Köln | LIVEBERICHT wird ständig aktualisiert | red, dts | Mehr als 6,4 Millionen Menschen sind aus der Ukraine geflohen, so das UNHCR. Der Livebericht zu den Ereignissen rund um den Krieg in der Ukraine, die Situation der Flüchtlinge sowie politische Reaktionen weltweit.

Bericht: „Marder“-Lieferungen der Bundeswehr doch möglich   

23:57 Uhr > Die Bundeswehr ist laut eines Medienberichts doch in der Lage, Panzer vom Typ „Marder“ an die Ukraine zu liefern. Die Bundeswehr verfüge „über 62 SPz MARDER im Konfigurationsstand A3 (MILAN), die nicht mehr genutzt werden“, zitiert die „Bild“ aus einem internen Papier des Bundesverteidigungsministeriums („VS-Nur für den Dienstgebrauch“). Weiter heißt es in dem Dokument von Mitte Mai: „Von diesen könnten 32 Fahrzeuge bei Bedarf instandgesetzt und dann wieder genutzt werden.“

Weitere 30 Marder eigneten sich demnach „nur noch zur Ersatzteilgewinnung“. Die Instandsetzung würde einige Zeit in Anspruch nehmen. So heißt es in dem Papier, die 32 verfügbaren Marder „könnten bei Bedarf in einem Zeitraum von neun bis zwölf Monaten instandgesetzt werden und wären dann wieder einsatzbereit“.

Bisher hatte das Verteidigungsministerium immer erklärt, aus den Beständen der Bundeswehr sei keine Lieferung von „Marder“-Panzern an die Ukraine möglich.


Strack-Zimmermann verteidigt Ampel-Diskussionen zur Ukraine   

23:56 Uhr > Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Deutschen Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), hat bekräftigt, dass aus ihrer Sicht die regierungsinternen Diskussionen um die beste Unterstützung der Ukraine notwendig gewesen seien und bat um Verständnis für das Ampelbündnis. „Es ist richtig und wichtig, innerhalb einer Regierung zu debattieren“, sagte die Liberale dem Fernsehsender Phoenix. Entscheidungen in Kriegszeiten zu treffen, seien eine Herausforderung.

„Wir erfahren Dinge, über die ich nicht sprechen kann und will, die grausam genug sind.“ Mit großer Wucht sei die Berliner Dreier-Koalition nach wenigen Wochen des Regierungshandelns in der Wirklichkeit gelandet. „Der Koalitionsvertrag bringt die Big Points, man versammelt sich hinter den Punkten, macht Kompromisse, und dann kommt die Realität und jeder muss Federn lassen. Wir sind ein junges Bündnis, das sich rüttelt und schüttelt. Ich empfinde die Ampel als außerordentlich gewinnbringend.“ Strack-Zimmermann verteidigte erneut die Reise mit den Ausschussvorsitzenden Anton Hofreiter (Grüne) und Michael Roth (SPD) in die Ukraine im April.

„Wir waren die ersten Parlamentarier, die diese Reise gemacht haben, nachdem sich seitens Deutschlands keiner in Bewegung gesetzt hatte“, so die FDP-Politikerin, die dies eigentlich vom Kanzler erwartet hätte. „Am Anfang hätte es ein Zeitfenster gegeben, wo es dem Kanzler gut zu Gesicht gestanden hätte, er wäre dorthin gereist.“ Jetzt sei dieses Fenster aus unterschiedlichen Gründen geschlossen.

