17:00 Uhr > Innenminister streben neues NPD-Verbotsverfahren an
Die Innenminister von Bund und Ländern streben ein Verbot der NPD an. Sie beschlossen am Freitag auf ihrer Konferenz in Wiesbaden die konkrete Prüfung eines neuen Verbotsverfahrens. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) erklärte, eine Bund-Länder Arbeitsgruppe werde nun damit beauftragt, Material zusammenzustellen, das ein Verbot ermöglichen solle. Man sei sich einig, dass die NPD danach strebe, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beseitigen, erklärte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz und hessische Ressortchef, Boris Rhein (CDU). Die Ideologie der Partei sei "menschenverachtend, demokratiefeindlich und antisemitisch", heißt es in der Abschlusserklärung der Konferenz. Nach dem Bekanntwerden der Mordserie durch die rechtsextreme Zwickauer Terrorzelle war in Deutschland die Debatte über ein neues NPD-Verbotsverfahren wieder entbrannt. Ein erster NPD-Verbotsantrag von Regierung, Bundestag und Bundesrat war im Jahr 2003 vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert. Die Richter äußerten sich damals kritisch über die massive Unterwanderung der NPD durch V-Leute der diversen Verfassungsschutzbehörden.

15:45 Uhr > NRW-Innenminister will NPD-Verbot
"Wir sind uns einig: Die NPD ist eine verfassungsfeindliche Partei. Sie bereitet den Boden für braune Gewalt. Ihre Ideologie ist menschenverachtend, fremdenfeindlich und antidemokratisch. Demokratie muss Vieles aushalten können. Aber jetzt ist eine Grenze erreicht. Deshalb muss das Verbot dieser Partei das Ziel sein“, erklärte heute NRW-Innenminister Ralf Jäger. Allerdings müssten Bund und Länder vorher prüfen, dass das Verbot noch noch einmal vor dem Bundesverfassungsgericht scheitere. Dafür will Jäger notfalls auch einem Abzug aller V-Leute des Verfassungsschutzes zustimmen.

Jäger forderte zudem mehr Tempo bei den Entscheidungen für eine verbesserte Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden. „Die von Bundesinnenminister Friedrich vorgeschlagene gemeinsame Datei von Polizeien und Nachrichtendiensten bietet diese Möglichkeit nicht im notwendigen Umfang. Dass sich nun die Bundesjustizministerin selbst gegen eine solche Lösung auf kleinstem Nenner sträubt, zeigt, wie erschreckend handlungsunfähig die Bundesregierung im Kampf gegen den Rechtsterrorismus derzeit ist“, sagte der Innenminister. Zudem rief Jäger den Bund auf, gemeinsam mit den Ländern in einem zweiten Schritt dafür zu sorgen, dass auch die Polizeibehörden schnell vorhandene Erkenntnisse über Netzwerkstrukturen anfragen können. Dies müsse rechtlich sauber geschehen.

Morde waren im Westen bekannt
Die mutmaßlichen Mörder der Zwickauer Terrorzelle sollen im Westen Unterstützer gehabt haben. Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung". Der Ermittlungseinheit "Trio", die zehn Morde und zwei Sprengstoffanschläge aufklären soll, liege demnach die Zeugenaussage eines Rechtsradikalen vor, der nach eigenen Angaben in einem Fall mit Kameraden aus dem Westen Örtlichkeiten für einen Mord ausspioniert haben will. Er sei aber, bevor das Anschlagsziel festgelegt worden sei, abgesprungen. Kurz darauf sei ein türkischer Kleinunternehmer von den Terroristen erschossen worden. Seiner Darstellung zufolge ist das Trio aus dem Osten bei der harten rechtsextremistischen Szene im Westen bekannt gewesen. Man habe gewusst, dass die Killer hinter den Morden an acht türkischen und einem griechischen Kleinunternehmer steckten.

