Berlin | aktualisiert | Der ägyptische Präsident Mursi kommt heute nach Berlin. Er besucht die Bundekanzlerin Angela Merkel. Wir dokumentieren den Verlauf des Tages.

Vor dem Besuch des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi fordert Außenminister Guido Westerwelle (FDP) Geduld mit den Reformen in Ägypten und will an den finanziellen Hilfen Deutschlands für Ägypten festhalten. „Ägypten braucht nachhaltige Unterstützung aus dem Ausland: Ohne Investitionen, ohne Touristenströme, aber auch ohne Hilfe bei der Transformation werden sich glaubwürdige wirtschaftliche Perspektiven und soziale Teilhabe für die Menschen in Ägypten nicht einstellen“, sagte Westerwelle der „Rheinischen Post“. Gerade in dieser Phase der Unsicherheit sei es wichtig, den Dialog mit Ägypten zu stärken, so der FDP-Politiker.

Zugleich forderte Westerwelle die Staatengemeinschaft zu Geduld mit Ägypten auf. „Niemand konnte erwarten, dass sich in Ägypten nach langer autoritärer Herrschaft in kurzer Zeit alles zum Besten wendet.“ Bei allen Problemen bleibe Deutschland bereit, Ägypten in einer Transformationspartnerschaft auf dem schwierigen Weg zur Demokratie zu begleiten.

„Ein Zurück in die alten autoritären Verhältnisse darf es nicht geben.“

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Ruprecht Polenz (CDU), will mit dem ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi heute auch über Frauenrechte und Fragen der Religionsfreiheit reden. „Wir begrüßen, dass Mursi auch das Parlament trifft und wir im Auswärtigen Ausschuss Gelegenheit haben, mit ihm zu sprechen“, sagte er der „Mitteldeutschen Zeitung“. „Dabei interessiert uns vor allem seine Vorstellung von der weiteren Demokratie- und Rechtsstaatsentwicklung, hier insbesondere Fragen der Frauenrechte und der Religionsfreiheit.“

Polenz fügte hinzu: „Außenpolitisch geht es uns nicht zuletzt um Ägyptens Verhältnis zu Israel. Wir erwarten, dass der Friedensvertrag eingehalten wird und sich das Verhältnis positiv entwickelt.“

Grünen-Chefin Claudia Roth hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aufgefordert, den ägyptischen Präsidenten Mursi bei seinem Besuch heute in Berlin an seine Verantwortung als Präsident aller Ägypter zu erinnern. „Mursi trägt als frei gewählter Präsident eine Verantwortung für alle Ägypter. Er muss sich für die Einbeziehung der Opposition, für gleiche Rechte, Gewaltlosigkeit und eine Verbesserung der sozialen Lage einsetzen“, sagte Roth der „Rheinischen Post“.

„Wir fordern von Bundeskanzlerin Merkel, diese Themen in den Vordergrund ihrer Gespräche mit Mursi zu stellen.“ Verantwortung für alle Menschen im Land zu übernehmen, sei „das Gegenteil von Ausnahmezustand und der Akzeptanz von Todesurteilen“.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den Berlin-Besuch des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi für mahnende Worte genutzt. Aus Sicht der Bundesregierung sei es wichtig, dass in Ägypten die Menschenrechte eingehalten würden und ein „Gesprächsfaden mit allen politischen Kräften“ existiere, sagte die Kanzlerin nach ihrem Gespräch mit Mursi. Die Religionsfreiheit müsse in Ägypten „gelebt werden“ können.

Zudem appellierte die Kanzlerin an Mursi, den Demokratisierungsprozess in Ägypten fortzusetzen, betonte aber auch, dass Kairo ein wichtiger Partner von Deutschland sei. Mursi zeigte sich regelrecht handzahm und erklärte seinerseits, die deutsch-ägyptischen Beziehungen ausbauen zu wollen. Auch in Sachen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Religionsfreiheit, Trennung von Staat und Religion zeigte sich Mursi ganz modern.

Angesprochen auf israelfeindliche Äußerungen der Vergangenheit sagte der ägyptische Präsident, dass er „nicht gegen das Judentum als Religion“ sei. „Ich bin nicht gegen die Juden, die ihre Religion ausüben.“ Er selbst sei gläubiger Muslim.

„Und meine Religion verpflichtet mich dazu, an alle Propheten zu glauben, alle Religionen zu respektieren und das Recht der Menschen zur Glaubensfreiheit zu respektieren“, bekräftigte Mursi. Mitte Januar hatten mehrere Medien über ein Fernsehinterview von Mursi aus dem Jahr 2010 berichtet. Darin hatte er die „Zionisten in Israel“ als „Blutsauger“ und „Nachfahren von Affen und Schweinen“ beschimpft.

In Berlin sagte der ägyptische Präsident nun, dass seine Äußerungen aus dem Zusammenhang gerissen worden seien: Damals sei die Rede von religiösen Praktiken gewesen, mit denen Blut vergossen beziehungsweise mit denen unschuldige Zivilisten angegriffen würden. Der Staatsbesuch von Mursi in Deutschland, der ursprünglich für zwei Tage angelegt war, war wegen der anhaltenden Unruhen in Ägypten auf einen Tag zusammengestrichen worden. So musste unter anderem ein geplantes Treffen mit Bundespräsident Joachim Gauck abgesagt werden.

Autor: dts