Köln | Das Kölner Zentrum für Lehrerinnenbildung wird am morgigen 8. Mai aus Solidarität einen Tag die Kippa tragen. Damit gedenkt die Einrichtung der Kölner Universität dem Ende des Zweiten Weltkriegs und damit der Befreiung vom Terror des NS-Regimes.

Damit schließt sich das ZfL den Solidaritätsbekundungen an, mit denen Menschen Ende April in mehreren deutschen Städten gegen Antisemitismus demonstrierten. Anlass für die Demonstrationen war der tätliche Angriff auf einen 21-jährigen Israeli und seinen Freund am 17. April in Berlin.

Das ZfL sieht sich in einer besonderen Verantwortung für die Schulen und möchte daher auf die steigende Gewaltbereitschaft und den Antisemitismus an Schulen aufmerksam machen. „Rassismus, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit sind an Schulen zunehmend ein Thema, dem wir vorbeugen müssen“, sagt ZfL-Geschäftsführerin Myrle Dziak-Mahler.

Wir müssen über Gewalt und Diskriminierung an Schulen reden

„Wir beobachten in den letzten fünf, sechs Jahren in der Tat ein Wiedererstarken antisemitischer Haltungen. Menschen, die sich bis dato zurückgehalten oder sich im geschützten Raum geäußert haben, äußern sich auf einmal wieder öffentlich antisemitisch. Immer häufiger bekommen wir beleidigende und diffamierende Briefe, die wir früher anonym erhalten haben, mit Namen und Adresse zugesandt“, erklärte der amtierende Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Abraham Lehrer in einem Interview mit dem Zentrum für LehrerInnenbildung.

Nach einer aktuellen Studie des Expertenkreises Antisemitismus zeigt rund ein Drittel der Deutschen antisemitische Tendenzen bzw. sind für solche Vorurteile anfällig. „Antisemitismus kommt aus der Breite der Gesellschaft und aus ganz verschiedenen Richtungen. Er geht von Rechtsextremen, also von den Neonazis,

aus, es gibt aber auch einige Linke mit antisemitischer Haltung. Und wir haben es mit muslimischen Bevölkerungsteilen zu tun, unter denen Menschen ganz offen judenfeindlich eingestellt sind. Inzwischen gibt es auch erste Vorfälle unter den Geflüchteten. Sie vertreten Haltungen, die sie aus ihrer Heimat mitgebracht haben, auch offen in Deutschland“, so Lehrer weiter.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland begrüßt die Entscheidung, zum 1. Mai dieses Jahres mit Felix Klein einen Antisemitismus-Beauftragten ernannt zu haben, fordert die Einrichtung einer solchen unabhängigen Stelle aber auch auf Landesebene. Ein Allheilmittel, um beispielsweise auch in der schulischen Ausbildung die Gefahren antisemitischer Tendenzen frühzeitig zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken, gebe es nicht. Es sei jedoch ein „wunderbares Signal“, wenn auf Demonstrationen Tausende Menschen bundesweit sich gegen das Vorurteil gegen Juden stellen, indem sie beispielsweise eine Kippa tragen.

„Es ist ein Signal dafür, dass die jüdische Gemeinde nicht allein dasteht. Vor allen Dingen zeigt es den Menschen unserer Gesellschaft, die Antisemitismus ablehnen und die jüdischer Lebensweise positiv gegenüber eingestellt sind, dass sie nicht allein sind, sie sich äußern und ein Zeichen setzen können. Ob es sich nun um Menschenketten oder das Tragen einer Kippa handelt – dies sind alles fantasievolle Instrumente, die Öffentlichkeit schaffen“, so Lehrer abschließend.

Autor: bfl
Foto: Wehret den Anfängen. Antisemitismus ist wieder auf dem Vormarsch, auch in den Schulen.