Köln | In einer Sonderausstellung im Kölner Wallraf-Museum sind die Arbeiten von gleich drei Künstlern im grafischen Kabinett zu sehen.
Im Mittelpunkt steht das Traktat des italienischen Renaissancekünstlers Benvenuto Cellini als Anleitung zum „Anatomischen Zeichen“. Dieses wurde 1803 von dessen Bewunderer Johann Wolfgang von Goethe ins Deutsche übersetzt. Illustriert wurde diese Übersetzung 1940 vom Kölner Künstler Peter Josef Paffenholz (1900-1959) mit 14 beeindruckenden Holzschnitten. Zu sehen ist die Sonderschau noch bis zum 4. September im Wallraf.
Cellini war ein vielseitiger Autor und Künstler, der ein durchaus abenteuerliches Leben vorweisen konnte und der sich mit vielen Themen und Genres auseinandersetzte. Der Italiener war ein sehr emotionaler und oft auch polemischer Schreiber, der seine Künstlerkollegen genauso wie seine Auftraggeber ins Visier nahm. Dabei schreckte er selbst vor einer Auseinandersetzung mit dem französischen König nicht zurück, bei der er als Sieger hervorging.
Bei der Anleitung zum Zeichnen beschritt Cellini neue Wege. Anders als seine Künstlerkollegen ging er beim Erlernen dieser Kunst nicht vom Auge und dem Gesicht, sondern vom menschlichen Skelett aus, das sich der Einsteiger vom Bein- und Fußknochen aus komplett erschließen konnte.
Bei Goethe, der auch Cellinis Autobiografie übersetzte, war es ein literarisches Interesse am Werk Cellinis, der den Dichterfürsten mit seinem normsprengenden Verhalten faszinierte. So beging dieser zwei Morde und einen Totschlag, bekam aber immer eine Sonderbehandlung.
Peter Josef Paffenholz hatte zu Goethe eine Affinität
Der Kölner Paffenholz entdeckt das übersetzte Traktat in einer Zeit für sich, in der die Nazis die Macht erobert hatten und in der Krieg in Europa begann. Zu Goethe hatte der Künstler eine große Affinität entwickelt und daher auch eine Faust-Ausgabe illustriert. Paffenholz absolvierte verschiedene Lehren und besuchte die Kunstgewerbeschule in Köln.
Er war ein politisch engagierter Künstler, der als Kommunist im Kölner Stadtparlament saß. Dabei kam er schnell ins Visier des NS-Regimes, das ihn zeitweise inhaftierte und das ihn in der anderen Zeit streng überwachte. Das hatte 1940 deutliche Spuren bei Paffenholz hinterlassen.
Zu sehen ist auf den Holzschnitten der Künstler im Selbstporträt, der im engen, an eine Zelle erinnernden Atelier ein Skelett zeichnet. Bei ihm geht es um die Anatomie des Todes, der dem Zeichner in einer klaustrophobischen Enge gegenübertritt. So verwandelt sich das Skelett vom rein anatomischen Modell schnell zur Allegorie des Todes.
Peter Josef Paffenholz fühlte sich als Künstler bedroht
Auf einem Holzschnitt zeigt der Tod die sozialistische Faust, die einen Zeichenstift in die Höhe hält. In einem anderen Bild tritt der Tod dem Künstler als Spiegelbild gegenüber. Das zeigt, wie sich Paffenholz, dem zeitweise auch ein Berufsverbot erteilt wurde, als Künstler in seiner Existenz bedroht fühlte. So entpuppen sich die Holzschnitte als sehr persönlicher und zeitkritischer Kommentar zur politischen Gegenwart des Nationalsozialismus und werden zu einer künstlerischen Form des Widerstands.
Das Wallraf zeigt erstmals die mutigen Arbeiten von Paffenholz. Zu sehen sind diese auch als Reproduktionen der 1940 illustrierten Originalausgabe des Cellini-Traktats im zur Ausstellung erschienenen Katalog.