Selbst Bonn schneidet besser ab
Hamburg ist die Stadt mit den besten Wirtschaftsaussichten in Deutschland. Das ist das Ergebnis einer Studie des Bad Homburger Feri-Instituts im Auftrag des Wirtschaftsmagazins ‚Capital‘ (Ausgabe 8/2009, EVT 23. Juli). Feri untersuchte, wie sich in den 60 wichtigsten Städten zwischen 2006 und 2015 Wirtschaftsleistung, Arbeitsplätze, Bevölkerung und Kaufkraft entwickeln. Hamburg verbessert sich gegenüber dem Vorgängertest von 2007 von Rang vier – und verdrängt München von der Spitzenposition. Die Bayern landen auf Rang zwei, gefolgt von Münster, Wiesbaden und Freiburg. Zu den zehn besten Städten zählen auch noch Bonn, Heidelberg, Stuttgart, Frankfurt und Düsseldorf. Köln landet abgeschlagen auf Platz 15.

"Kein anderer Standort in Deutschland ist für Globalisierung und internationalen Handel so gut gerüstet wie Hamburg", begründet Feri-Ökonom Manfred Binsfeld. Die Wirtschaftsleistung in der Hansestadt wächst bis zum Jahr 2015 um 13,5 Prozent, die Zahl der Arbeitsplätze steigt auf 1,1 Millionen, ein Plus 5,4 von Prozent.

Als Trend machen die Fachleute zudem aus, dass sich die Hochschulstandorte vor die Klassiker schieben. Münster, Heidelberg oder Mainz platzieren sich bestens. Auf den letzten fünf Plätzen liegen Städte aus dem Kölner Osten. Berlin, die Hauptstadt erreicht Platz 29.

Für Köln bleibt zu hoffen, dass die Politik diese Zeichen nicht wie bisher ignoriert, sondern als Signal nimmt mehr für den Standort zu tun und zumindest in den politischen Gremien beginnt nach den Ursachen zu forschen. Köln braucht mehr als ein klares Aufbruchsignal, es muss die Ärmel hochkrempeln, sich öffnen und sich endlich dem Wettbewerb der Städte und den globalen Märkten stellen. Auch auf Seiten der Wirtschaft.

Aktualisiert 16:45 Uhr > Stadt nimmts gelassen – Wirtschaftsdezernent beschwichtigt
„Jedes Ranking gibt uns wichtige Hinweise, vor allem zu den neuralgischen Punkten der städtischen Wirtschaftsentwicklung, auf die wir unser ganz besonderes Augenmerk zu legen haben“, so Wirtschaftsdezernent Norbert Walter-Borjans zum dem neuen Ranking in einer ersten Stellungnahme die die Stadt herausgegeben hat. „Wir sind im Wettbewerb. Deshalb ist das mit Rankings wie mit der Platzierung in der Bundesliga: Aufstieg ist gut, Abrutschen höchst ärgerlich. Allein schon deshalb, weil Rankings bei Entscheidern oder Entscheidungsvorbereitern zuweilen mehr Beachtung finden als sie verdient haben“, so Walter-Borjans.

Nichtsdestotrotz müssten sich auch Rankings auf den Prüfstand stellen lassen, betont Walter-Borjans. In Prognosen bis zum Jahr 2015 stecke auch viel Prophetie. Jedenfalls kenne er keine Konjunkturprognose, die mit Werten in so engen Abständen, wie Feri das für die Platzierung der Städte ermittelt habe, am Schluss auch eingetreten sei. Zwei Punkte Unterschied zum prognostizierten Ergebnis von 52,3 Punkten würden schon denselben Rang wie bei der letzten Untersuchung aus dem Jahr 2007 bedeuten, nämlich Platz 5, stellt Walter-Borjans klar.

„Kein Zweifel, so ein Ergebnis ist Wasser auf die Mühlen derer, die Köln gern einen Abwärtstrend bescheinigen. Die Entwicklung in den letzten Jahren sieht eindeutig anders aus. In diesen Jahren ist vor allem der Anteil der Branchen gewachsen, denen eine dynamische Zukunftsentwicklung vorausgesagt wird, etwa der IT- und Software-Branche“, so Walter-Borjans. Zudem sei Köln dabei, sich besonders da von einem hohen Niveau aus noch besser zu positionieren, wo Feri den Gewinnerstädten Stärken bescheinige: In der Wissenschaft und beim Besatz mit Forschungsinstituten wie Max Planck. Köln habe auch kein Problem damit, dass Absolventen nicht auch nach dem Studium in der Stadt leben und arbeiten wollten. „Alles in allem bin ich ernüchtert über das Ergebnis, wäre aber zugleich zu einer Wette bereit, dass die Realität im Jahr 2015 deutlich anders aussieht als jetzt prognostiziert – nicht weil ich mir das nur wünsche, sondern weil Indikatoren wie Bevölkerungsentwicklung und Zahl der Arbeitsplätze, Ansiedlung von Zukunftsunternehmen und Kaufkraftentwicklung in die richtige Richtung weisen.“

Ein Selbstläufer sei die Entwicklung aber gewiss nicht, gibt man bei der Stadt immerhin zu. Köln habe mit einem hohen Anteil von gering qualifizierten Arbeitslosen zu kämpfen und müsse den Wettbewerb als Großstadt mit den Großstädten aufnehmen und sich dafür noch attraktiver machen, so der Ansatz aus dem Wirtschaftsdezernat. Hier liege weiterhin die Chance einer so vielschichtigen Stadt wie Köln, „denn ich kenne genug spannende, innovative und kreative Köpfe, die für die Zukunftsbranchen unverzichtbar sind und die nicht nach Münster, Wiesbaden, Freiburg oder Heidelberg wollen, auch wenn die auf 55,7 gegenüber den 52,3 Punkten kommen, die Feri Köln gibt“, so Walter-Borjans. „Mit Hamburg und München ist das etwas anderes: Die müssen wir als Messlatte nehmen.“

[ots/ag]