Köln | Es sind die Extreme, die uns Menschen faszinieren und emotional berühren: Extreme Dynamik, extreme Kontraste, extreme Synchronisation oder ein für uns völlig unerwarteter Umgang mit sinnlichen Erfahrungen, die wir anders erfahren und eingeordnet haben und die unseren Horizont erweitern. Im Rahmen des 28. Sommerfestivals in der Kölner Philharmonie gastieren für wenige Tage die Drummers of Japan – Yamato wieder in Köln mit ihrer neuen Bühnenshow „Bakuon“ und die zelebrieren genau diese Extreme. Gestern war Köln-Premiere und eine junge Zuschauerin brachte es nach dem Schlussapplaus mit einem Wort auf den Punkt: „Megageil“.

Fotografische Eindrücke aus den ersten 15 Minuten der Show von Yamato >

Der Schlag des Herzens als zentrales Element

Auftritte japanischer Trommler in Köln haben mittlerweile einen lange Tradition. Legendär der Auftritt von „Gocoo – Magic Drummers of Japan“ im Jahr 2008 beim „Sommer Köln“, als mehr als 5.000 Kölnerinnen und Kölner in den Mediapark strömten. Jetzt sind die Musikerinnen und Musiker von Yamato vom 21. bis 26. Juli 2015 in der Kölner Philharmonie zu Gast mit „Bakuon“. Die Trommler erzählen die Geschichte des Herzschlages, den sie selbst als einen starken, leidenschaftlichen und immerwährenden Beat bezeichnen. Der kann, wie wir alle wissen, heftig schlagen, pulsieren, leidenschaftlich sein und unseren ganzen Körper erfassen. Und so beginnt die aktuelle Show mit „Habataki“, dem Flügelschlag. Genau in dem Moment, in dem das Leben mit dem ersten Herzschlag beginnt, seien wir Lebewesen aufgefordert zu fliegen, können nicht in unserem Nest bleiben. Die Trommler umschreiben mit ihren Stücken, das Individuum, die Seele, den konzentrierten Geist und erreichen am Ende das Ziel mit „Bakuon“ – dem größten Klang, dem Rhythmus des Herzens. Der Puls, der nicht pausiere, so lange es Leben gebe. Und so erreichen die japanischen Trommler nicht nur die Ohren ihres Publikums, sondern durch die Vibrationen ihrer teilweise riesigen Trommeln auch den ganzen Körper. Ein ganz einmaliges Erlebnis von Klang und Körpererfahrung.

Großartige Zimbel-Spielerei

Dabei setzen die Trommler von Yamato nicht alleine nur auf die mächtigen Trommeln, sondern ergänzen den Sound mit dreisaitigen Shamisen oder kokettieren mit den kleinen bronzenen Chappa-Zimbeln. Das Stück heißt „Garakuta“ – Spielereien aus Müll. Drei Musiker entlocken diesen metallischen Instrumenten eine sagenhafte Bandbreite an Tönen und spielen mit ihnen. Sie werfen Töne hoch in die Luft, fangen sie wieder auf oder werfen sich, wie beim Ballspiel die Töne zu. Beim Spiel mit diesen Mini-Instrumenten zeigen sie auf virtuose Weise mit Klängen, wie wir Menschen interagieren. Da will der eine den Ton nicht hergeben, für sich behalten, während ein anderer wartet. Man kann die Töne teilen, dreimal Töne sind mehr und Töne stehen für Lebensfreude. Dichter und gleichzeitig leichter kann man menschliches Verhalten nicht darstellen, ohne ein Wort zu sagen. Das Kölner Publikum begeistert, das Ensemble verzückend fröhlich.

Yamato – 150 prozentige Perfektion bei 100 Prozent Emotion

Jeder Klang, jede Geste sind perfekt gesetzt. Die Synchronisation gelingt zu mehr als 150 Prozent, ob es den Tanz oder die Perfektion betrifft, mit der die Schläge die Trommeln treffen. Dazu kommt das Spielerische und eine verrückte Performance bei der die Musiker mit bis zu 500 Schlägen pro Minute ihre Trommeln erklingen lassen und dazu noch tanzen oder über die Bühne jagen. Sie gehen an ihre physischen Grenzen und übertragen genau diese Magie dieses Augenblicks mitten ins Publikum. Dabei sind die Tonfolgen minutiös gesetzt und gerade in der Akustik der Kölner Philharmonie exakt erlebbar. Wenn die „Odaiko“, die größte Trommel mit einem Gewicht von rund 500 kg und Durchmesser von 1,70 Metern geschlagen wird, meint man, diese könne ein Erdbeben auslösen. Die Klangmuster der einzelnen Stücke bieten eine ungeahnte Bandbreite an Rhythmus und Soundvielfalt, die einen vergessen lässt, dass hier nur neun Musiker und nicht ein ganzes symphonisches Orchester wirkt. Das Kölner Premierenpublikum war begeistert, spendete Standing Ovations und versuchte bei der Zugabe mit der Geschwindigkeit der japanischen Musiker mitzuhalten, was nicht jedem gelang, aber allen viel Spaß machte. Denn der kommt trotz der konzentrierten Art mit der die Musiker ihr Werk zelebrieren, auch nicht zu kurz. Das der Sound und Vibes, die das Publikum tief berühren, von einer visuell und choreografisch für das westliche Auge grandios inszenierten Show begleitet werden, versteht sich fast schon ein wenig von selbst.

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Über Yamato

Seit über 20 Jahren begeistern die Musiker von Yamato weltweit ihr Publikum. In 53 Ländern sind sie schon aufgetreten und haben vor über sechs Millionen Menschen ihre Trommelkunst zelebriert. Yamato stammt aus der japanischen Stadt Asuka. Die Trommler bilden eine feste Gemeinschaft und verbringen sehr viel Zeit miteinander, um die Perfektion der Synchronisation zu erreichen. Jeden Morgen stehen sie gemeinsam um 6:30 Uhr auf und laufen 10 Kilometer und machen anschließend ihre Kraftübungen. Sie trommeln bis zu 10 Stunden am Tag, verbrauchen bis zu 200 Trommelstöcke jedes Jahr, die sie selbst anfertigen und verlieren pro Show rund zwei bis drei Kilogramm Körpergewicht.

Die Trommeln, die sie mit auf Tour nehmen sind teilweise über 400 Jahre alt. Mehr als 35 unterschiedliche Trommeln kommen zum Einsatz und alleine das Bühnenequipment wiegt 40 Tonnen.

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Karten und mehr Informationen unter www.koelnersommerfestival.de

Autor: Andi Goral
Foto: Die Musiker von Yamato geben bei ihrer Show „Bakuon“ in der Kölner Philharmonie alles