Wien | Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat erleichtert auf den Abschluss eines Atomabkommens mit dem Iran reagiert und betont, dass die Einigung den Griff Teherans nach der Atombombe verhindere. „Heute ist ein guter, ja vielleicht ein historischer Tag für alle, die sich eine friedliche Konfliktbeilegung wünschen, und auch für mich persönlich ein großartiger Moment“, sagte Steinmeier am Dienstag auf der Pressekonferenz zum Abschluss des Atomabkommens in Wien.

„Wir haben uns heute mit Teheran auf eine umfassende Vereinbarung über die Begrenzung des iranischen Atomprogramms verständigt. Nach über einem Jahrzehnt können wir einen Konflikt beilegen, der die Welt zwischenzeitlich sogar an den Rand einer militärischen Auseinandersetzung gebracht hat.“ Das über 100 Seiten lange Abkommen sehe vor, dass mehr als zwei Drittel der Zentrifugen im Iran „eingemottet und unter Aufsicht der IAEO gestellt“ werden, so Steinmeier. 95 Prozent des angereicherten Urans werden dem Bundesaußenminister zufolge außer Landes gebracht oder vernichtet, sein Bestand bleibe für 15 Jahre auf 300 Kilogramm begrenzt.Alles, was vereinbart ist, wird lückenlos überwacht. Wir haben einen robusten Mechanismus vereinbart, der garantiert, dass die IAEO überall dort Zugang bekommt, wo sie ihn braucht. Und das für bis zu 25 Jahre, sogar über die allgemeinen Regeln der IAEO hinaus.“

Sollte Teheran gegen die vereinbarten Regeln verstoßen, könnten die Sanktionen umgehend wieder in Kraft gesetzt werden. „Auch ohne neuen Beschluss des Sicherheitsrats“, betonte Steinmeier. „Mit dieser Vereinbarung wird ein iranischer Griff nach der Atombombe auf absehbare Zeit verlässlich und nachprüfbar ausgeschlossen.“

US-Präsident Barack Obama sagte unterdessen in Washington, dass das Atomabkommen die Vereinigten Staaten und die Welt insgesamt sicherer mache. Das Abkommen sei auf Überprüfungen gebaut und nicht auf Vertrauen, so der US-Präsident weiter. Die fünf ständigen UN-Vetomächte und Deutschland hatten sich zuvor nach 13-jährigen Verhandlungen mit Teheran auf ein Atomabkommen geeinigt.

Netanjahu: Abkommen mit Iran „historischer Fehler“

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat das Atomabkommen mit dem Iran als einen „historischen Fehler“ bezeichnet. Die Welt werde dadurch gefährlicher, so Netanjahu am Dienstag. Die Einigung stelle keinen Anreiz zur Veränderung für den Iran dar.

Das Land werde nun Milliarden von Dollar erhalten, die es zur Terrorfinanzierung nutzen werde. Israel fühle sich an das Abkommen nicht gebunden, betonte Netanjahu. Man werde sich weiter gegen den Iran verteidigen. Die fünf ständigen UN-Vetomächte und Deutschland hatten sich zuvor nach 13-jährigen Verhandlungen mit Teheran auf ein Atomabkommen geeinigt. Die nun erzielte Einigung macht den Weg für die Aufhebung von Sanktionen gegen Teheran frei, während der Iran im Gegenzug Beschränkungen und Kontrollen seines Atomprogramms hinnehmen muss.

Merkel: Einigung mit Iran „wichtiger Erfolg beharrlicher Politik“

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat das Ergebnis der Atomverhandlungen mit dem Iran in Wien begrüßt: „Die heute erreichte Einigung der E3/ EU +3 mit dem Iran in Wien ist ein wichtiger Erfolg beharrlicher Politik und internationaler Diplomatie“, erklärte Merkel am Dienstag. „Mit dem Verhandlungsergebnis von Wien sind wir dem Ziel, dass der Iran durch umfassende Transparenz und ein präzedenzloses System der internationalen Kontrolle über kein militärisches Atomwaffenprogramm verfügt, sehr viel näher gekommen.“ Dies wäre für die Sicherheitslage in der gesamten Region „ein wesentlicher Gewinn“, erklärte die Bundeskanzlerin.

„Es wird jetzt darauf ankommen, dieses Verhandlungsergebnis entsprechend dem vereinbarten Zeitplan umzusetzen. Ich appelliere an alle Seiten, zu einer zügigen Umsetzung beizutragen. Damit besteht die realistische Chance, einen der schwierigsten internationalen Konflikte auf diplomatischem Weg zu überwinden.“

Fischer: Atom-Einigung Erfolg im Kampf gegen nukleare Proliferation

Der frühere Außenminister Joschka Fischer hat das Atomabkommen mit Iran gelobt: Die Vereinbarung sei „ein großer Erfolg im Kampf gegen nukleare Proliferation“, sagte Fischer der „Süddeutschen Zeitung“ (Mittwochsausgabe). Die Frage, ob es gelinge, Iran mit diplomatischen Mitteln davon abzuhalten, zu einer militärischen Atommacht zu werden, sei nicht nur für die Region wichtig, sondern „von globaler Bedeutung“. Kritik übte der als Israel-freundlich bekannte Fischer an der Reaktion aus Jerusalem.

Eine Kapitulation sei das Abkommen ganz sicher nicht, so Fischer. Im Kern gehe es um die Frage, ob man die Risiken, die von Iran ausgingen, eher durch Dialog, Verhandlungen und eine Rückkehr in die internationale Staatengemeinschaft oder durch Isolation unter Kontrolle halte. Er sei klar der Meinung, dass Einbinden und Verhandeln besser seien als eine fortgesetzte Isolierung.

„Wir haben die Erfahrung gemacht, dass der Iran, wenn er isoliert ist, mit dem Nuklearprogramm dennoch weitermacht, und zwar erfolgreich und ohne Kontrollen“, betonte Fischer. Noch in seiner Amtszeit im Jahr 2003 hatten die Verhandlungen begonnen. Fischer selbst hatte früh dafür geworben.

Der frühere Außenminister warnte allerdings auch vor Illusionen. Er halte es für falsch zu glauben, dass man mit dem Nuklearabkommen auch die Politik Irans ganz generell ändern werde, beispielsweise in der unmittelbaren Nachbarschaft. Die Situation im Nahen Osten sei furchtbar – und das werde erst mal auch so bleiben.

„Ich glaube nicht, dass es da kurzfristig so etwas wie Bündniswechsel geben wird“, so Fischer. Außerdem müsse man die Sorge, dass Iran mit den dann wieder größeren Öleinnahmen auch gefährliche, nicht-staatliche Organisationen stütze, ernst nehmen. Dieses Risiko sei aber im Vergleich zu den Gefahren, die sich aus einer Weiterverbreitung von Atomwaffen ergäben, deutlich geringer.

Autor: dts