Berlin | Obwohl es derzeit in vielen Medien anders beschrieben werde, sieht Sahra Wagenknecht kaum Differenzen zwischen den Linken und der SPD. Zum Parteitag der Linken in Hannover: Dietmar Bartsch will die Koalitionsfrage nicht diskutieren und die Linke signalisiert Kompromissbereitschaft bei Bundesweheinsätzen.

„Die Gemeinsamkeit ist doch völlig klar. Wir wollen die Politik in diesem Land verändern. Wir wollen den Sozialstaat wieder herstellen, wir wollen eine friedliche Außenpolitik. Und wenn wir dafür Partner haben, dann wollen wir regieren“, sagte die Fraktionsvorsitzende in einem „Phoenix“-Interview beim Bundesparteitag der Linken in Hannover. Für das beschlossene Wahlprogramm wolle ihre Partei nach der Wahl streiten.

„Und wenn wir das in einer Regierung machen, wenn SPD und Grüne da mitmachen, dann wäre das hervorragend. Aber wir werden uns nicht aufgeben für eine Regierung“, so Wagenknecht. Eine der wichtigsten Lehren aus der aktuellen Wahl in Großbritannien sei, dass man die Menschen mit klaren Positionen und Glaubwürdigkeit erreichen könne.

„Wenn man den Eindruck erweckt, als Hauptziel nur regieren zu wollen, dann wird man so eine Partei wie alle anderen. Wir haben schon genug Parteien in Deutschland, die sich alle nicht mehr unterscheiden. Es muss ja wenigstens eine da sein, die sich nicht von Wirtschaftslobbyisten kaufen lässt und eigenständige soziale Positionen vertritt. Das ist die Linke und ich will, dass sie das bleibt“, sagte Wagenknecht weiter. Im Umgang mit Russland plädierte sie für mehr Zugewandtheit. „Die Nato macht seit Jahren unter US-Führung eine Politik, die den Weltfrieden nicht sicherer macht, sondern gefährdet. Dazu gehört auch die ständige Konfrontationspolitik gegenüber Russland, die das Verhältnis immer mehr verschlechtert“, so Wagenknecht. Erneute Manöver an der russischen Grenze führten zu mehr Aufrüstung und Konfrontationen. Sahra Wagenknecht: „Ich finde das einfach verantwortungslos. Russland ist eine Atommacht und wir sollten alles dafür tun, mit Russland in Frieden und Sicherheit gemeinsam zu leben.“

Bartsch will Koalitionsfrage noch nicht diskutieren

Linken-Co-Fraktionschef und Spitzenkandidat Dietmar Bartsch will die Diskussion um eine mögliche Regierungsbeteiligung bis zur Bundestagswahl nicht führen. „Wir müssen uns doch nicht jetzt `ne Birne machen, ob wir überhaupt regieren“, rief Bartsch den Delegierten auf dem Parteitag in Hannover zu. Sofern es überhaupt zu Koalitionsvereinbarungen käme, würden am Ende ohnehin die Mitglieder entscheiden.

In Interviews sprach er sich am Rande des Parteitages aber noch klar dafür aus, eine Regierungsbeteiligung anzustreben – im Gegensatz zu seiner Co-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht. Am Vortag hatte sich auch die Vorsitzende Katja Kipping noch klar für ein Offenhalten von Regierungsoptionen ausgesprochen. Die Partei dürfe sich nicht selber auf die Oppositionsrolle reduzieren, sagte Kipping am Freitag auf dem Parteitag in Hannover.

Erst wenige Minuten vor der Rede Bartschs hatten die Parteitagsdelegierten an einer entscheidenden Stelle im Wahlprogramm Kompromissbereitschaft signalisiert. Während die Partei im Bundestags stets gegen alle Auslandseinsätze der Bundeswehr stimmt, entschieden sich die Delegierten für eine Formulierung, die beim Ausschluss von Koalitionspartnern lediglich von „Kampfeinsätzen“ der Bundeswehr spricht und damit ein Schlupfloch für andere Auslandseinsätze lässt.

Linke signalisiert bei Bundeswehreinsätzen Kompromissbereitschaft

Die Linke signalisiert bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr Kompromissbereitschaft. Auf dem Parteitag in Hannover blitzte ein Änderungsantrag bei den Delegierten ab, der eine mögliche Koalition von der Ablehnung jeglicher Auslandseinsätze der Bundeswehr abhängig machen wollte. Stattdessen bleibt es bei der vom Parteivorstand vorgeschlagenen Formulierung im Wahlprogramm, dass die Linkspartei sich nicht an einer Regierung beteiligen wird, „die Aufrüstung und Militarisierung vorantreibt, die Kriege führt oder Kampfeinsätze der Bundeswehr im Ausland zulässt“.

Der dreitätige Parteitag in Hannover will das Wahlprogramm beschließen und steht unter der unausgesprochenen Frage, wie hoch die Hürde für mögliche Koalitionen gelegt wird.

Autor: dts