Um Mitternacht in der Nacht von Freitag auf Samstag befinden sich rund sechs Personen, so weit aus der Ferne zu erkennen, auf dem Dach der ehemaligen Werkhalle. Die liegt nahe an der Bahntrasse und rund 50 bis 100 Meter von der Deutz-Mülheimer Straße entfernt. Die ist von der Kölner Polizei komplett abgeriegelt, mehrere Streifenwagen sind vor Ort. Eigentlich passiert in der Nacht von Freitag auf Samstag gar nichts. Zwar war der Werkschutz der Deutz AG vor Ort, aber ein Vertreter des Unternehmens zumindest bis Mitternacht nicht erreichbar. Die Besetzung der Halle muss gegen 22:00 Uhr erfolgt sein. Streifenbeamte der Kölner Polizei stehen auf der Deutz-Mülheimer Straße können auch nicht gegen die Menschen auf dem Dach vorgehen, da ein Strafantrag des Besitzers, also der Deutz AG nötig ist.

An der Gaußstraße sitzt hinter der Absperrung ein Beamter der Kölner Polizei breitbeinig auf der Motorhaube seines Dienstwagen mit gezücktem Schlagstock und spielt mit diesem. Er blickt grimmig über die Absperrungen. Vor der Absperrung hat sich eine Gruppe junger Menschen auf der anderen Straßenseite um einen Mülleimer gruppiert, man spricht, raucht und trinkt miteinander. Es handelt sich um Unterstützer der von der Polizei mittlerweile Eingeschlossenen. Die Situation wirkt ruhig, ein paar jugendliche Gaffer aus der Stegerwaldsiedlung feixen und machen sich über die Situation lustig. Die Kölner Polizei erklärt die Sperrung der Deutz-Mülheimer Straße so: "Zum Freihalten von Rettungswegen hat die Polizei mehrere Absperrpunkte im Bereich der Deutz-Mülheimer Straße eingerichtet."

Report-k.de erreichte eine Stellungnahme der Besetzer: "Seit gestern Abend haben wir ein leerstehendes Gebäude der Deutz-Werke in der Deutz-Mülheimer-Str. in Köln-Mülheim besetzt, um dort einen Wohn- und Lebensraum für ein neues Kollektiv zu schaffen. Gemeinsam mit zahlreichen Unterstützer_innen sind wir gestern abend um ca. 20 Uhr in das Gebäude eingezogen und haben mit den ersten Instandsetzungsarbeiten begonnen. Bereits nach kurzer Zeit eilte eine große Zahl Polizeiwagen herbei und umstellte das Areal, kontrollierte Passant_innen und ging mit Hunden, Schlagstöcken und Pfefferspray bewaffnet gegen Unterstützer_innen der Besetzung vor."

Samstag Abend verlassen 18 Personen das Gelände freiwillig
Am Samstag Abend gegen 19 Uhr verließen 18 Menschen das Gelände, erklärte die Polizei und notiert dazu: "Gegen 19 Uhr verließen die "Besetzer" freiwillig das Gebäude. Alle 18 Personen wurden kontrolliert und überprüft. Zum Teil hatten sie Reizgassprühgeräte dabei. Nach Identitätsfeststellung unter Beteiligung des polizeilichen Staatsschutzes wurden sie wieder aus dem Polizeigewahrsam entlassen. Zum Motiv machten sie bislang keine Angaben. Nach den bislang vorliegenden Erkenntnissen ist ein Zusammenhang zu dem "Autonomen Zentrum" in Köln-Kalk wahrscheinlich. Bei der Durchsuchung der Lagerhalle wurde Benzin und Pyrotechnik aufgefunden." Die Polizei erklärt zudem, dass ein Verantwortlicher der Deutz AG Strafantrag unter anderem wegen Hausfriedensbruch gestellt habe und die 18 Personen jetzt mit einem Strafverfahren rechnen müssen.

Die Besetzer erklären über eine Sprecherin, dass die Polizeibehauptung dass Steine und Flaschen geworfen worden seien falsch sei. Man kritisiert auch die Sperrung der Deutz-Mülheimer Straße, sowie dass die Menschen die sich in dem Gebäude befunden hatten weder mit Wasser noch mit Lebensmitteln versorgt werden durften. Auch sei den Eingeschlossen somit die Kommunikation mit der Öffentlichkeit versagt worden. Weiter heißt es in einem Schreiben: "Die Polizei ist wieder einmal übereifrig den abstrakten Intressen des Kapitals zu dienen. Wenn wir uns durch die Besetzung ein Haus genommen haben, dann um darin zu leben und zu arbeiten und es nicht leerstehen und verotten zu lassen. Wir sehen darin keine Straftat, sondern einen Akt der kollektiven Selbsthilfe gegen Armut, Erwerbs-, Obdach-, und Perspektivlosigkeit im Kapitalismus."

[ag]