Das Pressefoto zeigt Ron Williams. Foto: Thomas Rauch/Pressefoto BB Promotion

„Mich fasziniert die Stärke dieser Frau“

Von Stephan Eppinger

Köln | Am 30. Dezember ist in der Kölner Philharmonie ab 20 Uhr die Show „Respect – a Tribute to Aretha Franklin“ zu Gast. Sie erzählt die Geschichte der „Queen of Soul“, die gleichermaßen von großem Leid und von großen Erfolgen weltweit geprägt war. Präsentiert werden an dem Abend auch die größten Hits des Musikstars wie „Respect“, „Natural Woman“ oder „Chain of Fools“. Entertainer Ron Williams führt als Moderator durch die Show. Wir haben mit ihm über Aretha Franklin und den Rassismus gegen schwarze Menschen in den USA aber auch in Europa gesprochen.

Was fasziniert Sie an Aretha Franklin?

Ron Williams: Mich fasziniert bei Aretha Franklin, dass eine Frau, die in ihrem Leben so viel Schlimmes ertragen musste, als Künstlerin diese Stärke und diese Ausstrahlung hatte. Mit ihrer unglaublichen Stimme hat sie die Menschen weltweit begeistert und Lieder wie „Respect“ haben viel bewegt. Sie haben den Menschen Mut gemacht. Beim „Rolling Stone“ wurde sie zur besten Sängerin aller Zeiten gekürt. In meiner Moderation in der Show versuche ich, dem Publikum einen Einblick in das Leben von Aretha Franklin zu geben. Nur so kann man sie als Künstlerin wirklich verstehen und erfährt, warum sie als Sängerin so authentisch war.

Aretha Franklin wuchs schon als Kind unter schwierigen Umständen auf.

Williams: Ihr Vater C.L. Franklin war in den USA ein sehr erfolgreicher Prediger und ging mit seiner Gospelshow auf Tour. Aretha war schon als Kind dabei. Aber ihr Vater war auch durch sein ausschweifendes Liebesleben bekannt. Ihre Mutter hat die Familie schon früh verlassen und Aretha wuchs bei ihrem Vater auf. Das hat sie sehr getroffen, da sie ein sehr enges Verhältnis zu ihrer Mutter hatte. Musikstars wie Mahalia Jackson haben Aretha mit großgezogen und weitere bekannte Musiker wie Clara Ward, Sam Cooke, Ray Charles oder Quincy Jones waren regelmäßig bei der Familie zu Gast. Sie haben schon früh die große musikalische Begabung von ihr erkannt und haben ihn ihr den großen Star schon als kleines Mädchen erkannt. Für ihre Enthaltsamkeit waren die bei der Tour mitreisenden Musiker nicht bekannt und so wurde Aretha bereits mit 12 Jahren das erste Mal schwanger und mit 14 bekam sie ihr zweites Kind. Mit gerade mal 19 Jahren wurde 1961 sie mit dem brutalen Zuhälter Ted White verheiratet, der auch ihr Manager wurde. Er hat sie wie Dreck behandelt. In der Zeit mit ihm sind auch bekannte Songs wie „Respect“ entstanden.

Diesen Respekt hat sie als Frau im Privatleben nicht bekommen.

Williams: Sie kannte Freude und Lust nur beim Sex. Zärtlichkeit und Wärme hat sie nie wirklich bekommen. Dagegen war brutale Misshandlung an der Tagesordnung. Dieses Defizit hat sie begleitet und hat auch dazu geführt, dass sie Essstörungen und ein Alkoholproblem bekommen hat. Ihre Männer waren alle aus einer bestimmten Gesellschaftsschicht in den 50er und 60er Jahren. Schwarze Männer, denen Rassismus entgegenschlug und die ihr Leben wegen ihrer Hautfarbe nicht so leben konnten, wie sie das wollten. Ihren Frust haben sie brutal an den Frauen ausgelassen.

Aretha Franklin hat mit ihren Liedern die amerikanische Bürgerrechtsbewegung beeinflusst. War sie ein politischer Mensch?

Williams: Nein, sie war kein politischer Mensch, aber sie hat mitbekommen, was in den USA los war und welchen Rassismus es dort gegen Schwarze gab. Sie kannte Martin Luther King gut. Mit 17 stand sie das erste Mal bei ihm auf der Bühne und sie hat auch bei seiner Beerdigung gesungen. Aretha war nicht unbedingt eine intellektuelle Künstlerin, sie lebte ein sehr einfaches und schlichtes Leben. Ihre große Liebe galt der Musik und ihre Wurzeln lagen im Gospel. Das hat sie durch ihr furchtbares Leben gerettet. Dabei war sie oft melancholisch, weil sie nie die wahre Liebe kennenlernen durfte. In ihrer Musik und ihrer Stimme spürt man eine große Authentizität. Wenn sie auf die Bühne kam und sang, bekamen die Menschen im Saal eine Gänsehaut. Privat war sie eher scheu und schüchtern. Dazu gibt es eine tolle Fernsehdokumentation aus dem Jahr 1972, dem Jahr, in dem auch ihr erfolgreichstes Album „Amazing Grace“ entstanden ist. Es war der Höhepunkt ihres Könnens.

