Seit 25 Jahren Volkssitzung auf dem Neumarkt
Die Volkssitzung findet seit über 25 Jahren statt und wird von der KG Alt-Köllen ausgerichtet. Zwei Tage im Jahr feiern Jecken auf dem Kölner Neumarkt im Zelt. Samstag und Sonntag in den Nachmittagstunden. Jetzt wollen SPD und Grüne die weitere Durchführung der Veranstaltung verbieten unter anderem weil die Veranstaltung nicht das nötige Niveau habe und für schlechte Wohnqualität in der Stadt sorge. Regeln soll dies das neue Platzkonzept für die Kölner Innenstadt, das mit den Stimmen von SPD und Grünen im Kölner Rat im letzten Jahr beschlossen wurde. Unter anderem will man Zeltveranstaltungen völlig aus der Innenstadt verbannen, wenn alternative Lösungen in den Veranstaltungssälen der Stadt möglich sind. Diesen will Stadtdirektor Kahlen jetzt suchen. Klar wird an der Diskussion auch, dass es bei dem neuen Platzvergabekonzept auch um Klientelpolitik geht und dies von den Parteien so ausgelegt wird.

CDU: Volkssitzung muss auch weiterhin auf dem Neumarkt stattfinden!
Das im Dezember letzten Jahres von SPD und Grünen beschlossene Platzkonzept hat seinen ersten Test nicht bestanden und zeigt deutlich, wie realitätsfremd dieses Konzept ist. „Wenn eine Volkskarnevalssitzung im Herzen unserer Stadt seit 25 Jahren mit rd. 4.000 Besuchern pro Veranstaltung als Brauchtumssitzung stattfindet, um den Kölnerinnen und Kölnern und den vielen Besuchern von außerhalb bei moderaten Preisen zu ermöglichen, mit den Spitzenleuten des Kölner Karnevals zu feiern, so ist dies eine wunderbare Sache. Wenn aber eine solche Veranstaltung von SPD und Grünen untersagt werden soll, so ist dies für uns nicht hinnehmbar!“ so Fraktionsvorsitzender Winrich Granitzka.

Es gibt für eine solch erfolgreiche Veranstaltung kaum einen Alternativstandort, der so zentral und verkehrsgünstig gelegen ist. Außerdem handelt es sich bei der Zeltsitzung der K. G. Alt-Köllen vun 1883 e. V. um eine nonprofit Veranstaltung, bei der der Veranstalter die Überschüsse an soziale Zwecke wie beispielsweise die Kinderkrebsklinik der Universitätsklinik zu Köln spendet. Die ursprüngliche Beschlussvorlage des Oberbürgermeisters hätte die Volkskarnevalssitzung auch weiterhin auf dem Neumarkt zugelassen; erst der Änderungsantrag von SPD und Grünen in der Bezirksvertretung Innenstadt und im Ausschuss für Allgemeine Verwaltung und Rechtsfragen hat eine Genehmigung ausgeschlossen!

„Wir bedauern außerordentlich, dass diese Veranstaltung keine Berücksichtigung im Vergabekonzept für Veranstaltungen auf zentralen Innenstadtplätzen gefunden hat. Daher haben wir für die nächste Ratssitzung einen Antrag gestellt, um das Platzkonzept zu ändern, damit die Volkskarnevalssitzung auf dem Neumarkt im Interesse der Kölnerinnen Kölner auch zukünftig stattfinden kann“, stellt Fraktionsgeschäftsführer Josef Müller fest.
 
SPD-Fraktion: CDU versteht nicht, dass planvolles und verlässliches Stadtraum-Management für Kölns Zukunft wichtiger ist als (P)Fründe-Sicherung nach dem Motto "Haben wir immer schon so gemacht". "Bei der Diskussion des Platzkonzeptes hat die CDU nur um den Verbleib von zwei Veranstaltungen auf dem Neumarkt gekämpft: um die Rheinischen Immobilientage und um das Oktoberfest", stellt SPD-Fraktionsgeschäftsführer Michael Zimmermann mit Blick auf die Diskussion um den Verbleib der sogenannten Volkssitzung auf dem Neumarkt fest. Zimmermann: "Bei der Verabschiedung des Konzeptes hat die CDU sich dann enthalten, weil die CDU-Spitze sich im Neumarktzelt nicht mehr auf Dauer im bayrischen Lederkostüm auf die Schenkel klopfen kann. Die Volkssitzung war Herrn Granitzka in der Konzeptdiskussion nicht wichtig. Die hat er erst jetzt entdeckt. Das ist keine zielführende Stadtpolitik, das ist reiner Populismus!"
 
