Das Pressefoto des Deutschen Bundestages zeigt Wolfgang Schäuble in seiner Zeit als Präsident des Deutschen Bundestages. Die Aufnahme entstand am 9. September 2019. | Foto: Deutscher Bundestag/Achim Melde

Köln | aktualisiert | red, dts | Der frühere Bundesfinanzminister und Präsident des Deutschen Bundestages Dr. Wolfgang Schäuble ist mit 81 Jahren verstorben.

Wolfgang Schäuble ist tot. Er starb in der Nacht zu Mittwoch im Alter von 81 Jahren im Kreise seiner Familie, wie mehrere Medien übereinstimmend berichteten. Bis zuletzt war Schäuble als dienstältester Abgeordneter für die CDU im Bundestag, dem er seit 1972 ununterbrochen angehörte.

Im Jahr 1990 war er maßgeblich an der Aushandlung des Einigungsvertrags beteiligt, seit einem Attentat auf ihn im gleichen Jahr war er querschnittgelähmt und saß im Rollstuhl. Über die Jahre bekleidete Schäuble diverse politische Ämter, unter anderem war er CDU-Parteichef, Unionsfraktionsvorsitzender, Chef des Bundeskanzleramtes, Innenminister und Finanzminister. Von 2017 bis 2021 war er Bundestagspräsident.

Die CDU Spendenaffäre

Bekannt wurde Schäuble auch durch die CDU-Spendenaffäre. Es war der 2. Dezember 1999 als der grüne Abgeordnete Hans-Christian Ströbele durch Zwischenrufe von Schäuble wissen wollte, welche Kontakte er zum Waffenhändler Karlheinz Schreiber er unterhielt. Schäuble so das Protokoll antwortete er habe im Spätsommer oder Frühherbst 1994 einen Herrn bei einem Gesprächsabend in einem Bonner Hotel kennengelernt den er später als Schreiber identifiziert haben wolle. Dabei hatte Schäuble, was er aber erst am 10. Januar 2000 einräumte, von Schreiber im Jahr 1994 eine Barspende von 100.000 D-Mark für die CDU entgegengenommen. 1995 traf Schäuble Schreiber ein weiteres Mal. Die CDU verbuchte die Barspende als „Sonstige Einnahme“. Es folgte am 16. Februar 2000 der Rücktritt Schäubles als Partei- und Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Das Attentat

Es ist Wahlkampf im Oktober 1990. Am 12. Oktober 1990 tritt Wolfgang Schäuble in der Gaststätte „Brauerei Bruder“ in Oppenau auf. Dieter Kaufmann feuert auf den CDU Politiker zwei Schüsse aus einem Smith & Wesson Revolver ab. Schäuble war damals Bundesminister des Inneren und wird von den Kugeln am Kiefer und im Rückenmark getroffen. Schäuble war seit dem Attentat gelähmt und auf einen Rollstuhl angewiesen. Auch ein Personenschützer Schäubles wurde verletzt. Der Täter Kaufmann wurde in die forensische Psychiatrie eingewiesen, nachdem bei ihm Verfolgungswahn diagnostiziert wurde.

Wüst ehrt Schäuble

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst zum Tod von Wolfgang Schäuble: „Mit Wolfgang Schäuble verliert Deutschland einen Jahrhundert-Politiker und eine herausragende Persönlichkeit, die sich um unser Land und Europa in besonderer Weise verdient gemacht hat. Sein politischer Rat, seine Hinweise und Einschätzungen waren von besonderer Bedeutung. Wolfgang Schäuble war für mich ein Vorbild. Er hat für die Politik gelebt. Sein Antrieb, sich für die Menschen einzusetzen, war schier endlos. Mit Wolfgang Schäuble verliert Deutschland einen der letzten herausragenden Politiker der Deutschen Einheit und Europa verliert einen ehrlichen Vermittler für Stabilität und Solidität im gemeinsamem Wirtschaftsraum. Die deutsche Christdemokratie verliert mit Wolfgang Schäuble nicht nur einen Ideengeber und Antreiber, sondern eine seiner historisch prägendsten Persönlichkeiten.

