Köln | aktualisiert | Wie der Kölner Zoo mitteilte, hat das Sibirische Tigerweibchen „Hanya“ vor vier Tagen dort drei Jungtiere zur Welt gebracht. Vater ist Hanyas anderthalbjähriger Sohn „Jegor“. „Diese Schwangerschaft war von uns weder gewünscht  noch vorhersehbar. Dennoch werden wir für die drei Jungtiere sorgen und sie gemäß unserer hohen tierhalterischen Standards aufziehen“, erklärt Theo Pagel, Direktor des Kölner Zoos.

Geschlechtsreife setzte ungewöhnlich früh ein

Jegor, gleichzeitig Vater und Bruder der drei Jungtiere, lebt nach Angaben des Zoos mittlerweile im Münchner Tierpark Hellabrunn. Der Umzug fand im Rahmen des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EEP) statt. Offenbar deckte er seine Mutter noch vor der Übersiedlung nach Süddeutschland. „Bei männlichen Sibirischen Tigern setzt die Geschlechtsreife normalerweise mit 2 bis 3,5 Jahren ein.“, erklärt Pagel. Jegor wäre offensichtlich bereits mit weniger als 1,5 Jahren zeugungsfähig. Das sei über die Maßen früh. „Aus keinem anderen europäischen Zoo ist uns ein vergleichbarer Fall bekannt“, so Pagel. Das Sozialleben der Sibirischen Tigerfamilie im Kölner zu habe keinerlei Auffälligkeiten aufgewiesen. Daher habe man den Verband bis zu Jegors Umsiedlung intakt und in einem Gehege gehalten. „Mit der aktuellen Entwicklung war aus zoologischer Sicht nicht zu rechnen.“, so Pagel.

Verzicht auf Europäisches Erhaltungszuchtprogramm

Noch ist offen, ob alle drei Tiere durchkommen. Dies ist, so der Kölner Zoo, allerdings nicht ungewöhnlich. Auch bei kontrollierter Zucht oder bei Nachwuchs in freier Wildbahn komme es vor, dass nicht alle Tiger überlebten. Nach aktuellem Stand könne ausgeschlossen werden, dass die noch namenlosen Tiger einen genetischen Defekt aufweisen. Trotzdem verzichtet der Kölner Zoo vorsorglich darauf, die Tiere im Rahmen des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EEP) einzusetzen. Sie sollen zunächst bei ihrer Mutter verbleiben und im Kölner Zoo nach modernsten zoologischen Standards betreut und aufgezogen werden. Sobald sie ausgewachsen sind, sollen sie vom Kölner Zoo in andere Zoos vermittelt werden.

Tierrechtsorganisation „Peta“ kritisiert Inzest bei den Tigern im Kölner Zoo

Die Tierschützer kritisieren besonders, dass laut Medienberichten es bereits zu mehreren Paarungsversuchen kam, die das Zoopersonal auch beobachtet habe. „Peta“ rechnet mit schweren genetischen Schäden bei den Neugeborenen, die aber auch erst in einigen Jahren auftreten könnten. „Peta“ fordert ein Nachzuchtverbot in Zoos und auch das Untersagen weiterer Importe.

„Zoos führen immer wieder Inzest-Qualzuchten durch, obwohl dadurch schweres Tierleid entsteht. Bei Tigern sind die Nachkommen von Inzuchten meist nur vermindert lebensfähig, leiden beispielsweise unter genetischen Defekten wie Gaumenspalten, neurologischen Störungen, verkrüppelten Füßen oder Hüftgelenkfehlstellungen“, so Diplom-Zoologe Peter Höffken, Wildtierexperte bei „Peta“. Zudem verweist man auf die schlechten Erfahrungen im Berliner Zoo und den jungen Löwen Miron, der aus einem Geschwister-/Elternpaar entstammte und eingeschläfert werden musste. Dieses Paar hatte neun Nachkommen, so „Peta“, von denen acht nicht überlebten.

Autor: dd
Foto: Der Eingangsbereich des Kölner Zoos.