Der Mann, dessen Identität von den Behörden geschützt werde, könne selbst nicht wegen Unterstützung der Terroristen strafrechtlich belangt werden. "Seine Tat wäre jetzt verjährt", sagte ein Ermittler der Zeitung. Der Unbekannte sei bislang der einzige Rechtsradikale, der sich im Rahmen der in der vorigen Woche ausgelösten Öffentlichkeitsfahndung bei den Behörden gemeldet und wesentliche Angaben gemacht hat. Nach Darstellung von Ermittlern decken sich seine Angaben mit vorläufigen Ermittlungsergebnissen. Es gebe Indizien für eine Zusammenarbeit zwischen dem in Jena 1998 untergetauchten Trio und Kameraden aus dem Westen. "Ein Beweis" sei das "alles noch nicht", betonte der Fahnder, aber die These von einer Zusammenarbeit sei "mehr als nur eine Hypothese". "Wir ermitteln jetzt verstärkt in diese Richtung." Die Gruppe sei offenkundig bekannt gewesen und die Morde seien akzeptiert worden: "Möglicherweise wurden die auch als Helden gefeiert."

Nach Feststellungen der Ermittler haben die Mitglieder der Zwickauer Terrorzelle auch Kameraden vom rechten Rand mit Geld gesponsert. Das Geld stammte aus mindestens 14 Banküberfällen im Osten. Zwischen 1999 und 2011 sollen die Terroristen insgesamt 600.000 Euro erbeutet haben. Nach Feststellungen der Fahnder gab es insbesondere zwischen der militanten Szene in Franken und den Neonazis in Thüringen enge Verbindungen. "Die Achse Thüringen-Nürnberg war sehr stabil", sagte ein Ermittler. Auch hätten alte Unterlagen des Verfassungsschutzes die Ermittler auf neue Spuren gebracht. "Wenn wir das Material von Polizei und Verfassungsschutz zusammenbringen, bekommen wir ein völlig neues Bild."

Union und SPD drängen auf Neonazi-Verbunddatei
Union und SPD haben den Druck auf Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) erhöht, damit sie ihre Bedenken gegen die Einrichtung einer Verbunddatei über gewaltbereite Rechtsextremisten aufgibt. "Die Bundesjustizministerin ist gut beraten, den Ernst der Lage zu erkennen und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen", sagte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), der "Mitteldeutschen Zeitung" (Freitag-Ausgabe). "Denn wir haben ein Defizit in unserer föderalen Sicherheitsarchitektur. Und dieses Defizit muss durch eine Verbunddatei überwunden werden, damit die Gefährlichkeit von Rechtsextremisten bei allen zuständigen Sicherheitsbehörden ankommt. Das ist die Aufgabenstellung. Der sollte sich Frau Leutheusser-Schnarrenberger stellen. Sie sollte sich nicht dagegen stellen."

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, bot Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) "sofortige Gespräche an – in Sachen Verbunddatei und auch bei anderen Themen". Er erklärte der "Mitteldeutschen Zeitung": Wenn es mit denen (also der FDP) nicht geht, dann sollen sie es halt mit uns machen." Im Zweifel könne die erste Lesung des entsprechenden Gesetzes noch vor Weihnachten stattfinden. Hartmann zufolge sendet die Ministerin "ein erbärmliches Signal. Wenn die FDP glaubt, so ihren Niedergang aufhalten zu können, dann irrt sie sich. Auch FDP-Wähler wollen einen entschlossenen Kampf gegen Rechts und kein Herumeiern. Der Staat muss jetzt schnell handeln."

Friedrich möchte eine Verbunddatei, in der die Informationen aller Sicherheitsbehörden zusammengefasst werden. Leutheusser-Schnarrenberger will diese Datei jedoch nur mit starken Einschränkungen akzeptieren. So sollen darin ausschließlich Informationen enthalten sein, die in einem Zusammenhang mit den Aktivitäten der Terrorgruppe von Zwickau stehen. Auch will sie bloß "gewalttätige" Rechtsextremisten speichern – nicht "gewaltbereite". Schließlich lehnt die FDP-Politikerin die Verlängerung der Speicherfristen ab.

[dts]