Als Bundesminister hat Wolfgang Schäuble die politische Landschaft in Deutschland über Jahrzehnte geprägt und sich dabei durch Entschlossenheit, Durchsetzungskraft und klugen Verstand ausgezeichnet. In den Jahren nach der Wiedervereinigung hat er als Bundesinnenminister eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung der politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen gespielt, die mit der Wiedervereinigung einhergingen. Von Wolfgang Schäubles Wirken hat Nordrhein-Westfalen in besonderer Weise profitiert. Er hat maßgeblich zur Weiterentwicklung der europäischen Integration beigetragen und damit einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des Friedens und der Freiheit in Europa geleistet.

Als Bundestagspräsident hat er wesentlich zur Stärkung der parlamentarischen Demokratie beigetragen und damit auch das Ansehen Deutschlands im In- und Ausland gestärkt. Vor allem in seinem späteren politischen Wirken warb Wolfgang Schäuble stets für den offenen Diskurs. Sein Wort hatte in politischen Debatten Gewicht.

Wolfgang Schäuble hat große Spuren hinterlassen und wird auch in Nordrhein-Westfalen unvergessen bleiben. Sein Vermächtnis wird uns nach seinem Tod weiter begleiten und uns jeden Tag motivieren, für ein freies und demokratisches Europa zu kämpfen. In Gedanken bin ich in diesen Stunden bei Wolfgang Schäubles Familie um seine bewundernswert starke Frau Ingeborg sowie den Kindern und Enkelkindern. Ihnen gehört unsere Anteilnahme.“

Politisches Berlin trauert um Wolfgang Schäuble

Das politische Berlin trauert um den verstorbenen ehemaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble. „Mit dem Tod von Wolfgang Schäuble geht eine beeindruckende und sehr lange Politikerkarriere zu Ende“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). „Sein Intellekt, seine Freude an der demokratischen Auseinandersetzung, sein konservatives Weltbild und seine rhetorische Schärfe zeichneten ihn in all dieser Zeit ganz besonders aus“, so Scholz.

„Ich verliere mit Wolfgang Schäuble meinen engsten Freund und Ratgeber, den ich in der Politik je hatte“, sagte CDU-Chef Friedrich Merz. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hob Schäubles Rolle bei der deutschen und europäischen Einigung hervor. Kaum ein Politiker habe die jüngste deutsche Geschichte und demokratische Kultur so geprägt wie er, sagte sie.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nannte den Verstorbenen „einen der bedeutendsten Demokraten unserer Republik“, der „das demokratische Nachkriegsdeutschland wie wenige andere“ verkörpert habe. FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte, er verneige sich vor einem „großen Staatsmann, der unser aller Leben mitgeprägt hat“.

Emmanuel Macron: „Schäuble war ein Freund Frankreichs“ 

Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat sein Bedauern über den Tod von Wolfgang Schäuble ausgedrückt. „Wolfgang Schäuble war ein Freund Frankreichs“, schrieb Macron bei Twitter. Er habe die Beziehungen zwischen beiden Ländern gestärkt.

„Er trug zur deutschen Wiedervereinigung, zum Aufbau des Euro und zur europäischen Einheit bei. Ich begrüße sein Engagement. Mein Beileid gilt seinen Lieben und dem deutschen Volk.“

Auch Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire reagierte „zutiefst betrübt“. „Er war ein Freund, ein treuer und verlässlicher Partner, ein unermüdlicher Architekt der deutsch-französischen Freundschaft“, so Le Maire. Am Morgen war bekannt geworden, dass der CDU-Politiker in der Nacht zu Mittwoch im Alter von 81 Jahren im Kreise seiner Familie verstorben ist.

Finanzministerium sieht wegen Schäuble „bleibende Verpflichtung“

Das Bundesfinanzministerium will sich weiter am früheren Finanzminister Wolfgang Schäuble, der am Dienstagabend verstorben war, orientieren. „Seine konsequente Haltung ist uns eine bleibende Verpflichtung“, hieß es in einer am Mittwoch veröffentlichten Erklärung des Ministeriums, die namentlich nicht unterzeichnet war. Schäuble habe als Bundesminister der Finanzen „in herausfordernden Jahren nicht nur für die Fiskalpolitik Deutschlands, sondern ganz Europas Maßstäbe gesetzt“.

Das Bundesministerium der Finanzen werde ihm ein ehrendes Andenken bewahren, es wurde Trauerbeflaggung angeordnet. Schäuble war von 2009 bis 2017 Finanzminister und berüchtigt für seine strenge Finanzdisziplin und Kämpfer für die „schwarze Null“: jahrelang gelang es ihm, keine neuen Schulden zu machen.