Regierungschef Scholz werde nun selbst entscheiden, wann der Zeitpunkt für einen Besuch gekommen sei. Keinen Zweifel ließ Strack-Zimmermann daran, dass es bei Gesprächen über eine Beendigung des Krieges darum gehen müsse, die alten Grenzen der Ukraine wieder in Kraft zu setzen. „Da ist ein Land überfallen worden, das muss in seiner Grenz-Integrität wiederhergestellt werden. Da gibt es überhaupt keine Relativierung, und das kann die Ukraine nicht ohne unsere Hilfe.“ Enttäuscht äußerte sich die Liberale über das Abschneiden ihrer Partei bei der Landtagswahl in NRW am vergangenen Sonntag. „Der Abend und das Ergebnis waren schrecklich.“

Jetzt müsse man intensiv Ursachenforschung betreiben. „Ein Grund war, dass die FDP im Landtag zu loyal der CDU gegenüber war, so loyal, dass sie noch nicht einmal eine Bedingung gestellt hat, Hendrik Wüst zu wählen“, kritisierte Strack-Zimmermann.


Streit um Panzer-Ringtausch belastet deutsch-polnisches Verhältnis   

23:55 Uhr > Die erfolglosen Verhandlungen über einen Panzer-Ringtausch belasten offenbar zunehmend das deutsch-polnische Verhältnis. Die Regierung in Warschau ist verärgert, weil Deutschland nicht wie versprochen zeitnah die polnischen Panzer russischer Bauart ersetzen will, die Polen bereits an die Ukraine abgegeben hat, berichtet der „Spiegel“. Der polnische Vize-Außenminister Szymon Szynkowski vel Sek sagte dem Magazin: „Von Seiten der Deutschen gab es Versprechen, unsere Verteidigungsfähigkeit zu stärken, leider ist nichts davon umgesetzt worden.“

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) bestätigte Anfang der Woche in einer vertraulichen Runde vor Sicherheitspolitikern, dass die Gespräche mit Polen über den Panzer-Ringtausch gescheitert sind, schreibt der „Spiegel“. Polen fordere den schnellen Ersatz für die an die Ukraine abgegeben deutschen „Leopard“-Panzer der modernsten Baureihe. Über diese verfüge aber noch nicht mal die Bundeswehr, deswegen sei eine schnelle Lieferung an Polen unmöglich.

Polen fühlt sich durch Berlin getäuscht. „Deutschland hat zwar versprochen, unsere Bestände aufzufüllen, aber nichts getan“, sagte Vize-Außenminister Szynkowski vel Sek.


Russische Truppen graben sich bei Charkiv ein – die militärische Lage

11:13 Uhr > Rund um Charkiw und der südlichen Achse graben sich die russischen Streitkräfte ein, um sich für ukrainische Gegenoffensiven zu wappnen. Offensiv agieren die russischen Truppen derzeit vor allem im Stadtbogen rund um Izyum-Donezk und im Gebiet Popasna-Sewerodonezk. Der ukrainische Generalstab meldete, dass die russischen Streitkräfte sekundäre Verteidigungslinien auf der Südachse errichten, was darauf hindeutet, dass sich die russische Gruppierung in diesem Gebiet möglicherweise auf eine größere ukrainische Gegenoffensive und einen langwierigen Konflikt vorbereitet.

Russische Quellen geben möglicherweise die Zahl der ukrainischen Verteidiger, die aus Asowstal evakuiert wurden, zu hoch an, um entweder die Zahl der russischen Kriegsgefangenen zu maximieren, die gegen ukrainische Soldaten ausgetauscht werden können, oder um die Peinlichkeit zu vermeiden, zugeben zu müssen, dass sie in einer monatelangen Belagerung gegen nur „Hunderte“ ukrainische Soldaten stehen.


Ex-NATO-Generalsekretär kritisiert Scholz-Kurs im Ukraine-Krieg   

10:30 Uhr > Der frühere NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat den zurückhaltenden Kurs von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Ukraine-Krieg scharf kritisiert. Deutschland sei „zögerlich bei der Lieferung schwerer Waffen und bei der Verhängung von Sanktionen“, sagte er dem „Handelsblatt“ dazu. „Wir brauchen deutsche Führung.“

Der Däne, der von 2001 bis 2009 Ministerpräsident seines Landes und von 2009 bis 2014 Generalsekretär der NATO war, forderte die Europäer auf, alle Importe von Öl und Gas aus Russland zu stoppen. „Sicherlich wird ein Energieembargo einen Preis haben. Aber im Vergleich zu den Kosten eines langwierigen Kriegs wäre dieser Preis gering“, argumentierte er.

