Eine Arbeit von Ursel Hirtz im Kunsthaus Zendscheid

Köln | Mit „Eine Art Leichtigkeit“ ist eine Ausstellung von Arbeiten von Ursel Hirtz, Ben Hirtz und Lydia Weber überschrieben, die das Kunsthaus Zendscheid noch bis Ende Juli zeigt. Die Ausstellung im kleinen Eifelort im Kylltal sehenswert und das Kunsthaus Zendscheid ein ganz besonderer Ort in einem ehemaligen Bauernhaus, das vor über 300 Jahren errichtet wurde. Andi Goral besuchte den Ort.

Das Kunsthaus Zendscheid

Wer Zendscheid von Köln aus erreichen will, der muss zunächst der Kyll folgen. Von Gerolstein in der Vulkaneifel geht es immer tiefer hinein in das ruhige Kylltal über Birresborn, Mürlenbach mit Betrada-Burg, Densborn und Usch. Dann links abbiegen über die Strecke der Eifelbahn* nach Zendscheid. Das liegt am Hang entlang der Kyll. Wer der Dorfstraße folgt, der sieht links ein altes Bauernhaus auftauchen an dessen First „Kunsthaus Zendscheid“ geschrieben steht. Das Haus an sich – auch ohne Kunst – schon sehenswert. Uralt, mehr als 300 Jahre haben Wände und Gebälk auf dem Buckel und nicht mit Rigips kaputtsaniert, sondern im alten Stil erhalten geblieben und liebevoll saniert. Holz bleibt Holz, kalkweiße Wände kontrastieren das dunkle Holz und den Steinboden mit Zementfließen. Es ist ein Haus, das nur noch der Kunst dient. Nur ein neues Fenster gestattet einen Einblick in einen der Ausstellungsräume. Die sich nach innen öffnenden und kleinen Fenster geben einen Blick frei auf sattes Hang-Grün. Neben dem Haus ein kleiner Bauerngarten.

Arbeiten von Ursel Hirtz

Ursel Hirtz, die Frau der Fäden

Es ist Vernissage und Menschen stehen vor dem Haus und diskutieren über das, was sie gerade sahen und hörten. Die kleinen Räume übervoll als Ursel Hirtz den Schöpfungsmythos der Pueblo-Indianer stark zusammenfasst und nacherzählt. Ursel Hirtz lebt Filigranität auf eine sehr eigene Art in ihren Erzählungen und ihren Skulpturen. Ihre Kunst webt sich in die Erzählung ihrer Geschichten ein, ohne diesen eine feste Struktur zu geben. Sie fertigt nicht gewebte Strukturen sondern schafft freie Strukturen mit den Ausgangsstoffen, etwa Fäden. Ihre Arbeiten sind Manifeste gegen unsere Industriekultur und finden zu ihrer eigenen Form. Diese kann sich verändern – muss sie aber nicht. So wie Ursel Hirtz, die Geschichtenerzählerin auch ihren Weg zur Erzählung findet. Besonders in den kleinen Räumen des Kunsthaus Zendscheid werden die Fadenskulpturen von Ursel Hirtz mit ihrer teils intensiven Farbigkeit besonders intensiv wahrnehmbar. Der Raum gibt ihnen Halt und in der Unglätte der Wände schöpfen die Arbeiten von Ursel Hirtz eine besondere Kraft und Spiritualität.

#Arbeiten von Ursel Hirtz

Bei der Vernissage spricht Ursel Hirtz über „Die Spinnenfrau“ und gleichzeitig über ihre Arbeit. Denn Fäden lassen sich nicht für immer fixieren, sondern bleiben immer in Bewegung. Hirtz: „Stich-tche-nako, die Spinnenfrau. Alle Bewegung geht von ihr aus, und aus der Bewegung entsteht alles.“ Ursel Hirtz hat Soziologie und Germanistik studiert, war in der Künstlersiedlung Weissenseifen und lernte bei Bildhauer Günter Mancke freikünstlerischen Arbeiten. Daneben ist sie Erzählerin und Märchentherapeutin und machte eine Ausbildung in „Aktiver Imagination“ am C.G. Jung Institut in Köln.

