Düsseldorf | Während die bundesweiten gewaltsamen Übergriffe von Jugendlichen die gefühlte Unsicherheit in der Bevölkerung steigen lassen, zeigt die Kriminalstatistik in eine andere Richtung: Die Jugendkriminalität geht in Nordrhein-Westfalen weiter zurück. Im Jahr 2011 gab es rund 13.000 Verurteilungen gegen Jugendliche wegen Gewaltdelikten, wie aus der am Freitag vorgestellten Strafverfolgungsstatistik hervorgeht. Dies ist der niedrigste Stand seit 1997.

NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) spricht bereits von einem „rückläufigen Trend“ und einer „positiven Entwicklung“. Denn auch die Zahl der jugendlichen Intensivtäter hat abgenommen – innerhalb von zwei Jahren um zehn Prozent. Der Minister führte die Entwicklung unter anderem auf die verbesserte Lage auf dem Lehrstellen- und Arbeitsmarkt sowie eine bessere Integration von Migranten zurück. Auch der demografische Wandel leiste seinen Beitrag.

Grund für Freudensprünge sind die neusten Zahlen allerdings nicht. Auch wenn die Verurteilungen nicht mehr das Niveau von über 16.000 erreichen wie vor fünf Jahren, sind es noch immer deutlich mehr als Anfang der 1990er Jahre. Damals sank die Statistik sogar unter die Marke von 10.000. Auch gemessen an der Gesamtzahl der Jugendlichen gab es prozentual weniger Verurteilte. Sorgen bereiten unter anderem die Wiederholungstäter. Sie machen zwar nur maximal zehn Prozent aller jugendlichen Täter aus. Die Hälfte aller Straftaten in ihrer Altersgruppe wird allerdings von den Intensivtätern begangen.

Staatsanwaltschaft vor Ort

Justizminister Kutschaty spricht sich in dem Zusammenhang dafür aus, die Möglichkeiten des Jugendstrafrechts „konsequent“ zu nutzen und eine „breite Palette von Maßnahmen“ zur effektiven Bekämpfung von Jugendkriminalität bereitzuhalten. So kündigte der SPD-Politiker an, die Arbeit der Jugendstaatsanwälte neu zu strukturieren. Unter dem Arbeitstitel „Staatsanwalt vor Ort“ sollen die Justizbeamten einen klar definierten Ort zugewiesen bekommen, für den sie zuständig sind. „Bisher hat der Anfangsbuchstabe des Familiennamens, als ein rein formaler Gesichtspunkt, die Zuständigkeit begründet“, sagte Kutschaty. Bei Erprobungen seien durch das neue System die Verfahrensdauern deutlich gesenkt worden.

Abseits der Jugendkriminalität wurden in 2011 mehr Menschen in NRW wegen Verbrechen oder Vergehen verurteilt. Mit knapp 177.800 Verurteilungen waren es fast zwei Prozent mehr als im Vorjahr. Bundesweit nahm die Zahl im Gegenzug um ein Prozent ab. Mitverantwortlich für den Anstieg macht der Justizminister ein verändertes Anzeigenverhalten der Bahn sowie örtlicher Verkehrsbetriebe bei Schwarzfahrern. Die Verurteilungen in diesem Bereich stiegen um fast 30 Prozent an.

Den größten Anteil an den Verurteilungen betreffen mit fast 28 Prozent Betrug, Untreue, Unterschlagung und Urkundenfälschung. An zweiter Stelle liegen Diebstahlsdelikte, gefolgt von Straftaten im Straßenverkehr.

Autor: Christian Wolf, dapd