Düsseldorf | Die Blutprobe zum Nachweis der Trunkenheit am Steuer soll nach dem Willen der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) fast komplett abgeschafft werden. „Wir können 80 bis 90 Prozent der Blutproben sparen“, sagte der nordrhein-westfälische DPolG-Landesvorsitzende Erich Rettinghaus im Interview der Nachrichtenagentur dapd. Es sei wissenschaftlich belegt, dass Atemalkoholgeräte ebenso genaue Werte lieferten wie die Blutprobe. Das Justizministerium lehnte den Vorstoß strikt ab. Die Trefferwahrscheinlichkeit bei der Atemalkoholmessung liege bei 95 Prozent, sagte ein Sprecher. „Das ist für uns zu wenig.“

Nach Angaben von Rettinghaus wurden 2011 in Nordrhein-Westfalen bei Verkehrsdelikten unter Alkoholeinfluss 13.300 Blutproben genommen, bundesweit waren es 77.500. „Die Blutproben kosten auch Geld“, sagte der DPolG-Vorsitzende. Labore und Ärzte müssten bezahlt werden. Die Ermittlungen würden durch Blutproben erschwert. „Die Blutprobe kann nur ein Richter anordnen“, sagte Rettinghaus. Außerdem müssten Polizisten oft stundenlang auf den bestellten Arzt warten. Bis zum Laborergebnis vergingen teils Wochen. „Eine Atemalkoholmessung ist dagegen in 20 Minuten erledigt.“

Das Justizministerium widersprach dieser Ansicht. „Eine Zeitersparnis wäre für die Polizei nicht gegeben“, sagte ein Ministeriumssprecher. Im Gerichtsverfahren könne das wissenschaftliche Ergebnis der Blutuntersuchung einfach verlesen werden. Beim Atemalkoholtest sei dies nicht möglich, da die Geräte keinen Ausdruck anfertigen könnten. Bei jedem Prozess müsse der beteiligte Polizist persönlich aussagen.

Blutprobe bei schweren Verbrechen

Rettinghaus betonte: „Wir wollen nicht die Blutprobe insgesamt abschaffen.“ Für gewisse Fälle müsse die Maßnahme erhalten bleiben. Bei eindeutigen Verkehrsdelikten reiche der Atemalkoholtest aus. Bei schweren Verbrechen sei die Blutprobe aber weiterhin nötig, um den exakten Alkoholwert auch Stunden nach der Tat ermitteln zu können. Anhand des Alkoholpegels werde unter Umständen die Schuldfähigkeit bewertet.

Bei Verkehrsdelikten muss laut Rettinghaus in der Regel ab 1,1 Promille eine Blutprobe angeordnet werden. Das ist die Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit. Rettinghaus verwies auf die Vorgehensweise in Österreich. Wenn ein Verdächtiger die Atemalkoholmessung verweigere, werde er automatisch mit der vollen Strafe belangt. In Deutschland wäre die Konsequenz eine Anordnung der Blutprobe – notfalls per Zwang. Der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit wäre bei einem Atemalkoholtest viel geringer.

Autor: Fabian Wahl, dapd