister zugeordnet werden, was der eine erbracht und der andere noch liefern muss. Das hat auch rechtliche Konsequenzen und wirft Fragen der Haftung auf. Hier müssen also bis ins kleinste Detail Schnittstellen definiert werden. Fast unmöglich dürften Gewährleistungsfragen werden, da beide Unternehmen diese mit dem Verweis auf das jeweils andere ablehnen könnten. Und das neue Stahlbauunternehmen ist noch nicht einmal gefunden, da die Stadtverwaltung im Herbst erst neu ausschreiben will. Wann es also hier weitergeht steht in den Sternen über dem Historischen Rathaus.

Im Bereich vor der Laube des Historischen Rathauses sind zudem noch die Grabungen in vollem Gange. Also die Archäologie arbeitet noch kräftig. Insofern, so Deutsch, haben die Verzögerungen beim Bau, Zeit für die Archäologie gewonnen. Zeit, die die Grabungskampagne gut gebrauchen könne. Im südlichen Teil allerdings sind die ersten Räume fertig – auch Estrich findet sich dort bereits – und damit vermittle sich bereits ein Eindruck, so Deutsch.

Erweiterungsbau Wallraf-Richartz-Museum/Fondation Corboud

Das Stichwort Archäologie passt hervorragend zum geplanten Erweiterungsbau auf dem ehemaligen Gelände des Kaufhauses Kutz, direkt vis à vis gelegen zur Miqua-Baustelle. Dort lässt die städtische Gebäudewirtschaft derzeit probeschürfen. Nein nicht nach Gold, sondern um den Baugrund zu ergründen. In ihren Kosten- und Zeitplänen findet sich kein Fenster für die Archäologie, was die Liberalen verwundert. Schließlich wurden bei den Schürfungen schon Hohlräume gefunden, was auf eine Besiedelung des Grundstückes hinweist. Zudem ist mitten in Köln, einer Stadt mit einer solchen Geschichte auf einem Grund und Boden, der von den Römer oder früher besiedelt war, immer mit Funden zu kalkulieren und zu rechnen. Deutsch spricht davon, dass hier nicht von einer Notgrabung auszugehen ist, sondern eine archäologisch korrekte Grabung einzufordern ist.

Es müsste hier der Baugrund aufgemacht und ordentlich archäologisch beackert werden. Das nicht nur der Funde wegen, sondern weil dies Einfluss auf die Planungen und Statik haben. Wird etwa ein Bodendenkmal gefunden, dann muss dies zum Beispiel bei der Gründung des Neubaus berücksichtigt werden. Daher muss eigentlich im Vorfeld bekannt sein, auf was gebaut und gegründet wird und wie mit Bodendenkmälern in diesem Bereich verfahren werde. Archäologie ist aber komplex und nur schwer in Zeitschienen zu fassen, je nach Befundlage. Hier müsse, so die Forderung der FDP so schnell wie möglich die Bodendenkmalpflege aktiv werden und deren Befunde in die Planungen, Kalkulation und Zeitschienen einberechnet werden. Denn dies kann auch viel Geld kosten.

Das Römisch-Germanische Museum

Die FDP zeigt sich fassungslos ob der gestrigen städtischen Mitteilung zum Verfahren und der Verdoppelung der Kosten. Die Vorplanung sei noch nicht einmal abgeschlossen. Erst jetzt würden die Wände aufgemacht. Das bedeutet vieles ist im Unklaren – vor allem der Zustand der Kernsubstanz des Hauses. Stephanie Ruffen, baupolitische Sprecherin und selbst Architektin – damit vom Fach – erläutert, dass die jetzt avisierte Leistungsphase 3 zu den aufwändigsten einer Planung zähle. Jetzt untersuchten Experten und planen. Es sei utopisch zu glauben, dass Ende 2022 der Baubeschluss stehe und 2026 das Haus wieder seinen Betrieb aufnehmen könne. Schon der alte Plan sei gerissen worden. Auch die Baugenehmigung sei so schnell nicht zu erwarten. Das Römisch-Germanische Museum ist aktuell geschlossen, wie das Kölnische Stadtmuseum. Allerdings ist das Römisch-Germanische Museum in seinem Interim im Haus Sauer angekommen.

