Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) untersucht derzeit in einer Studie die Unterbringung von Kindern in LVR-Heimen in den 70er Jahren.  So soll die Studie etwa klären, ob Arbeit als Erziehungsmittel missbraucht und Entgelte für geleistete Arbeit vorenthalten oder Rentenbeiträge nicht abgeführt wurden. Überdies prüft die Studie, ob unnötig harte oder entwürdigende Strafen üblich waren und ob es im Sinne von Einzelverfehlungen zu Misshandlungen oder anderen Straftaten kam. Ziel des LVR ist es dabei, zu einer angemessenen Selbstkritik zu finden. Die 185.000 Euro teure Studie soll bis zum April 2010 fertig gestellt werden.

Rund 1.000 Kinder waren jährlich in den Heimen
Obschon die Ergebnisse der Studie noch nicht vorliegen, hat das höchste politische Gremium des LVR, die Landschaftsversammlung Rheinland, nun einstimmig eine Resolution zum Thema "Ehemalige Heimkinder" beschlossen. Die rheinischen Kommunalpolitikerinnen und -Politiker drücken in der Resolution ihr "tiefstes Bedauern" aus und die Versammlung "entschuldigt sich bei allen ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohnern, die körperliche und psychische Demütigungen erlitten haben". Weiter wird erklärt, dass die "Landschaftsversammlung Rheinland sich weiterhin offensiv mit diesem Kapitel seiner Vergangenheit auseinandersetzen" wird. In der fraglichen Zeit war der LVR Träger von sechs Landesjugendheimen: Erlenhof (Euskirchen), Fichtenhain (Krefeld), Halfeshof (Solingen), Dansweiler Hof (Freimersdorf, später Abtshof Hennef), Haus Hall (Ratheim) sowie Viersen. Die Belegungszahlen beliefen sich auf jährlich rund 1.000 Kinder und Jugendliche. Ab 1961 war der LVR zudem für die Heimaufsicht im Rheinland zuständig.

Entschädigungsfond für "Heimkinder"?
Michael Mertens, LVR-Dezernent für Schule und Jugend, richtet seinen Blick in die Zukunft: "Ich begrüße diese eindeutige Positionierung unserer politischen Vertretung. Neben diesem symbolischen Akt werden wir nach Abschluss der Studie über die Frage eines Entschädigungsfonds beraten. Außerdem besteht die Idee, eine Gedenkstätte in Zusammenarbeit mit Betroffenen oder ihren Interessenverbänden einzurichten." Zur Situation von Kindern und Jugendlichen in stationären Jugendhilfeeinrichtungen heute führt Mertens aus: "Durch die Heimaufsicht, über die fortlaufende Hilfeplanung der örtlichen Jugendämter und über das Einbeziehen der Erziehungsberechtigten ist heute für Transparenz gesorgt. Über das Wohlergehen der Kinder und Jugendlichen wachen sozusagen mehrere Anwälte. Aktuell erwägen wir zudem die Einrichtung von Ombudspersonen in der Jugendhilfe."

Wo möglich, möchte der LVR bereits vor Fertigstellung der Studie zu helfen und hat daher für ehemalige "Heimkinder" aus den genannten Einrichtungen eine Hotline eingerichtet. Sie ist montags von 10 bis 14 Uhr, mittwochs von 13 bis 17 Uhr und freitags von 8 bis 12 Uhr unter der Telefonnummer 0221 – 809 – 4001 zu erreichen.

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