Berlin | Die Türkische Gemeinde sieht keinen Grund, warum in Deutschland nicht über die Einführung der Todesstrafe in der Türkei abgestimmt werden könne: „Nur weil einem die Frage nicht gefällt, kann man ein solches Referendum in Deutschland nicht einfach verbieten. Dies würde zudem dem Grundgesetz widersprechen“, sagte der Bundesvorsitzende Gökay Sofuoglu der „Heilbronner Stimme“ und dem „Mannheimer Morgen“ (Dienstag). Nach dem Putschversuch in der Türkei im vergangenen Jahr hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ein Referendum über die Todesstrafe angeregt – obwohl er diese als Regierungschef im Jahr 2004 abschaffen ließ.

Die Bundesregierung erklärte vor wenigen Tagen, sie würde türkischen Wahlberechtigten nicht erlauben, in Deutschland abzustimmen. Obwohl er die Todesstrafe ablehne, müsse die Bundesrepublik eine reguläre Abstimmung gewährleisten, so Sofuoglu. Auch in den USA gebe es die Todesstrafe – und trotzdem würde man Deutschamerikaner nicht an Wahlen hindern.

Weiter kritisierte Sofuoglu das Verhalten der türkischstämmigen Bundespolitiker Cem Özdemir (Grüne) und Sevim Dagdelen (Linke). Beide hatten sich im Vorfeld des jüngsten Referendums in der Türkei massiv öffentlich gegen die von Erdogan geplante Verfassungsänderung gestellt. „Özdemir und Dagdelen haben Erdogan die Wähler in die Arme getrieben. In der türkischen Community wurde das als Türkei-Bashing empfunden“, erklärte Sofuoglu. Er würde sich von einem Politiker wie Özdemir wünschen, dieser „würde sich mit genauso viel Herzblut für eine bessere Integrationspolitik einsetzen“.

Juncker warnt Türkei vor Einführung der Todesstrafe

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat die Türkei vor der Einführung der Todesstrafe gewarnt. „Wenn aus der Einführung der Todesstrafe mehr als Rhetorik würde, wäre das ganz klar eine Absage der Türkei an die europäische Familie“, sagte der Chef der EU-Kommission der „Rheinischen Post“ (Montagausgabe). „Das ist die roteste aller roten Linien.“

Die Einführung der Todesstrafe, so Juncker, käme „einem Abbruch der Verhandlungen gleich“. Der EU-Politiker: „Unsere Union beruht auf dem Respekt vor der Demokratie, der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit sowie auf der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und der Grundfreiheiten. Diese Werte schließen die Todesstrafe aus.“

Juncker brachte auch ein Moratorium bei den finanziellen Zuwendungen für die Türkei ins Spiel. „Es ist absurd, Gelder in die Richterausbildung zu stecken, wenn eben diese Richter im Gefängnis sitzen“, sagte der Brüsseler Kommissionspräsident. Die Auszahlung von Mitteln, so Juncker, sei an konkrete Reformen gebunden.

„Die Mittel können erst dann gänzlich freigegeben werden, wenn alle Auflagen erfüllt sind. Von den 4,45 Milliarden Euro, die zwischen 2014 und 2020 vorgesehen waren, um den Beitrittsprozess zu fördern, wurden so erst 167,3 Millionen ausgezahlt“, ergänzte Juncker.

Autor: dts