Köln | Was hält eine Gesellschaft zusammen, in der nicht alle dieselbe Religion oder Weltanschauung teilen? Damit setzen sich die 150 Teilnehmer aus Wissenschaft, Seelsorge, Bildung und Sozialer Arbeit sowie christliche, jüdische und muslimische Religionsvertreter auf dem Kongress „WerteDialog“ vom 26. bis zum 28. November im Kölner Maternushaus auseinander. Dabei sollen gemeinsame Grundwerte erörtert und Standards zu interkulturellen und interreligiösen Lernen definiert werden.

Die thematischen Schwerpunkte der ersten beiden Tage waren dabei Werte und Wertebildung aus Sicht der vertretenen Religionen in einer multikulturellen und vielschichtigen Gesellschaft. Hierbei wurden in Grundsatzreferaten Werteorientierungen aus jüdischer, christlicher und muslimischer Perspektive vorgestellt und aus jeweils andersreligiöser Sicht kommentiert.

Am Dienstagnachmittag und Mittwoch sollen in Workshops an verschiedenen Lernorten wie Kindergärten, Schulen, Hochschulen, Jugend- und Stadtteilzentren, hauptsächlich konfessionellen Bildungseinrichtungen, die unterschiedlichen religiösen und weltlichen Herangehensweisen zu Wertefragen vertieft werden. Dies soll jeweils zugeschnitten auf die jeweilige Zielgruppe sowie das jeweilige Themengebiet geschehen. Die Themen hierbei sind unter anderem „Schule als Ort der Weiterbildung“, „Interreligiöses Lernen an Hochschulen und Universitäten“ oder „Werte in Institutionen und Organisationen“. Die Ergebnisse aus den insgesamt zehn Workshops sollen dann am Mittwochabend abschließend gemeinsam diskutiert werden.

„Ich habe die Ansicht, dass man in jedem Menschen Gott begegnen kann“, so Dr. Frank Hensel, Diözesan-Caritasdirektor, deshalb müsse man auch sehen, dass Vielfältigkeit etwas Gottgewolltes sei, dem man sich nicht verschließen dürfe. Auf wissenschaftliche Ebene funktioniere dies bereits recht gut, nun gehe es daran, dies auch auf den Alltag zu übertragen.

Rabbiner Jaron Engelmayer von der Synagogengemeinde Köln betonte, Toleranz sei der kleinste gemeinsame Nenner auf dem man sich treffen müsse, um sich von dort aus über Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Werteverständnis innerhalb einer Gesellschaft austauschen zu können. Die öffentliche Wahrnehmung des Judentums in Deutschland sei hauptsächlich mit Holocaust und Vertreibung verbunden und bleibe auch oft darauf beschränkt. Dass die jüdischen Gemeinden ebenfalls zur Wertebildung in einer aufgeschlossenen Vielfaltsgesellschaft beitragen und dies auch wollen, bleibe oft unbeachtet. Der „WerteDialog“ leiste einen sehr guten Beitrag dazu, um darauf aufmerksam zu machen.

„Der Islam ist gerade dabei, sich als wissenschaftliches Fach an deutschen Hochschulen zu etablieren“, so Prof. Dr. Mouhanad Khorchide vom Zentrum für Islamische Theologie an der Universität Münster. An seinem Institut werden künftige Lehrkräfte für muslimischen Religionsunterricht ausgebildet. Bei der Ausbildung der Religionslehrer sei es wichtig, dass diese später sowohl mit Verschiedenheit innerhalb der eigenen Religion umgehen könnten, ebenso wie mit der Tatsache, dass es innerhalb der Gesellschaft auch noch andere Anschauungen und Wertevorstellungen gebe. Vom „WerteDialog“ erwarte er sich auch dahingehend neue Impulse.

Einig waren sich die Vertreter aller anwesenden Religionen, dass man eine breite Basis an gemeinsamen Werten habe, auf denen man aufbauen könne.

Träger der Veranstaltung, die noch bis zum Mittwochabend andauern wird, ist der Diözesan-Caritasverband, der den Kongress in Kooperation mit der Katholischen Hochschule NRW, dem Erzbischöflichen Generalvikariat Köln, der Synagogengemeinde Köln und dem Zentrum für islamische Theologie an der Universität Münster, veranstaltet. Im Abschluss an den Kongress sollen die gewonnenen Erkenntnisse gesammelt und in einem Buch zusammengefasst werden. Das Buch, dessen Titel noch nicht feststeht, soll unter der Federführung von Prof. Dr. Josef Freise von der Katholischen Hochschule NRW und Prof. Dr. Mouhanad Khorchide von der Universität Münster entstehen.

Autor: Daniel Deininger
Foto: Dr. Werner Höbsch, Rabbiner Jaron Engelmayer, Dr Frank Hensel, Prof. Dr. Josef Freise und Prof.Dr. Mouhanad Khorchide (vlnr.) demonstrierten Geschlossenheit bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Rande der Veranstaltung.