Zugleich warnte Rasmussen davor, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Zugeständnisse zu machen, um eine Waffenruhe zu erreichen. „Was ist wichtiger: Freiheit oder Frieden? Ich würde immer Freiheit sagen, weil man immer Frieden bekommen kann, wenn man dem Aggressor nachgibt“, sagte er. Das Risiko eines Atomkriegs, auf das Scholz hingewiesen hat, hält Rasmussen für gering.

„Wir sollten uns von Putin nicht einschüchtern lassen.“ Die NATO sieht Rasmussen gestärkt – auch durch den geplanten Beitritt von Finnland und Schweden: Putin habe es „mit einer stärkeren, geschlosseneren Allianz“ zu tun. „Und er ist mit einer neuen, 1.300 Kilometer langen Grenze zum NATO-Gebiet konfrontiert.“


Ampelpolitiker warnen vor russischen Cyberattacken auf Unternehmen   

8:38 Uhr > Sicherheitspolitiker der Ampelkoalition haben vor einer Zunahme russischer Cyberattacken auf deutsche Unternehmen gewarnt. „Die IT-Sicherheitslage in Deutschland muss weiterhin als extrem angespannt betrachtet werden“, sagte der Vorsitzende des Geheimdienstgremiums im Bundestag, Konstantin von Notz (Grüne), dem „Handelsblatt“. „Nachdem in den vergangenen Wochen bereits mehrere Anbieter aus dem Bereich der kritischen Infrastruktur angegriffen wurden, beobachten wir derzeit eine Ausweitung von Attacken auch auf andere Bereiche.“

Der Grünen-Fraktionsvize sprach von „zahlreichen“ Firmen, die verstärkt in den Fokus der Angreifer gerieten. Betroffen seien zudem deutsche Sicherheitsbehörden, Verfassungsorgane wie der Bundestag und wissenschaftliche Einrichtungen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Stephan Thomae, sieht Cyberangriffe „ganz klar“ als Teil der Kriegsführung des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

„Je mehr Putin unter Druck gerät, sei es durch die Sanktionen des Westens oder ausbleibende Erfolge seiner Truppen in der Ukraine, desto mehr müssen wir mit groß angelegten Angriffen auf Deutschland rechnen“, sagte Thomae. „Diese könnten nicht nur staatliche Einrichtungen, sondern vermehrt auch die Wirtschaft betreffen.“ Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Fiedler sagte, die jüngsten Attacken auf deutsche Behörden und Ministerien seien nur ein „Vorgeschmack auf mögliche weitere Angriffe“.

„Russische Cyberangreifer gehören weltweit zu den aggressivsten und fähigsten.“ Von Notz kündigte Gegenmaßnahmen der Ampelkoalition an. „Wir werden die Resilienz unserer digitalen Demokratie und Infrastrukturen weiter erhöhen und die im Koalitionsvertrag verankerten Projekte priorisiert umsetzen“, sagte der Grünen-Politiker.

Es würden nun wichtige Vorhaben wie die Vorlage eines Gesetzes zum Schutz kritischer Infrastrukturen (KRITIS-Dachgesetz) oder die Schaffung eines beim Technischen Hilfswerk (THW) angedockten Cyberhilfswerk angeschoben.


UNHCR: Mehr als 6,4 Millionen aus Ukraine geflohen

8:20 Uhr > Laut der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR sind seit Kriegsbeginn am 24. Februar mehr als 6,4 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine ausgereist. Wie die Organisation der „Welt am Sonntag“ mitteilte, zogen zum Stand 19. Mai, die meisten in die Nachbarländer Polen (3,4 Millionen), Rumänien (943.000), Russland (888.000) und Ungarn (627.000). Bezüglich der nicht-benachbarten Staaten, nennt die Organisation keine genauen Zahlen, führt aber Deutschland vor Tschechien und Italien als Hautaufnahmeländer abgesehen von den Nachbarstaaten auf.

Das deckt sich mit den offiziellen Angaben der jeweiligen Staaten. Während in Deutschland laut Bundesinnenministerium bereits mehr als 700.000 Ukraine-Flüchtlinge im Ausländerzentralregister registriert wurden, spricht das tschechische Innenministerium von 348.000 registrierten Flüchtlingen, das italienische von 118.000 „angekommenen Menschen“ aus der Ukraine (Stand 18. Mai). Die Zahlen sind aber nur als Näherungswerte zu verstehen – in Deutschland etwa sind einerseits wohl einige Ukrainer noch nicht im AZR erfasst, offenbar aber auch schon viele wieder weiter- oder zurückgereist.

Klar ist aber, dass Deutschland, abgesehen von den Nachbarländern, das wichtigste Aufnahmeland für die Ukraine-Flüchtlinge ist. Die übrigen Staaten rangieren weit dahinter. Laut UNHCR stehen den seit Kriegsbeginn mehr als 6,4 Millionen Grenzübertritten aus der Ukraine aber auch 1,9 Millionen Einreisen aus dem Ausland in die Ukraine gegenüber.

Dabei müsse es sich aber nicht immer um dauerhafte Heimkehrer handeln, sondern etwa auch um Personen, die nur kurzzeitig, etwa für Besuche zurückkehrten. In Polen, dem mit Abstand am stärksten betroffenen Land, kommen trotz der Erfolge der ukrainischen Streitkräfte, laut der dortigen Grenzschutzbehörde immer noch täglich etwas mehr als 20.000 Menschen aus der Ukraine an. Doch inzwischen übersteigt die Zahl der Ausreisen, die der Einreisen.

So standen am Donnerstag 27.000 Rückkehrern nur 22.000 Grenzübertritte aus der Ukraine nach Polen gegenüber, am Tag zuvor reisten 21.500 Ukrainer nach Polen ein, während 28.000 in die Ukraine zurückkehrten.

Merz lehnt schnellen NATO-Beitritt der Ukraine ab

CDU-Chef Friedrich Merz hat sich gegen das Ansinnen des ukrainischen Außenministers ausgesprochen, die Ukraine in die NATO aufzunehmen. „Das ist zum jetzigen Zeitpunkt ausgeschlossen, weil die NATO keinen Staat aufnehmen kann, der sich im Krieg befindet“, sagte er der „Welt am Sonntag“ dazu. „Sonst würde sofort die Beistandsklausel wirken, und wir würden unmittelbar Kriegspartei werden.“

Wichtiger sei es, dass die Staats- und Regierungschefs der EU bei ihrem Sondergipfel den Kandidatenstatus für einen späteren Beitritt der Ukraine in die EU eröffnen. Merz warf der EU-Kommission unter seiner Parteifreundin Ursula von der Leyen vor, den Ukraine-Krieg zu nutzen, um zu einer Vergemeinschaftung der Schulden zu kommen. „Nach den Corona-Hilfen wollen Teile der EU und offenbar auch die EU-Kommission erneut Schulden aufnehmen. Das wäre dann endgültig der Weg in eine europäische Schuldenunion.“ Trotz des russischen Angriffs auf die Ukraine hält Merz für einen europäischen Partner. „Russland ist nicht nur geografisch, sondern auch historisch und kulturell ein europäisches Land, ja. Deshalb hoffen wir doch alle, dass dieses Land nach dem Krieg in der Ukraine irgendwann wieder zurückfindet in eine politische Ordnung in Europa, die auf den Prinzipien der Freiheit und des Friedens und eines regelbasierten Miteinanders beruht“, sagte Merz der „Welt am Sonntag“.