Als Werner Falk wurde Amitai Etzioni 1929 in Köln geboren. 1936 floh seine Familie vor den Nationalsozialisten nach Palästina, wo er seinen heutigen Namen erhielt. Inzwischen ist Etzioni amerikanischer Staatsbürger. 20 Jahre lange lehrte er Soziologie an der Columbia University in New York. Nicht zuletzt aufgrund seiner eigenen Geschichte beschäftigte er sich in seinem Denken mit der Suche nach Identität. Bekannt wurde er vor allem durch sein Modell einer auf selbstbestimmtem und zugleich solidarischem Handeln basierenden Verantwortungsgesellschaft.

Mut zur Selbstbeschränkung
„Achte und wahre die moralische Ordnung der Gesellschaft im gleichen Maße wie du wünschst, dass die Gesellschaft deine Autonomie achtet“, lautet Etzionis Imperativ. Dazu heißt es in der Begründung der Jury: „Der auf einer Überbetonung der Selbstbestimmung basierenden Identität setzt er den Mut zur Selbstbeschränkung entgegen und entwirft das Bild eines Ichs, das erst als Teil eines vitalen Wirs seine volle Entfaltung und Harmonie erlangen kann.“ Doch nicht nur sein theoretisches Konstrukt lobte die Jury. Sie zeichnete Etzioni vor allem darum mit dem Meister Eckhart Preis aus, da er stets versucht gewesen sei, die gewonnene Erkenntnis in der Gesellschaft geltend zu machen. So beriet Etzioni unter anderem die US-Präsidenten Jimmy Carter und Bill Clinton und inspirierte deutsche Politiker wie Helmut Kohl und Joschka Fischer.

Doch auch heute noch ist Etzionis Ansatz nicht weniger aktuell. So betonte der Philosoph Axel Honneth in seiner Laudatio, könne im Sinne Etzionis eine Selbstverpflichtung zum Wohle des Ganzen Verwerfungen in Wirtschaft und Gesellschaft verhindern, so dass alle Akteure profitieren. Eine Perspektive, die sich gerade auf die aktuelle Wirtschaftskrise übertragen lässt. Sie verleihe der aktuellen Diskussion um eine verschärfte Regulierung des Marktes eine völlig neue Richtung, so Honneth. Denn übernehme jeder mehr Verantwortung für sein Handeln und seine Produkte auf dem Markt, könne es zum Gewinn für alle werden.

Preis fördert Auseinandersetzung mit Identität
Seit 2001 wird der Meister Eckhart Preis alle zwei Jahre verliehen. In diesem Jahr wird er zum zweiten Mal gemeinsam mit der Universität zu Köln vergeben. Der mit 50.000 Euro dotierte Preis wurde von der Identity Foundation ausgelobt, um die Auseinandersetzung mit dem Thema Identität in der meinungsbildenden Öffentlichkeit zu fördern. Geehrt werden Persönlichkeiten, die in ihren Arbeiten existentielle Fragen der persönlichen, sozialen und interkulturellen Identität aufgreifen. Benannt ist der Meister Eckhart Preis nach seinem gleichnamigen Prediger, Prior und Professor, der zwischen 1260 und 1328 lebte. Meister Eckhart lehrte vor allem in Erfurt, Köln, Paris und Straßburg.

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung