Symbolbild

Köln | KOMMENTAR | Der Konflikt um das Geißbockheim und seinen Ausbau beschäftigt die Stadtgesellschaft, die Kommunalpolitik, die Medien und die Community rund um den 1. FC Köln seit fast einem Jahrzehnt. Der Verein will mit dem Kopf durch die Wand, die Unterstützer auch. Dabei übersehen die FC-Gläubigen, dass das Fußballunternehmen Stadtentwicklung behindert und es eine Menge Ungläubige in Köln gibt. Eine kommentierte Betrachtung von Andi Goral

Die Gläubigen

Der Konflikt spaltet die Stadtgesellschaft Kölns und nicht nur in zwei Teile. Fangen wir mit der Gruppe an, die am einfachsten zu identifizieren ist: Es gibt die Kölnerinnen und Kölner, denen das Geschacher um das Geißbockheim einfach egal ist, obwohl auf den zweiten Blick sie auch betroffen sind.

Dann gibt es die FC-Gläubigen. Selig macht FC, FC Hymne und alles was aus dem Geißbockheim schallt ist kölsches Gesetz. Dabei kommt der FC im Kölschen Grundgesetz gar nicht vor. Die FC-Gläubigen glauben einfach alles und sollen darin selig werden. Es mag ihnen vergönnt sein.

Fakt ist aber

Das Unternehmen auf Aktien im Fußball-Bizz aus dem Äußeren Grüngürtel ist von seinem Management in die Sackgasse Geißbockheim manövriert worden. Und nicht nur vom aktuellen Management. Niemand hatte die Courage, den Wagen in der Sackgasse zu wenden und einen gangbaren Weg zu suchen. Dabei ist es fast frivol, dass das Management des Fußballunternehmens heute von Nicht-Finanzierbarkeit der 120 Millionen Euro spricht und der Stadt ankreidet, nicht genügend Geld der Steuerzahler Kölns für den heiligen FC zur Verfügung gestellt zu haben. Warum? Darum:

Das Management verschweigt fröhlich, dass es in den Jahren 2014 bis 2020 eine Inflation unter 2 Prozent gab, der Leitzins der EZB bei 0 Prozent mit entsprechenden Bauzinsen unter 2 Prozent effektiv lag. Mit seiner Versteifung auf das Geißbockheim hat das Unternehmen 1. FC Köln GmbH & Co KGaA und sein Management diese günstige Zeit einfach – freundlich formuliert – wirtschaftlich links liegen lassen. Warum eigentlich? Um die Dimension klar zu machen: Um die vom 1. FC Köln vorgebrachten 120 Millionen Euro zu finanzieren, brauchen Unternehmen wie der 1. FC Köln im Jahr bei 2 Prozent effektivem Jahreszins auf 10 Jahre Bindung 2,4 Millionen Euro für die Zinsen pro Jahr. Heute ist dieser Zins leicht mehr als doppelt so hoch… gut das muss nicht vorgerechnet werden. Ist also teurer… Die Baupreise sind durch die Inflation gestiegen. Auch teurer… Ist das jetzt ein Fehler der Kommunalpolitik von Köln, dass die Manager des 1. FC Köln auf Aktien nicht in wirtschaftlich günstigen Zeiten optimale Bedingungen nutzten? Heute liegt der EZB Leitzins bei 4,5 Prozent. Auf den Punkt gebracht: Das Management des Fußballunternehmens hat diese Phase nicht genutzt. Das sollten auch Gläubige verstehen.

Die Ungläubigen

Dann gibt es die, die wir die Ungläubigen nennen, die dritte Gruppe. Die lieben übrigens auch ihre Stadt und wünschen sich nichts sehnlicher, als dass die Stadt und die in ihr aktiven Akteure, darunter auch das Fußballunternehmen 1. FC Köln, kraftvoll und erfolgreich in die Zukunft streben. Das sind die, die verstanden haben, dass Grünflächen wie der Äußere Grüngürtel wichtig sind für Stadtklima, Erholung und urbane Entwicklung. Die diese erhalten wollen.

Die Ungläubigen wollen aber auch einen Großmarkt mit frischen regionalen Produkten, nennen wir es Frischezentrum, Wohnungen für Kölnerinnen und Kölner in der Parkstadt Süd sowie eine geile Markthalle, wie sie überall in anderen europäischen Metropolen schon seit Jahrzehnten existiert. Also das Kölle der Zukunft mit seinen schrulligen Liebesarten wie FC-Liebe, die Liebe zur totalen Jeckness und so weiter…

Ungläubige sind es aber leid, dass Pressure-Groups, die sich als besonders Kölsch stilisieren aber nicht in die Zukunft nach vorne gehen, die Stadtentwicklung torpedieren. Auch diese Ungläubigen wollen einen Bundesliga-Verein in der Stadt mit echten Fußballfans und dass dieser erfolgreich ist. Sie glauben aber nicht an die Legende, dass erfolgreicher Fußball nur an einem einzigen Ort umsetzbar ist. Sie lassen sich vor allem nicht einseifen von Marketing-Bubbles jeglicher Art.

Sie fordern eine auf die Zukunft gerichtete Stadtpolitik. Die Ungläubigen haben bei den letzten Wahlen ein deutliches Zeichen gesetzt. Die Ungläubigen haben auch verstanden: die Stadtverwaltung versuchte alles rechtlich Mögliche dem FC zu helfen. Das Management der Fußballaktiengesellschaft lehnte dies jetzt öffentlich ab.