2 Museen, 3 Herrenessen und 2 Schließungen: Kölnisches Stadtmuseum

Wir schreiben den April im Jahr 2013 und ein besonderer Moment anno dazumal im Stadtjahr ist das Herrenessen, wo sich Männer in Fliege treffen. Das Herrenessen richtet der Förderverein des Kölnischen Stadtmuseums aus. Es ist nicht das erste Herrenessen, bei dem es sich um das Kölnische Stadtmuseum, dessen Sanierung, Umbau und Erweiterung drehte. Der damalige Kölner Oberbürgermeister Jürgen Roters versprach die Bauarbeiten begönnen im Jahr 2015 und seien 2019 abgeschlossen. Roters wollte einen Wettbewerb und Entwürfe bis August 2013 vorlegen. Dann so kündigte Roters es an, werde europaweit ausgeschrieben, was der Größe und Bedeutung des Projektes entspräche. Museumsdirektor Mario Kramp plante schon eine Schau zum 200. Geburtstag von Jacques Offenbach. Daraus wurde bekanntlich nichts. Dabei hatte Roters schon beim Herrenessen 2011 versprochen, dass anlässlich des 125-jährigen Bestehens des Kölnischen Stadtmuseums 2013 mit den Bauarbeiten begonnen würde.

Und es folgte Streich Nummer 3: Das legendäre Herrenessen 2014. Roters will einen Neubau des Kölnischen Stadtmuseums, aber nicht an der Stelle, wo das Zeughaus steht, sondern neben dem Römisch Germanischen Museum und dem Kurienhaus zwischen Roncalliplatz und Kurt-Hackenberg-Platz.

Heute ist das geschlossene Museum, bei dem schon einmal das Technische Hilfswerk mit Notstrom aushelfen musste, noch nicht einmal in seinem Interim im Haus Sauer angekommen. Deutsch erzählt, dass er im Haus Sauer durch die Schaufenster blickte, aber kein Exponat des Kölnischen Stadtmuseums entdecken konnte. Um es einmal auf den Punkt zu bringen: Stadtmuseen dienen vor allem auch Schulen, um die Geschichte der eigenen Heimat erlebbar zu machen. In Köln wird es eine ganze Schülergeneration geben, die kein Kölnisches Stadtmuseum von innen sehen wird – aller Wahrscheinlichkeit nach.

Und um das Drama korrekt zu beschreiben, die Sanierung und Erweiterung hat eine weitere Vorgeschichte, die 2009 endete. Denn damals titelte report-K: „Kölnisches Stadtmuseum: Stifter ziehen geplante Schenkung zurück“ und berichtete: „Die Stiftung für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, Essen, und die hinter der Stiftung stehenden Eheleute Hans und Marlies Stock nehmen von der geplanten Schenkung, die zum Erweiterungsgebäude des Kölnischen Stadtmuseums führen sollte, Abstand. Ausschlaggebend dafür sei die Diskussion der letzten Monate. Man habe den Eindruck bekommen, dass das Projekt gezielt zum Scheitern verurteilt werden sollte.“

Richtig interpretiert bedeutet dies, dass bei Herrenessen zwei bedeutende Kölner Museen, das Römisch-Germanische Museum und das Kölnische Stadtmuseum ins Desaster geführt wurden, so Deutsch. Der erteilt der Historischen Mitte eine deutliche und klare Abfuhr. Organisatorisch und finanziell sei die Stadt Köln aktuell nicht in der Lage ein solches Projekt zu stemmen. Die Museen müssen saniert werden und auch das Kurienhaus sollte hergerichtet werden. Mit der Domkirche müsse sich die Stadt einigen und sicherlich werde dies einiges kosten. Deutsch erklärte, dass die FDP die Verpflanzung des Kölnischen Stadtmuseums immer für einen Fehler gehalten habe. Das Stadtmuseum in der ehemaligen preußischen Wache entlang der alten Stadtmauer sei ein idealer Standort und bietet die Möglichkeit der Erweiterung auf dem mindergenutzten Parkplatz. Die Kölner Innenstadt sei nicht nur auf den Stecknadelkopf großen Roncalliplatz konzentriert, sondern breiter. Der Standort Zeughaus sei ein attraktiver innerstädtischer Standort. Vielleicht schaut ja in der Stadtverwaltung mal jemand in die Schublade und findet dort unter Planungen 2013 etwas Verwertbares.

Deutsch sieht es aber als richtig an, dass der Kölner Kulturdezernent Stephan Charles parallel an einem Konzept zur Neupräsentation und Strukturierung der Kölner Geschichtsmuseen arbeite. Er halte dies für sinnvoll, denn dann könnte das inhaltliche Konzept auch in den baulichen Konzepten berücksichtigt werden.  

Die Stadtbibliothek

Das Gebäude der Kölner Stadtbibliothek aus dem Jahr 1979 muss saniert werden. Die Stadtbibliothek soll ins Interim auf die Hohe Straße 68-82 umziehen und die Sanierung beginnt 2022. Das Interim, so die Projektseite der Stadt Köln stehe vorraussichtlich ab 2023 zur Verfügung. Fertigstellung geplant: 2026 und Wiedereröffnung 2027.

Die Kölner FDP plant ihre Erkenntnisse in einen Ratsantrag zu fassen, will aber mit ihrem Vorstoß auch eine öffentliche Diskussion starten.