Köln | Für Werner Jung ist es fast Routine: Schon wieder kann der Direktor des NS-Dokumentationszentrums einen Besucherrekord vermelden – den 16. hintereinander. 89.212 Menschen besuchten im vorigen Jahr das EL-DE-Haus, 10 Prozent mehr als 2016. Gegenüber Jungs Amtsantritt im Jahr 2002 gar eine Steigerung von 350 Prozent.

Unter anderem sieben Sonderausstellungen trugen zur gestiegenen Besucherzahl bei. Das größte Interesse fand zu Jahresbeginn „Jugend im Gleichschritt?“ über die Hitlerjugend. Als Wanderausstellung vom NS-Dok konzipiert, ist sie schon im Jahr 2019 ausgebucht, auch für 2020 liegen schon Anfragen vor. Und wer das Haus besucht, nimmt sich Zeit, hat Jung beobachtet. Das gelte selbst für Veranstaltungen wie die „Lange Nacht der Museen“, die sonst von „Museums-Hopping“ geprägt seien.

Audioguides bieten fünf Stunden Programm in acht Sprachen

Relativ gleich blieb die Zahl der 2.200 Führungen und der 205 Veranstaltungen – Musik, Lesungen, Vorträge, Theater. Antisemitismus und Salafismus sollen verstärkt zum Thema werden. Viele Besucher kommen aus dem Ausland – eine differenzierte Statistik wird hier allerdings nicht geführt. Tendenzen lassen sich aus den Ausleihen des Audioguides ableiten, der in acht Sprachen angeboten wird und ein 5-Stunden-Programm bietet. Danach war Englisch meistgefragt (5.851, 2016: 3.772), gefolgt von Spanisch (2.093/1.36), Französisch (692/501) und Niederländisch (617/390). Um die Nachfrage zu befriedigen, wurde der Bestand von 49 auf 80 erhöht.

Einen ersten sprunghaften Anstieg der Besucherzahl gab es 2014, als neue Ausstellungsräume und das „Pädagogische Zentrum“ eröffnet werden konnten. Mit einer ähnlichen Steigerung rechnet Jung für 2020. Dann sollen auf der 3. und 4. Etage neue Schulungsräume, Büros für die Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus (ibs) und Räume für die Bibliothek eingerichtet sein. Bis Ende dieses Jahres werden die derzeit noch vom Personalrat und dem Rechtsamt der Stadt genutzten Etagen geräumt werden. Ein Ratsbeschluss hatte den Weg zur Erweiterung des NS-Doks zum „Haus der Erinnerung und Demokratie“ frei gemacht.

Museumsdirektor hat nichts gegen Pflichtbesuche

Mit dem Besuch Kölner Schulen ist Jung relativ zufrieden, sie machen etwas weniger als die Hälfte der Gruppenbesuche aus. „Im Laufe der Jahre war jede schon einmal hier“, sagt er diplomatisch und ergänzt: „Wir haben auch nur begrenzte Kapazitäten für Gruppenführungen.“. Gegen eine Pflichtbesuch, wie ihn etwa die Berliner Staatssekretärin Sawasan Cheblier für KZ-Gedenkstätten vorgeschlagen hat, hat er im Übrigen nichts einzuwenden. Mathematik etwa sei ja auch ein Pflichtfach. Und die Behauptung, Jugendliche hätten kein Interesse, kann er nicht nachvollziehen: „Man muss den Besuch eben interessant gestalten. Bei uns hat sich noch kein Schüler gelangweilt.“.

Autor: ehu