Das Mahnmal "Völkermord erinnern" am 23. Mai 2023 am Kurt-Rossa-Platz in der Kölner Innenstadt. | Foto: Bopp

Köln | aktualisiert | Neben dem Reiterstandbild von Kaiser Wilhelm II steht ein Mahnmal, dass an den Genozid am armenischen Volk erinnert. Mit dem Thema befasste sich die Bezirksvertretung (BV) Innenstadt und fasste einen Beschluss. Die Initiative „Völkermord erinnern“ berichtet nun von einem Ultimatum der städtischen Ordnungsbehörden das Mahnmal heute Abend bis 22 Uhr abzubauen. Um 18 Uhr gibt es eine Protestveranstaltung am Kurt-Rossa-Platz. Mittlerweile meldeten sich die Kölner Grünen zu Wort und sprechen von einer Farce.

Der Beschluss der Bezirksvertretung Innenstadt im März dieses Jahres wurde von Teilen der Kölner Politik als Durchbruch gesehen, sich konstruktiv mit dem Mahnmal „Völkermord erinnern“ auseinanderzusetzen, um das es seit Jahren Debatten und Streit gibt. Report-K berichtete:

Klage gegen Stadt Köln eingereicht

Jetzt reichte der Verein „Völkermord erinnern“ nach eigenen Angaben Klage beim Verwaltungsgericht Köln ein. Beklagte ist das Ordnungsamt der Stadt Köln. Dieses habe den Verein aufgefordert das Mahnmal „Dieser Schmerz betrifft uns alle“ bis zum 24. Mai 22 Uhr vom Kurt-Rossa-Platz zu entfernen.

Die Initiative klagt zudem auf eine Verlängerung der Sondernutzungserlaubnis bis mindestens zum 24. April 2024, beziehungsweise der drei möglichen Jahre. Die Klage wirft dem Ordnungsamt der Stadt Köln vor, keine Begründung zu liefern, warum es der Ansicht sei, dass das öffentliche Gedenken an den Völkermord an den Armeniern auf einen Monat zu begrenzen sei. Die Initiative spricht von einem Schlag ins Gesicht für die Nachfahren der Opfer des Genozids.

Fahrradweg als Begründung

Das Ordnungsamt führe einen geplanten Fahrradweg über die Hohenzollernbrücke an, der eine längere Aufstellung unmöglich mache. Dem hält die Initiative entgegen, dass die städtische Verwaltung selbst eine Sitzinstallation in der Flucht des neuen Radweges fest verankert habe. Diese sei größer als das Mahnmal. Die Initiative kommt zu dem Schluss: „Es fehlt anscheinend noch immer am politischen Willen der Stadtspitze, das von der zuständigen Bezirksvertretung Innenstadt gewollte Mahnmal nun endlich stehen zu lassen und diesen Ort der Trauer, des Gedenkens und der Erinnerung zu respektieren.“

Das sagt die Initiative

„Das Mahnmal steht nunmehr seit einem Monat mit offizieller Erlaubnis an der Hohenzollernbrücke. Die zuständige Bezirksvertretung Innenstadt hatte sich dafür ausgesprochen, das Mahnmal bis zum 24. April nächsten Jahres stehen zu lassen. Dieser Forderung hatte sich die Kreismitgliederversammlung der Kölner Grünen am 15. Mai einstimmig angeschlossen. Dennoch lehnte die Amtsleiterin Integration und Vielfalt in einem Gespräch am 19. Mai einen Antrag der Initiative „Völkermord Erinnern“ ab, die bis zum 24. Mai befristete Sondernutzungserlaubnis zu verlängern. Die Verwaltung habe das so beschlossen. Eine schriftliche Ablehnung des Antrags liegt bisher nicht vor. Einzige, bislang nur mündlich vorgetragene Begründung: Die Hohenzollernbrücke solle um einen elf Meter breiten Fuß- und Radweg erweitert werden. Da störe das Mahnmal. Das ist bislang der Gipfel der an absurden Begründungen nicht armen Blockadehaltung der Verwaltung. Wir werden uns einer derartigen Verhinderungstaktik nicht beugen, sondern das Mahnmal und mit ihm diesen Ort des Gedenkens, der Trauer und der Mahnung erhalten. Um das zu erreichen, werden wir auch den Rechtsweg beschreiten.“

Kölner Grüne sprechen von einer Farce

Die am Mittwoch bevorstehende Räumung des Mahnmals für den Genozid an den Armenier*innen ist ein unwürdiger Umgang mit dem Anliegen Hunderter Nachfahren der Opfer, stellen die Kölner Grünen fest und kritisieren gleichzeitig die Stadtverwaltung: Die Verwaltung hätte nach jahrelangem Hin und Her die Möglichkeit gehabt, eine Sondernutzungserlaubnis für ein Jahr auszustellen und ein angemessenes Erinnern zu ermöglichen. Sie sollte nun zügig in den Austausch eintreten, um angesichts der hohen Sensibilität des Themas schnell eine einvernehmliche Lösung zu finden.

Die Vorsitzende der Kölner Grünen, Katja Trompeter, in einem schriftlichen Statement: „Wir Kölner Grüne sind solidarisch mit den Armenier*innen in Köln und unterstützen ein dauerhaftes Mahnmal an einem prominenten Ort in der Stadt zur Erinnerung an die Verbrechen des Osmanischen Reichs. Wir appellieren an die Verwaltung, den durch den Beschluss der Bezirksvertretung Innenstadt flankierten Dialog fortzusetzen und zeitnah zu einer einvernehmlichen und dauerhaften Lösung zu kommen.“

Willi Harz, Kreiskassierer der Kölner Grünen ergänzt schriftlich: „Die Verwaltung missachtet mit dem wiederholten Abbau den politischen Willen der Bezirksvertretung. So wird das Thema eine Farce, die dem Ansehen der Stadt schadet. Dass nun anscheinend ein Fuß- und Radweg, für den es noch gar keine Baugenehmigung gibt, als Abbau-Begründung herhalten muss, ist unzureichend.“

Das passierte damals

In den Jahren 1915/16 führte die türkische Armee einen Vernichtungsfeldzug gegen die christliche Minderheit der Armenier. Die geschätzte Opferzahl schwankt zwischen 800.000 und 1,5 Millionen. Am 2. Juni 2016 verabschiedete der Deutsche Bundestag mit breiter Mehrheit eine Resolution, die diesen Völkermord verurteilte und dabei auch die Mitverantwortung des Deutschen Reiches nannte und das wurde in diesen Jahren von Kaiser Wilhelm II repräsentiert. Dieses war damals der Verbündete der Türkei, deutsche Generäle wussten von den Greueltaten.

Protestkundgebung am 24. Mai, 18 Uhr
am Mahnmal „Völkermord erinnern“

Kurt-Rossa-Platz, Hohenzollernbrücke

ag