Die Revue "Berlin Berlin" kommt zum Auftakt des Festivals nach Köln. Foto: Jens Hauer

Köln Los geht es beim diesjährigen Sommerfestival in der Philharmonie mit einer Zeitreise in die Goldenen 1920er Jahre an der Spree. Vom 28. Juni bis zum 2. Juli gastiert die Revue „Berlin Berlin“ in Köln. An den Rhein kommt eine aktualisierte und aufgefrischte Version inklusive eines neuen Berlin-Medleys mit den großen Schlagern dieser bewegten Zeit in der Hauptstadt. Die Revue versammelt die Größen der Berliner Blütezeit von 1927 bis 1933 wie die Stilikone Marlene Dietrich, die Femme fatale Anita Berber, die legendären Comedian Harmonists und die Skandaltänzerin Josephine Baker. Gemeinsam mit ihrem großen Orchester präsentieren sie 30 Glanznummern vom „Bei mir bist du schön“ über „Mackie Messer“ bis zu „Puttin‘ on the Ritz“. Das Tanzensemble gibt zudem Einblicke in die Tänze einer Epoche, als Berlin ein brodelnder Vulkan war. Wir haben vorab mit Jendrik Sigwart gesprochen, der in der Revue als Teil der Comedian Harmonists auf der Bühne steht.

Wie sind Sie zu “Berlin Berlin” gekommen?

Jendrik Sigwart: Ich stand für die Revue das erste Mal bei der Weltpremiere 2019 im Berliner Admiralspalast auf der Bühne, und auch in den darauffolgenden Tourneestädten Anfang 2020. Dann hab ich beim Eurovision Song Contest in Rotterdam teilgenommen, und seit Winter 2022 bin ich wieder mit „Berlin Berlin“ unterwegs. Ich spiele in der Show unter anderem einen Sänger der Comedian Harmonists.

Jendrik Sigwart ist in der Revue ein Mitglied der Comedian Harmonists. Foto: Christian Kleiner

Was reizt Sie an der Zeitreise in die 1920er Jahre?

Sigwart: Es fasziniert mich, wie authentisch die Gefühle von damals in der Revue rübergebracht werden. Es war eine wilde und freie Zeit. Man hat in den Klubs gefeiert und konnte dabei die bedrohliche Lage ausblenden, die damals über Deutschland hereinbrach. In der Show zeigen wir, dass jede Nummer genossen wurde und dass man seinen Spaß hatte, während draußen auf den Straßen Gewalt und Diskriminierung immer massiver zum Vorschein kamen.

Was mögen Sie besonders an dieser Zeit?

Sigwart: Das ist ganz klar die Musik, die den Swing für sich entdeckte und ihn nach Deutschland holte. Mich begeistern die Comedian Harmonists genauso wie zum Beispiel Kurt Weil und seine “Dreigroschenoper”. Die deutsche Kultur war gerade dabei, sich weiterzuentwickeln, bis dann in den 30er Jahren der Stopp kam, weil die Nazis die Macht ergriffen. Da beginnt man zu überlegen, was alles hätte sein können, wenn die NS-Herrschaft und der Zweite Weltkrieg nicht gewesen wären. Für die Comedian Harmonists bedeutete es das Aus, sie mussten sich auflösen. So sind die 1920er Jahre eine Zeit, die einerseits fasziniert, aber eben auch entsetzt.

Sehen Sie Parallelen zu den Entwicklungen jetzt in den 20er Jahren unseres Jahrhunderts?

Sigwart: Wir leben wieder in Zeiten, in denen man Schuldige für Probleme sucht. In den 1920er Jahren und in der NS-Zeit verfolgte man die Juden als Sündenböcke. Bei den Russen jetzt wurde der Einmarsch in die Ukraine damit begründet, dass man angeblich gegen Nazis im Land vorgehen wollte. Auch hier wurde ein Vorwand gesucht, um Gewalt anwenden zu können. Ich finde es sehr schlimm, dass man wieder damit durchkommt, anstatt Probleme friedvoll zu lösen. Dabei könnten doch alle Menschen in Frieden zusammen feiern.

Die Botschaft der Revue „Berlin Berlin“

Ist das auch die Botschaft von “Berlin Berlin”?

Sigwart: Die Revue will zunächst vor allem das Publikum gut unterhalten und mitreißen. Gleichzeitig hat sie Tiefgang und regt auch zum Nachdenken an. Man sieht im Stück, wie die damalige Situation eskaliert. Genau das müssen wir heute verhindern. Das, was damals mit den Künstlern passiert ist, kann auch heute wieder so kommen. Wenn das Publikum dieses Risiko erkennt, haben wir schon sehr viel erreicht.

Wenn Sie in den 1920er Jahren gelebt hätten, welche Rolle würden Sie dann gerne übernehmen?

Sigwart: Es gibt viele spannende Perspektiven in dieser Zeit. Ich glaube, ich wäre dann tatsächlich am liebsten in Berlin gewesen und hätte diese Zeit als Gast in den Klubs miterlebt. Diese tolle Musik so zu genießen, ist einfach großartig.

Welche Beziehung haben Sie zu Köln?

Sigwart: Ich habe eine sehr enge Beziehung zu Köln. Ich habe dort schon viel Musik aufgenommen und kenne viele Musikerkollegen, mit denen ich befreundet bin. Mit “Berlin Berlin” war ich bereits 2020 im Musical Dome und jetzt geht es für mich zum ersten Mal in die Kölner Philharmonie. Darauf freue ich mich sehr.

Der Popsänger und der Musicaldarsteller

Gibt es schon Pläne für die freie Zeit in Köln?

Sigwart: Ich kenne schon sehr viel von der Stadt. Ich mag die Kölner Altstadt, sitze gerne dort in Cafés und mag es, am Rhein spazieren zu gehen. Vielleicht schaffe ich es ja auch, die Kollegen von “Moulin Rouge” im Musical Dome zu besuchen.

Sie haben Deutschland als Popsänger beim ESC vertreten. Was ist Ihnen wichtiger, die Musicalbühne oder die Karriere als Popsänger?

Sigwart: Für mich sind das zwei Leidenschaften, die ich gerne noch besser ausleben würde. Aktuell ist es meist so, dass ich auf einen Bereich verzichten muss. So war ich froh, nach dem ESC wieder zurück zur Showbühne zu kommen, weil ich die Arbeit dort sehr liebe. Gleichzeitig vermisse ich es, meine eigenen Songs auf der Bühne zu präsentieren. Ich schreibe aktuell auch wieder an neuen Songs. Aufgeben will ich definitiv keinen der beiden Bereiche meiner Arbeit.

Service: Vorstellungen gibt es in der Philharmonie Mi-Fr 20, Sa 15 und 20 sowie Sonntag 14 und 19 Uhr. Die Karten kosten ab 49,50 Euro.

www.koelnersommerfestival.de