Die Arbeit von Benjamin Hirtz

Benjamin Hirtz und das helle, leuchtende Blau

Benjamin Hirtz ist der Mann von Ursel Hirtz. Seine Art des Umgangs mit Bewegung ist eine völlig andere, aber auch seine Arbeiten im Kunsthaus Zendscheid haben etwas mit Bewegung zu tun. Es sind gefundene Äste, die der Künstler entrindet mit hellem Blau zum Leuchten bringt und in den Raum stellt oder besser formuliert, fließen lässt. Aus einer der Raumecken in den Boden, dort lassen sie einen Weg frei für die Besuchenden, kommen wieder hervor und fließen wieder in die andere Ecke des Raumes. Wir wissen nicht, wo der Anfang und das Ende sind, das lässt der Künstler offen. Hier liegt die Faszination der Arbeit von Ben Hirtz. Auf der einen Seite begrenzt er diese. Seine mehrfach blau gestrichenen Fundhölzer sind auf den Raum begrenzt in den er sie gestellt hat. Wer Phantasie entwickelt kann sie sich aber weiterdenken oder weiß nicht treten sie noch hinter dem Haus wieder aus der Wand aus und schlängeln sie sich den Berg hinauf? Der Kopf kann Unendlichkeit imaginieren. Zu den künstlich blau gefärbten Naturprodukten gesellt sich der typisch Eifelaner Naturstein, den Hirtz als Fundament seiner sich selbst tragenden Arbeit nutzt. Kein Nagel, kein Seil verbindet die Kunstruktion. Hirtz bringt alles mit in den Raum aus seiner Sammlung. In Kontrast steht dazu seine Schreitende, eine klassisch ikonografische auf geometrische Formen reduzierte Skulptur aus Beton. Ebenfalls blau gefärbt. Sie stammt aus einer früheren Schaffensphase von Ben Hirtz, der sich aus dieser strengen Formgebung löste.

Hirtz gewinnt an Leichtigkeit und Freiheit. Seine Arbeit emanzipiert sich zeigt den schöpferischen Prozess. Sie wird leichter, verliert ihre Schwere in der Formfindung, die bei der Schreitenden noch zu finden ist. So auch das kleine blaue Mikado-Spiel aus Naturstäbchen in amorpher Form. Ausstellungsbesuchende nutzen es. Ein wenig die Straße hinunter, hängen weitere blaue Skulpturen baumelnd im Wind in einem Baum. Auch sie sind von Ben Hirtz, der mit seiner Arbeit zum Entdecken einlädt und den Betrachtenden einräumt ihren eigenen Horizont zu seinen Arbeiten zu finden.

„Schreitende“ von Benjamin Hirtz

Er ist selbstständig in Kunst, Kultur, Handwerk oder Restauration. Auch er war in Weissenseifen bei Mancke und bei Klauer-Simonis. Als Schüler war er in Wien und Graz im Atelier von Josef Pillhofer und absolvierte in Remscheid eine Kunstpädagogische Zusatzausbildung.

Malerei von Lydia Weber

Lydia Weber inspiriert in der Natur

Lydia Weber kuratiert die Ausstellungen im Kunsthaus Zendscheid und zeigt in der Ausstellung „Eine Art Leichtigkeit“ zudem ihre eigenen Arbeiten. Es ist Malerei. In ihrer Leichtigkeit mit der Weber Stimmungen einfängt, erinnern ihre Bilder an die Arbeit der Impressionisten. Dabei betreibt Weber keine Pleinair Malerei und stellt ihre Staffelei in die Natur und den Garten. Sie nimmt ihre Eindrücke und Stimmungen aus der Natur mit in ihr Atelier und setzt dort frei visualisierend ihre aus ihrem Innersten inspirierten meist floral anmutenden Stimmungen in Malerei um. Die Malerin sagt: „Im Garten denke ich an mein Atelier und im Atelier an meinen Garten.“ Lydia Weber ist inspiriert in der Natur und setzt diese inneren Bilder frei um.

300 Jahre alt ist das Haus in dem heute Kunst gezeigt wird.

Das Kunsthaus Zendscheid

Seit 9 Jahren gibt es nun das Kunsthaus Zendscheid. Nur im Sommer gibt es Ausstellungen. Zu sehen gibt es moderne zeitgenössische Kunst. Weber sucht nach dem Besonderen für Ausstellungen im Kunsthaus Zendscheid. Es bot sich an das Haus für Ausstellungen zu nutzen: Immer mehr Künstler:innen ziehen und zogen von der Stadt aufs Land und finden hier einen Ort ihre Arbeiten zu präsentieren. Die Künstler:innen, die im Kunsthaus Zendscheid ausstellen, kommen aber nicht nur aus der Region Eifel, sondern auch aus dem nahen Luxemburg oder sogar aus Düsseldorf. Das Haus selbst ist mehr als 300 Jahre alt und an sich eine Sehenswürdigkeit. Unter den rund 50 Gästen der Vernissage war auch die Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Bitburger Land Janine Fischer.


Arbeiten von Lydia Weber und Ursel Hirtz

„Eine Art Leichtigkeit“
Ursel Hirtz, Ben Hirtz, Lydia Weber
Kunsthaus Zendscheid
2. bis 30. Juli 2023
Öffnungszeiten: Samstag und Sonntag. 13 bis 17 Uhr
Dorfstraße 20
54655 Zendscheid
0151.40747679
www.kunsthaus-zendscheid.de

*Die Eifelbahn ist nach den verheerenden Unwettern im Juli 2021 immer noch zwischen Kall und Gerolstein durch einen Schienenersatzverkehr gestört. Zwischen Gerolstein und Trier fahren die Züge wieder. Die Haltestelle ist Usch.


Aktuell gibt es im nahen Kyllburg noch die Kunstroute zu sehen. Den Bericht zur Kunstroute Kyllburg finden Sie hier bei report-K.de: