Köln | Die Zahl ist gigantisch. 162.678 Fälle im Bereich Kriminalität hat die Polizei Köln aufgenommen und 45 Prozent aufgeklärt. Dazu zählen auch die Fälle aus Leverkusen. Im Stadtgebiet Köln waren es 148.402, immerhin 1 Prozent weniger als im Vorjahr. Wie in Nordrhein-Westfalen ist ein Schwerpunkt der Wohnungseinbruch mit 5.755 Fällen und einer extrem schlechten Aufklärungsquote von nur sechs Prozent. Die Polizei begründet dies, durchaus plausibel mit international agierenden Tätern und den schwierigen Ermittlungen. Lesen Sie Details aus der Fallzahlstatistik der Kölner Polizei. Der Bezirksverband des Bundes Deutscher Kriminalbeamter Köln fordert eine personelle Verstärkung.

Eine besondere Herausforderung: Die reisenden Täter

Wie schwierig es ist Einbrecher zu fassen zeigt das Beispiel des so genannten „Nachttäters“. Es handelte sich um einen 49-Jährigen türkischstämmigen Mann, der eine Frau in Rumänien und ein Geschäft in Madrid hatte. Bei seinen Taten zu denen er unregelmäßig extra einreiste und die er immer zwischen 2 und 6 Uhr Morgens in Kölner Mehrfamilienhäusern verübte, hinterließ er keine Spuren. Er drang mit dem Kartentrick in nicht abgeschlossene Wohnungen ein und raubte Bargeld und elektronische Geräte wie Laptops und Smartphones. Nach seinem Raubzug ließ er immer die Wohnungstüren offen stehen. Einmal begegnete er sogar einem Opfer im Flur der Wohnung. Doch das Opfer verständigte nicht sofort die Polizei, sondern erst am nächsten Morgen. Von den gestohlenen Mobiltelefonen wurde ihm am Ende eines zum Verhängnis, denn seine Frau telefonierte am Köln Bonn Airport mit einem solchen. Die Fahnder mussten ihn wochenlang observieren, etwa das abgestellte und nur für die Taten verwendete Fahrzeug und können ihm jetzt 48 Wohnungseinbrüche nachweisen. Derzeit sitzt der Mann in Köln in Untersuchungshaft und schweigt. Die Fahnder sind sich sicher, dass er für mehr als diese 48 Taten verantwortlich ist.

Das Deliktfeld Wohnungseinbruch werde auch 2013 ein Schwerpunktthema für die Kölner Beamten bleiben, kündigte Polizeipräsident Albers an. Von den 5.012 Einbrüchen in Köln wurden rund 3.200 vollendet und 2.500 Täter scheiterten an der Sicherung des Hauses oder Wohnung. 69 Prozent der Täter kommen zumeist aus Osteuropa, speziell Serbien, aber auch Benelux, Frankreich oder Italien und sie agieren schnell und beweglich. Dabei stünden nicht mehr nur die Stadtviertel mit Gutsituierten im Fokus der Täter, sondern auch Mehrfamilienhäuser und Geschosswohnungen. Der Einbruch sei ein Massengeschäft geworden, bei dem die Täter möglichst rasch Beute machen wollen. 177 Straftäter konnte die Kölner Polizei 2012 auf frischer Tat ertappen. Hier sieht Polizeipräsident Albers auch eine Schlüsselrolle beim Bürger selbst. Wer Verdächtiges oder unbekannte Personen in seinem Umfeld bemerkt, die sich eigentümlich verhalten, der solle sofort die Polizei rufen. Dies habe nichts mit Denunziantentum zu tun, sondern sei oftmals die einzige Chance die reisenden Tätergruppen zu fassen zu bekommen. Die Polizei sei auch in der Lage bei ihren Ermittlungen die Guten von den Bösen zu trennen.

Ermittlungserfolge beim Taschendiebstahl

Die Zahl der Taschendiebstähle haben sich auf einem hohen Niveau stabilisiert. Zwar erreicht man nach 2005 nicht mehr den fünfstelligen Spitzenwert, aber mit 9.164 Fällen bleibt die Zahl hoch. Köln als Eventstadt stehe bei den europaweit agierendenTätergruppen fest im Kalender, etwa wenn die Weihnachtsmärkte, der CSD, der Karneval, oder die Kölner Lichter seien. 2012 habe man mit Ermittlerteams 543 Taschendiebe auf frischer Tat festnehmen können, dass seien 160 mehr als noch in 2011. Man spreche auch nicht mehr von Bagatelldelikten, denn durch das Klauen etwa von Smartphones läge die Schadenssumme in der Regel bei 250 Euro. Besondere Sorge bereitet den Beamten einen neue Tätergruppe aus Nordafrika, besonders Marokko, Algerien und Tunesien, die in der Kölner Altstadt, auf den Ringen oder im Kwartier Lateng rund um die Zülpicher Straße aktiv sei. Sie hätten sich auf Alkoholisierte konzentriert, die gezielt etwa angetanzt werden und denen dann dabei Geldbörse oder Mobiltelefon entwendet werde.

„Das Auto ist kein Tresor“

Stabilisert mit hohen Werten haben sich auch die Fallzahlen bei „Diebstahl an/aus KFZ“. 12.429 Strafanzeigen fertigte man 2012. Auch hier vermeldet man eine steigende Zahl von Festnahmen: Waren es 2011 noch 150, so sind es 2012 jetzt 170. Senken konnte man durch gemeinsame Maßnahmen die vor allem von drogenabhängigen Tätern verübten Straftaten in den Parkhäusern der Innenstadt. Hier zeigt die Videoüberwachung Wirkung. Hier mahnt die Polizei auch die Besitzer: „Das Auto ist kein Tresor“. Die Fallzahlen bei den komplett entwendeten Fahrzeugen hat abgenommen.

Mehr Raubüberfälle – mehr Trickdiebstahl

Wenn neue Smartphones auf den Markt kommen ziehen die Raubüberfälle an, so die Kölner Polizei. Auch hier meldet die Polizei mehr Festnahmen auf frischer Tat, 234 statt 160 in 2011. Dem Straßenraub will man auch in Zukunft durch sehr schnelle Reaktionszeiten begegnen. 2012 hat es in Köln 110 Fälle mehr gegeben, insgesamt 1.853 und damit nähert man sich dem Spitzenwert aus 2007. Rückläufig, auch hier dank Videotechnik, seien die Überfälle auf Geschäfte, Zahlstellen, Spielhallen und Tankstellen. Durch die schnelle, auch durch die Medien veröffentlichten Bilder seien die Täter abgeschreckt. Allerdings macht der Trickdiebstahl bei älteren Menschen der Polizei Sorge. Hier seien aktuell erschreckend ansteigende Fallzahlen zu erkennen. Waren es 2012 noch 63 Fälle sind es 2013 jetzt schon über 150 Fälle. Die Täter verkleiden sich als Wasserwerker, Elektriker oder sogar Polizeibeamte, erschlichen sich so das Vertrauen älterer Bürger und raubten diese anschließend in ihrer Wohnung aus. Die Polizei warnt eindringlich davor die Tür zu öffnen. Wenn jemand vor der Tür stehe, dann sollte man sich erst, etwa telefonisch rückversichern, ob die die da vor der Tür stehen, auch wirklich vom Versorger oder von der Polizei seien. Auch hier agierten die Tätergruppen bundesweit und die Schadenssummen seien immens. Durch den demografischen Wandel fänden die Täter hier leichte Opfer, übrigens auch häufig mit Migrationshintergrund, die oftmals auch nicht in der Lage seien präzise Täterbeschreibungen zu liefern.

Statistisch weniger Wirtschaftskriminalität

Im Jahr 2012 bearbeitete die Kölner Polizei nur rund 900 Fälle mit Bezug zur Wirtschaftskriminalität. 2011 waren dies noch 1.307 Fälle. Bei große Ermittlungen, wie das aktuell vor Gericht anhängige Verfahren gegen ehemalige Köpfe des Bankhauses Sal. Oppenheim, schnellten die Fallzahlen oftmals schnell nach oben, weil alleine in einem solchen Verfahren 200-300 Straftaten ermittelt würden. Die Verfahren seien sehr aufwendig und komplex und man könne keinen Rückgang erkennen.

Körperverletzungen angestiegen

Die Körperverletzungsdelikte sind angestiegen. Dieser Anstieg, so die Behörde sei zum einen bedingt durch das veränderte Anzeigeverhalten im Deliktbereich Häusliche Gewalt und durch die durch übermäßigen Alkoholgenuss verursachten Aggressivitäten auf der Straße, etwa an Karneval. In Köln und Leverkusen hatte die Polizei im Jahr 2012 wegen 64 Straftaten gegen das Leben 77 Mordkommissionen eingesetzt. Dies seien 3 Prozent weniger als im Vorjahr. 12 Verfahren wurden wegen Mordes und 37 wegen Totschlages geführt. Auch bei den Vergewaltigungen zeigt die Statistik eine Zunahme von 266 auf 300 Fälle. Allerdings weist die Statistik bei den überfallartigen Vergewaltigungen von Einzeltätern eine niedrigere Zahl aus: 2011 waren es noch 69 Fälle, so sind es im vergangenen Jahr 43.

Die Polizei hat für das Jahr 2012 eine Gesamtschadenssumme von über 184 Millionen Euro errechnet. Bei den Jugendlichen Straftätern verzeichnet die Statistik einen Rückgang. Anders als es oftmals an den Stammtischen dargestellt wird, sind die meisten Tatverdächtigen der Statistik deutsche Staatsangehörige. Hier bleiben die prozentualen Werte identisch zum Vorjahr: 66 Prozent deutsche Tatverdächtige und 34 Prozent Nichtdeutsche. Im Jahr 2012 verzeichnet die Polizei 32 Drogentote und damit den niedrigsten Stand seit 10 Jahren. Das Durchschnittsalter liegt bei 42 Jahren. In seinem Ausblick für 2013 setzte Polizeipräsident Albers drei Schwerpunkte: Wohnungseinbruch, der Kampf gegen Rockerbanden und gegen den Trickdiebstahl. „Wir werden den Rockern auf den Stiefeln stehen“, kündigte Albers an. Die Szene sei nach den Verbotsverfahren verunsichert und die Kölner Polizei werde den Kontrolldruck hoch halten und alle polizeilichen Mittel ausschöpfen um gegen Rockerkriminalität vorzugehen.

Der Bezirksverband Köln im Bund deutscher Kriminalbeamter (BDK Köln) fordert mehr Personal

Die Kölner Kriminalpolizei habe bei der Aufklärung der begangenen Straftaten auch im vergangenen Jahr ihr Bestes gegeben, kommentiert der BDK Köln. Dies reiche aber erneut nicht dazu, mehr als 45% Aufklärungsquote zu erzielen. Als Gründe für die nicht überzeugende Quote führt die Interessenvertretung an: Die Kölner Kripo werde neben ihren eigentlichen Aufgaben jährlich auch mit zahlreichen Sonderaufgaben/-einsätzen stark belastet, müsse sich mehr und mehr mit gut organisierten ausländischen Banden herumschlagen und habe sich mit vielen Tätigkeiten zu beschäftigen, die auch nicht ansatzweise in der PKS abgebildet würden. Das für diese Gesamtaufgaben vorhandene Personal reiche leider schon lange nicht mehr aus, ausreichender Nachersatz komme bei der Kölner Kripo nicht an.

„Eine spürbare, personelle Verstärkung des polizeilichen Kerngeschäfts, namentlich auch der Kripo, ist deshalb erneut die Hauptforderung des BDK Köln“, so der Vorsitzende der Kripo Gewerkschaft Rüdiger Thust.


Hier die Zusammenfassung der nordrhein-westfälischen Zahlen 2012, die Innenminister Jäger in Düsseldorf bekannt gegeben hatte

Autor: Andi Goral