Köln | Die Organisatoren der kurdischen Demonstration vom Ebertplatz zum Heumarkt am heutigen Samstag in der Kölner Innenstadt sprechen von zehn bis 15.000 Kurdinnen und Kurden die heute gegen die Inhaftierung von HDP-Abgeordneten in der Türkei auf die Straße gegangen sind. Organisiert wurde der Protest von der NAV-DEM dem „Navenda Civaka Demokratîk ya Kurdên li Almanyayê Almanya Demokratik Kürt Toplum Merkezi“ oder auf Deutsch Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland. Die Forderungen klar: Pressefreiheit, Freilassung aller politisch Inhaftierten und Demokratie in der Türkei. Dem schloss sich Bernd Riexinger, Vorsitzender der Partei die Linke, an und forderte die umgehende Freilassung aller HDP-Abgeordneten (HDP = Halkların Demokratik Partisi, auf Deutsch Demokratische Partei der Völker).

Friedlicher Protest

Es war ein friedlicher Protest, der vom Ebertplatz in Richtung Heumarkt zog. Die Polizei stellte lediglich zwei Fahnen sicher und es gab eine Strafanzeige wegen Beleidigung. Bei der Abschlusskundgebung auf dem Heumarkt fordert der Linkenvorsitzende Bernd Riexinger die sofortige Freilassung der HDP-Ko-Vorsitzenden Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag sowie der weiteren neun inhaftierten Abgeordneten und erinnerte daran, dass Demirtas erst am 3. September auf der Deutzer Werft zu rund 30.000 Kurden gesprochen hatte. Für Selahattin Demirtas übernehme er die politische Patenschaft, so Riexinger und kündigte an, dass am Montag mehrere Abgeordnete der Linken aus dem Bundestag aus Solidarität in die Türkei reisen werden.

Auch in Hamburg oder in Straßburg kamen heute Menschen zusammen, um gegen die Politik Erdogans und der AKP-Regierung zu protestieren. Ein Sprecher warf der türkischen Regierung vor jeden zu verhaften der nicht in ihre Linie passe und sprach von einer selbsternannten Diktatur. Immer wieder schallten Rufe wie „Erdogan Terrorist“ oder „PKK“ auf. Die Bundesregierung und die EU wurden aufgefordert alle politischen und wirtschaftlichen Beziehungen mit der Türkei zu beenden. Die Demonstranten bekräftigten ebenso die Forderung den EU-Türkei Flüchtlingsdeal aufzukündigen und eine sofortige Freilassung aller politischen Repräsentanten der HDP.

Mobilisierung in nur einem Tag

Die Demonstration war erst gestern angemeldet worden, aber die NAV-DEM verfügt mit ihren rund 100 Mitgliedsvereinen über die Möglichkeit schnell viele Menschen zu mobilisieren. Die Proteste gegen die AKP-Regierung und Erdogan in der Türkei begannen bereits kurz nachdem bekannt wurde, dass die HDP-Abgeordneten festgenommen wurden. Eine Sprecherin der NAV-DEM sagte gegenüber dieser Internetzeitung, dass man bereits mit einer Verhaftung gerechnet habe, aber auch dass es immer schwerer werde Informationen aus der Türkei zu erhalten. Oftmals gelinge dies nur noch über die sozialen Netzwerke, wenige Medien oder Nachrichtenagenturen.

Riexinger fordert sofortige Freilassung aller Abgeordneter der HDP

Riexinger sprach in seiner Rede davon, dass die Zustände in der Türkei nichts mehr mit Demokratie zu tun hätten und bezog sich dabei nicht nur auf die Verhaftungen der Abgeordneten, sondern etwa auch der Richter oder Journalisten. Riexinger beklagte die Verhaftung der Bürgermeisterin der südosttürkischen Kurdenmetropole Diyarbakir, Gültan Kisanak, die bei ihrer Wahl 70 Prozent der Stimmen erhalten hatte. Er forderte ihre sofortige Freilassung. Riexinger spricht davon, dass Erdogan eine Diktatur errichten wolle. Der EU-Kommission und vor allem der Bundesregierung mit Angela Merkel an der Spitze warf Riexinger vor, trotz dieser Vorkommnisse weiterhin freundliche Gespräche mit der türkischen Regierung zu führen. Die EU müsse aufhören mit der Türkei über einen möglichen Beitritt zu verhandeln und die Lieferung von Waffen in die Türkei stoppen. Zudem soll die Bundeswehr aus der Türkei abgezogen werden, wie auch der Flüchtlingsdeal beendet werden. Riexinger sieht, dass Erdogan neue Flüchtlinge aus der Türkei schaffe. Die Demonstration und Kundgebung auf dem Heumarkt war gegen 15.15 Uhr beendet.

Autor: Andi Goral