Aus Sicht der SPD-Fraktion ist das Politik vorgaukelnde Beschäftigungsmuster der CDU einfach und wiederholt sich ständig. Stufe eins: Nicht ernsthaft mit den Dingen befassen. Stufe zwei: Bei medialer Öffentlichkeit hochschrecken und amateurhaft losschwatzen. Stufe drei: Bei weiterer Nachfrage auf jeden Fall lauthals die SPD beschimpfen und die eigene Klientel bedienen. Stufe vier: Von Realität und Sachverstand eingeholt und vorgeführt werden. Stufe fünf: Sich unter weiterem Schimpfen aus der verlorenen Sachdebatte verabschieden. Stufe sechs: Siehe Stufe eins! Während der Session werden die Stufen sieben bis elf mit der Vergabe von Mützen und/oder Ehrenzeichen aufgefüllt.

Wir haben in diesem Diskussionsprozess, so SPD und Grüne um die Nutzung der Plätze immer wieder in allen Einzelfällen und auch unter Generalgesichtspunkten gefragt, welche Gründe zwingend jeweils für den Veranstaltungsort Innenstadt sprechen. Natürlich wurde und wird immer ins Feld geführt, dass die Innenstadt für Sponsoren der interessanteste Veranstaltungsort ist. Aber diesem Finanzinteresse von Veranstaltern steht eben das wichtige Interesse der Bevölkerung an hoher Wohnqualität vielfach entgegen. Das Platzkonzept hat den notwendigen Interessensausgleich hergestellt. Und dieser Ausgleich der Interessen sollte jedem Kommunalpolitiker wichtig sein, der die Innenstadt auch künftig als herausgehobenen "Veranstaltungsort" sehen möchte!

Kommentar: Die Regelungen zur Platzvergabe und die Diskussion um die Volkssitzung zeigen deutlich ein Problem auf. Wer an der Macht ist in Köln wird in Zukunft nach seinem Geschmack bestimmen, was, wann und wie Outdoor stattfindet. Denn er kann mit dem Platzkonzept bestimmen was Kultur ist und damit würdig dem Volke zu zeigen. Aber Geschmäcker sind verschieden. Ist es gut für Köln, wenn in Zukunft die Politik bestimmt was guter Geschmack ist und mit welchem Vorrecht reklamiert sie diesen für sich? Ist kulturelle Qualität dann gegeben, wenn sie meinen eigenen politischen Zielen dient? Und damit genehmigungsfähig. Hätte die SPD und die Grünen auch insistiert, wenn es eine "Volks-Stunksitzung" gewesen wäre?  Auch dort trinken manche zuviel, oder benehmen sich daneben. Die Politik und alle Parteien müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, Kultur für ihre Zwecke einspannen zu wollen. Dies hat die Politik immer wieder versucht, mal weniger erfolgreich, mal mehr. Denn das Argument die Wohnqualität am Neumarkt sei eingeschränkt, weil dort an zwei Tagen im Januar ein Zelt steht aus dem nachmittags Brings zu hören ist, ist schon sehr weit hergeholt. Ein bischen mehr Toleranz täte gut und ein Nachdenken über die Frage was Urbanität bedeutet und das zu Urbanität zwingend der Begriff Vielfalt gehört. Bei soviel Sorge um die Wohnqualität stellt man sich die Frage ob der Rat der Stadt Köln nicht bald den Antrag für Köln als erste Kurstadt Deutschlands mit dem Zusatz "Bad Köln" stellen sollte? [ag]

[ag; Quelle: SPD; CDU]