Schwierige Verhältnisse haben das Leben vieler schwarzer Musiker bestimmt.

Williams: Viele erlebten den täglichen Rassismus in den USA und wuchsen in ärmlichen Verhältnissen auf. Das galt für James Brown genauso wie für die Supremes. Viele haben nur die Kirche und ihre Musik gehabt. Das macht die Musik aber so authentisch. Schon der Blues ist aus der Sklaverei entstanden. Daraus haben sie weitere Musikrichtungen wie der Jazz, der Soul und RnB entwickelt. Auch der Rap von heute hat hier seine Basis. Ich liebe diese Art von Musik, die mich schon als Teenager tief beeindruckt hat.

Als Künstler setzen Sie sich seit langem gegen Rassismus ein.

Williams: Wie jetzt bei der Show „Respect“ versuche ich dem Publikum die Geschichte schwarzen Lebens in den USA näherzubringen. Als ich als amerikanischer Soldat nach Deutschland kam, habe ich festgestellt, dass das dort weitgehend ignoriert wird bzw. dass die Menschen darüber nichts wussten. Niemand hat über das Leben der Schwarzen in den USA gesprochen, das bis heute durch Rassismus bestimmt ist. Ich habe da meine Nische gesehen und das Glück gehabt, bei Produktion wie „Have a Dream – die Martin-Luther-King-Story“, „Ray Charles Story – Play it again!“ oder „Endlich frei – die Nelson Mandela Story“ mitwirken zu können. In diese Reihe passt jetzt auch „Respect“, die Show zum Leben von Aretha Franklin, die auch Einblick in die Situation der Schwarzen in die USA gibt.

Mit der „Tour for Tolerance“ gehen Sie in deutsche Schulen.

Williams: Am Rande einer Talkshow hatte ich 2001 vor dem Hintergrund der Geschehnisse in Mölln und Rostock angeboten, in die Schulen zu gehen und dort über Rassismus und Fremdenfeindlichkeit offen zu sprechen. Danach gab es einen Anruf aus der Staatskanzlei in Mainz. Der damalige Ministerpräsident Kurt Beck, der heute ein guter Freund von mir ist, hat mich in seinem Bundesland in die Schulen eingeladen. Inzwischen war ich in mehr als 120 Schulen in ganz Deutschland.

Welche Erfahrungen haben Sie dort gemacht?

Williams: Es waren immer ganz offene Gespräche nur zwischen mir und den Schülern. Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund haben berichtet, wie ihnen Fremdenfeindlichkeit in ihrem Alltag begegnet. Damit haben auch sie viele ihrer Mitschüler überrascht. Darunter waren auch manche, die durch den Einfluss ihrer Familien selbst Menschen aus anderen Ländern skeptisch gegenüberstanden. So gab es oft auch kontroverse Diskussionen, die viel in den jungen Leuten bewirkt haben. Sie waren begeistert, dass es jemand gibt, mit dem sie so offen reden können.

Wo stehen wir heute beim Thema Rassismus?

Williams: In den USA gehört der Rassismus zur DNA der Menschen, er ist Teil der nationalen Identität. Bis heute müssen Menschen in den Staaten tagtäglich darunter leiden. Auch in anderen Ländern wie Großbritannien, Deutschland und der Schweiz habe ich das erlebt. Mir selbst passiert das durch meine Bekanntheit aus der Zeit im Fernsehen eher selten. Ich habe es aber zu Beginn meiner Karriere selbst oft erfahren müssen. Als junger Kabarettist wurde ich von einem Polizisten auf Schwäbisch massiv rassistisch beleidigt. Er dachte, ich verstehe ihn nicht. Ich habe mich beim Stuttgarter OB über ihn beschwert und er musste sich persönlich bei mir entschuldigen. Heute verstehe ich mich als Anwalt für die Menschen, die so etwas erleben müssen. Ich versuche hier immer wieder zu helfen und nutze dabei auch meine guten Kontakte zur Politik. Gleichzeit versuche ich durch meine Arbeit als Künstler aufzuklären und so die Situation zu verbessern.

„Respect – a Tribute to Aretha Franklin“, Kölner Philharmonie, 30. Dezember, 20 Uhr, Karten kosten ab 23.50 Euro. Kartentelefon: 0221/280280 oder online unter: www.koelner-philharmonie.de