Köln | Bernd Streitberger hat jetzt den „Oberverwantwortungshut“ für die Baustelle der Kölner Oper seit rund drei Monaten auf und führte heute durch die Opernbaustelle. Die wirkt teilweise sehr fertig und an anderer Stelle unfertig, dort häufen sich Kabel und Lüftungsrohre und das ganze wirkt wie der berühmte gordische Knoten. Den ist Bernd Streitberger nun dabei zu lösen und er macht es wie Alexander der Große. Er hat an vielen Stellen einfach getrennt und beginnt dort eine aufwändige Neuplanung.

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Fotostrecke: Ein fotografischer Rundgang durch einen Teil der Opernbaustelle >
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Streitberger ist gut gelaunt bei der Führung, lacht viel und in den vielen Baugewölben hallt dieses Lachen ordentlich wieder. Vor drei Monaten hat der ehemalige Baudezernent sein neues Amt übernommen. Jetzt könne man ein erstes Resumee zur Baustelle ziehen, so der Macher. Die für die Kölner wichtigste Frage, wann die Oper denn jetzt den Spielbetrieb am Offenbachplatz aufnehmen könne, dazu äußert er sich nicht. Eine verlässliche Aussage gebe er erst im Frühjahr nächsten Jahres ab, wenn die Umplanungen stattgefunden haben. Wer durch die Operbaustelle geht, bis zu 18 Meter tief hat sich das Ensemble in die Erde eingegraben, hat immer wieder das Gefühl eine Kathedrale zu durchschreiten, so üppig die Dimensionen, vor allem unter der Erde. Auch die tief in der Erde liegende Kinderoper erinnert in der Form an eine Basilika. Ihre Außenhaut aus Beton die schuppig ausgebildet ist, soll noch hellgolden lackiert und von weißem LED-Licht angestrahlt werden.

Bald gibt einen neuen Planer für die technische Ausrüstung der Kölenr Oper

Man stehe kurz davor die Vergabe an einen neuen Generalplaner für die technische Ausrüstung (TA) vornehmen zu können, so Streitberger. Zum bisherigen TA-Generalplaner, mit dem die Stadt vor Gericht streitet, hat Streitberger eine klare Position: „Die Schlechterleistung ist die wesentliche Ursache für die Kündigung“. Ein wenig Unverständnis herrscht bei Streitberger, dass das Büro über andere Standorte in Deutschland und den Niederlanden wieder versucht habe, an der neuen Ausschreibung teilzunehmen. Nur die Ausschreibung für die Suche und diese, nach einem neuen Planer, habe ein Jahr in Anspruch genommen. Derzeit führt Streitberger und sein Team mit 70 Unternehmen aus 100 Gewerken, deren Bauausführungen in unterschiedlichem Zustand sind, Verhandlungen. Diese gestalteten sich, so Streitberger teilweise schwierig. Aktuell wurden die ersten Gespräche mit 27 Unternehmen geführt, die für den Baufortschritt oberste Priorität haben.

Das Schadensmanagement beschreibt Streitberger als ziemlich aufwändig, schließlich will die Stadt Köln unter Umständen bestimmte Schäden von den Unternehmen ersetzt bekommen. Streitberger hat sein Team zudem gefunden, teilweise aus städtischen Ämtern, aber auch aus der Wirtschaft. Jetzt will er in die Nähe der Baustelle ziehen, um dort eben mal vor Ort Probleme zu lösen. Denn vor Ort sähen diese häufig ganz anders aus, als am Schreibtisch.

Die Probleme liegen im Untergrund

Streitberger hat auf der Pressetour einige besonders problematische Stellen herausgesucht, die vor allem im Untergrund in den technischen Räumen zu finden sind. Da hängen Kabel einfach aus einer durchbrochenen Wand. Bündelweise und daneben sieht man, wie schon mit den Bauarbeiten zur abgehängten Decke begonnen wurde. Streitberger unterstellt Absicht, die Kabel sollten einfach unter abgehängten Decke versteckt werden. Aber das sei aus Brandschutztechnischer Sicht nicht in Ordnung. Es gibt Lüftungsschächte die im Nichts enden. Sechs Kabelschächte sind übereinander an die Wand getackert worden für die Elektroleitung und darüber befindet sich eine Wasserleitung und sogar noch eine Sprinkleranlage. Im Bereich der Lüftungsanlagen sind Schächte so verlegt, dass wichtige Verbindungsgänge unterbrochen werden oder nur noch eine lichte Höhe von 1,40 Metern ausweisen. Das bedeutet Unfallgefahr für die Mitarbeiter. Dort wo aus der Klimaanlage ein Filter getauscht werden muss ist, das Podest zum einen kaum erreichbar und zum anderen zu klein um den Filter überhaupt zu tauschen. Streitberger fragt, wer so etwas geplant hat.

