Berlin/Köln | Die Streikwoche im kommunalen Nahverkehr erreicht am Freitag ihren Höhepunkt. Zu den Arbeitsniederlegungen in etlichen deutschen Städten hat die Gewerkschaft Verdi aufgerufen. In Köln blieben heute Busse und Stadtbahnen in den Depots. Auch die Linien 16 und 18 verkehren nicht zwischen Köln und Bonn.
Gewerkschaft und Fridays for Future Hand in Hand
Zudem wird es gemeinsame Kundgebungen der Gewerkschaft mit Fridays for Future geben. „Wir haben gelernt, dass einfache Appelle nicht reichen, um wirklich etwas zu verändern. Wir tun uns jetzt zusammen, um die Dinge selbst in die Hand zu nehmen“, sagte Verdi-Vize Christine Behle.
In Köln machten Gewerkschaft und Fridays for Future in der gestrigen Abendrushhour und inmitten dessen Stau auf den digitalen Großflächenplakaten Werbung für Ihren Streik, etwa auf der Inneren Kanalstraße in Köln. Der Stau dürfte heute Abend nicht kleiner sein.
Hintergrund sind die laufenden Tarifverhandlungen für die rund 90.000 Beschäftigten im kommunalen ÖPNV in über 130 kommunalen Unternehmen. Laut Verdi geht es dabei hauptsächlich um eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und eine Entlastung der Beschäftigten, beispielsweise durch eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit, Erhöhung des Urlaubsanspruches, zusätzliche Entlastungstage für Schicht- und Nachtarbeit sowie Begrenzung geteilter Dienste und unbezahlter Zeiten im Fahrdienst.
„Wir haben teilweise neun Stunden Dienst ohne längere Pause“, so Behle weiter. Viele Kollegen seien krank oder gäben den Beruf ganz auf, fügte sie hinzu. Die Tarifverhandlungen finden in allen Bundesländern statt, in Bayern ist der Tarifvertrag aber nicht gekündigt.
Seit 3 Uhr rollen keine Busse und Bahnen mehr in Köln mit einer Ausnahme
Alle Stadtbahnen fahren heute nicht in Köln. Auch die Busslinien die die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) betreiben sind eingestellt. Nur die Buslinien, die von externen Unternehmen betrieben werden, sind unterwegs. Allerdings kann auf den Nahverkehr der Deutschen Bahn und der Mittelrheinbahn umgestiegen werden, wo dies möglich ist.
Grüne Jugend: „Kaputtspar-Strategie“ gefährdet ÖPNV
Mit Blick auf den ÖPNV-Streik und die Kampagne „Wir fahren zusammen“ nimmt Grüne-Jugend-Chefin Svenja Appuhn die Streikenden in Schutz. Nicht sie seien schuld an den Ausfällen, sondern Arbeitgeber und Politik, sagte sie dem Nachrichtenportal Watson.
„Es geht darum, dass der ÖPNV schon jetzt kurz vor dem Kollaps steht. Wenn wir die Kaputtspar-Strategie weiterfahren, haben wir bald nicht nur an Streiktagen eine unbequeme Situation, sondern immer“, so Appuhn.
Keno Rieger, Aktivist bei der Kampagne „Wir fahren zusammen“ und Azubi bei der Hamburger Hochbahn, sagte außerdem: „Die Wende klappt aber nur mit vernünftigen Arbeitsbedingungen – und Geld von der Politik. Dazu kommt, dass die Kosten der Klimaschutzmaßnahmen in der Vergangenheit nicht gerecht verteilt wurden, sondern besonders Ärmere getroffen hat – ein guter ÖPNV ist ein Beispiel für Klimaschutz, von dem alle profitieren.“
Darauf angesprochen, inwiefern es dem Klima hilft, wenn die Bürger nun mit dem Auto von A nach B fahren müssten, weil die Bahnen nicht kämen, sagte Rieger: „Streik ist ein Grundrecht, ich finde es nicht richtig, das gegeneinander auszuspielen. Es geht um bessere Arbeitsbedingungen, es geht darum, dass wir auch in Zukunft Menschen haben, die im ÖPNV arbeiten. Wir streiken, weil wir klarmachen wollen: So wie es jetzt läuft, geht es nicht weiter und es braucht diesen Druck, damit auf Arbeitgeberseite etwas passiert.“
Appuhn brachte zudem die Klimakrise mit der sozialen Frage in Verbindung und forderte: „Die Konzerne und die Superreichen müssen für den Klimaschutz bezahlen, und ganz ehrlich, das können die sich auch leisten.“