Der nordrhein-westfälische Verfassungsgerichtshof hat mit seiner heutigen Entscheidung festgestellt, dass die Kommunalwahl am 30. August stattfinden kann. Damit weist das Gericht eine Klage der SPD und Grüne zurück, die eine Zusammenlegung der Kommunalwahl mit der Bundestagswahl am 27. September durchsetzen wollten.  „Die Eigenständigkeit der Kommunalwahl hat einen hohen Stellenwert“, sagte Innenminister Ingo Wolf heute. Diese gelte es zu stärken und sicherzustellen. In der mündlichen Urteilsbegründung heißt es dazu: "Eine solche Zusammenlegung sei in der Rechtsprechung als problematisch angesehen worden, weil wegen der allgemeineren und größeren Bedeutung der Bundestagswahlen die Gefahr bestehe, dass kommunalpolitische Themen hinter den bundespolitischen zurücktreten würden." Die Festlegung des Wahltermins auf den 30. August würde außerdem nicht gegen das Recht auf Chancengleichheit der politischen Parteien verstoßen, da der Termin alle gleichermaßen betreffe. Die Entscheidung für eine separate Kommunalwahl sei Ergebnis einer sorgfältigen Abwägung aller Argumente. Ab 2014 wird die Kommunalwahl mit der Europawahl zusammengelegt.

Stichwahl wird abgeschafft
Das Gericht hat auch die Abschaffung der Stichwahl für verfassungsgemäß erklärt und dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Wahlsystems einen Gestaltungsspielraum zuerkannt. SPD und Bündnis 90/ Die Grünen hatten gegen die von der CDU/FDP-Koalition beschlossene Abschaffung der Stichwahl geklagt. Neben Nordrhein-Westfalen hat auch Thüringen die Stichwahlen abgeschafft. Dort findet am 7. Juni die Kommunalwahl zusammen mit der Europawahl statt. Für die Abschaffung der Stichwahl bei der Wahl der Bürgermeister und Landräte gebe es gute Gründe: Stichwahlen haben in der Vergangenheit gezeigt, dass die Wahlbeteiligung dort im Durchschnitt um zehn Prozent bis 15 Prozent niedriger ausfiel als bei der Hauptwahl. Nicht selten hätten unterlegene Bewerber bei der Hauptwahl mehr Stimmen erzielt als die Gewinner bei der Stichwahl. Der Verfassungsgerichtshof betonte jedoch, der Gesetzgeber sei gehalten, die Wahlverhältnisse daraufhin im Blick zu halten, ob das bestehende Wahlsystem den erforderlichen Gehalt an demokratischer Legitimation auch zukünftig vermitteln könne. Änderten sich die tatsächlichen und normativen Grundlagen wesentlich, könne sich hinsichtlich der Zulässigkeit des neuen Wahlmodus für die Direktwahl der Bürgermeister und Landräte eine abweichende verfassungsrechtliche Bewertung ergeben.

Aktualisiert um 14:25 Uhr
Der Rat der Stadt Köln hingegen hatte sich in der Vergangenheit bereits mehrfach – zuletzt durch Verabschiedung einer Resolution an die Landesregierung am 26. März 2009 – mehrheitlich für eine Zusammenlegung der Kommunalwahlen mit der Bundestagswahl am 27. September 2009 ausgesprochen. Dem lagen überwiegend die Erwartungen ei-ner höheren Wahlbeteiligung und damit auch einer höheren demokratischen Legitimation der gewählten Repräsentanten als auch finanzielle Erwägungen zugrunde. Die Stadt Köln rechnet für die Kommunalwahl mit einem Finanzaufwand von circa 1,4 Millionen Euro.

Das Wahlamt der Stadt Köln hat sich bei den Vorbereitungen für das Wahljahr 2009 in den letzten Monaten im Hinblick auf die ausstehende Entscheidung für alle Eventualitä-ten gerüstet. Bei dem nun bestätigten Termin der Kommunalwahl am 30. August wird tatkräftige Unterstützung benötigt. Bei mehr als 700.000 Wahlberechtigten werden für die Wahlvorstände in den 800 Wahllokalen und die Auszählung der Briefwahl insgesamt über 7.000 Wahlhelfer benötigt. Für das Ehrenamt des Wahlhelfers, die vor Ort Demokratie live und hautnah erleben können, zahlt die Stadt Köln als Aufwandsentgelt pro Person 40 bis 60 Euro, je nach Funktion und Einsatzbereich. Interessenten können sich unter der Tele-fonnummer: 221-21950 melden.


Aktualisiert um 16:15 Uhr
Stimmen zum Urteil
Bündnis 90/ Die Grünen: „Eine Zusammenlegung der Kommunalwahl mit der Bundestagswahl am 27. September wäre für die Kommunal- und Bürgermeisterwahlen die große Chance gewesen, die Wahlbeteiligung und damit die demokratische Legitimation zu erhöhen. Diese Chance ist nun vertan. Das ist bedauerlich. Deutlich schwerer wiegt die Entscheidung, die Stichwahl bei den Landrats-(Ober)bürgermeisterwahlen in NRW nicht wieder einzuführen, wie sie im Übrigen in Bayern und Baden-Württemberg mit einer langen Tradition der Direktwahl von Stadtoberhäuptern schon immer gilt. Somit werden zukünftig viele Kandidaten/innen nicht über die ausreichende demokratische Legitimation verfügen, da sie nun keine absolute Mehrheit mehr benötigen. Dies ist ein schmerzlicher Verlust und schmälert die Akzeptanz in der Bürgerschaft. Um so mehr Anstrengungen wird es nun bedürfen, die Wahlverdrossenheit abzubauen.“

Reinhard Houben, Kölner FDP-Parteichef: "Die Klöner FDP begrüßt ausdrücklich die Entscheidung des Verfassungsgerichtes. Dies ist eine Würdigung für das Engagement aller ehernamtlichen Kommunalpolitiker für das deutsche Gemeinwesen." Zur Abschaffung der Stichwahl: "Ich möchte für die Kölner Liberalen nicht verhehlen, dass wir für eine Stichwahlregelung gewisse Sympathien hegen und die Abschaffung ein besonderer Wunsch der CDU war."

Benedikt Vennemann, FDP-Bundestagskandidat für den Wahlkreis 102 (Köln IV und Leverkusen): "Keinem Bürger lässt sich mehr erklären, warum überhaupt eine Zusammenlegung mit der Bundestagswahl von Rot-Grün angestrebt wurde. Die Begründung, es ginge um Kostenreduktion, indem man Wahlen zusammenlegen wolle, zieht jedenfalls nicht: Es ist noch nicht lange her, dass Rot-Grün gegen die Zusammenlegung mit der Europawahl vor Gericht zog. Damals war man offenbar gegen eine Zusammenlegung von Wahlen."

[cs; Foto: Alexander Hauk/ www.pixelio.de]