Es gebe 250.000 Bauprotokolle, so Streitberger. Fluch und Segen zugleich, denn auf der einen Seite, sei zwar alles sauber dokumentiert, aber die Flut der Dokumente kaum zu bewältigen. Streitberger nennt Zahlen. Es gebe mindestens 700 Stellen, die umgeplant werden müssten. Und diese Umplanungen seien nicht einfach. Wie sollen in einem Raum, die Lüftungs- oder die Kabelplanung neu gestaltet, wenn jetzt schon klar ist, dass beides gar nicht in ein und den selben Raum passt, aber Beides dennoch dort liegt? Und von diesen Kollisionen unterschiedlicher Verrohrung gibt es viele. In der Oper sind alleine 340 Kilometer Stark- und 150 Kilometer Schwachstromkabel verbaut. Dazu kommen 30 Kilometer Datenleitungen. Es werde Stellen geben wo alles drei Mal gebaut werden müsse, so Streitberger. Zum einen wurde eingebaut, jetzt muss es wieder rausgerissen und dann neu wieder eingebaut werden. Dabei betont der neue Herr der Baustelle, dass es ihm wichtig sei, so viel möglich der bereits verbauten Stoffe wiederzuverwerten. Aber es werde auch Stellen geben, in denen alles heraus, entsorgt und dann Neues eingebaut werden müsse. Das läge auch daran, dass man in ein Gebäude aus dem Jahr 1957 jetzt die Technik von 2016 einbaue. Streitberger verdirbt das aber nicht die Laune, er bleibt fröhlich.

Ganz besonders im Bühnenraum und bei der Kinderoper. Die Kinderoper ist schon gut erkennbar und weit fortgeschritten. Aber auch hier ruhen aktuell die Arbeiten. Ein Raum, der sitzt man drinnen die Form einer Basilika hat und die äußere Form erkennbar ist, bevor man eintritt. Auch bei der Bühnentechnik sieht man Fortschritte,. Von außen hat man den Eindruck, dass die Arbeiten sehr weit fortgeschritten sind. Das Bühnengestänge hängt, es wird automatisch betrieben werden können. Im Foyer ist die Farbgebung schon erkennbar, es werden wieder die Farben sein, die Riphan gesetzt hat. Und auch der Zuschauerbereich ist so schön wie eh und je. Nur eine Stuhlreihe fehlt, um diese ist der Orchestergraben gewachsen. Allerdings ist es dort noch staubig. Bauarbeiter oder Installateure sind fast gar keine zu sehen. Das dort Menschen aus vielen Ländern arbeiteten erkennt man an den Schmierereien an den Wänden. Immer wieder stehen Beschimpfungen anderer Nationalitäten an den Wänden. Warum aber in einem städtischen Gebäude ausgerechnet jemand „Sieg Heil“ an die Wand schmieren muss und das noch sehr prominent am Baustelleneingang, irritiert. In der Bühnentechnik liegt das daran, dass die hochspezialisierten Mitarbeiter im August in anderen Häusern mit Reparaturarbeiten während der Sommerspielpause beschäftigt sind.

Um im Bild zu bleiben. Der Knoten scheint durch den massiven Stopp der Arbeiten auf der Baustelle durchschlagen. Wie lange es jetzt dauert die vielen tausend Kabelenden die von den Decken hängen oder in Ecken gammeln zu einem System zu verbinden, so dass einmal Lohengrin auf der riesigen Bühne singen kann, scheint vor dem Frühjahr 2017 nicht zu prognostizieren, wie Streitberger verlauten lässt.

Autor: Andi Goral
Foto: Baustromkästen statt Bariton und Opernarien – so sieht der Zuschauerraum aktuell in der Kölner Oper aus