Das Foto zeigt den Chlodwigplatz in der Kölner Südstadt im Jahr 2021, wo am 9. November 1992 "Arsch huh – Zäng ussenander" Geschichte schrieb. | Foto: Bopp

Köln | Es ist der 9. November 1992. Köln ist auf den Beinen rund um den Chlodwigplatz. Am Tag nach dieser besonderen Nacht in der Kölner Südstadt gibt es ein neues Markenzeichen, dass der Stadt über Jahrzehnte zu ihrem weltoffenen Image verhalf: „Arsch huh, Zäng ussenander“. Für Menschen die der kölschen Sprache nicht mächtig sind: Arsch hoch, Zähne auseinander.

Der 9. November 1992 in Köln

Auch in den Folgejahren blieb und ist es das Markenzeichen all derer, die sich gegen rechte Gewalt wenden in der Stadt. Es ist Appell, Aufruf und ein Symbol für Zivilcourage. Wer damals am 9. November rund um den Chlodwigplatz dabei war weiß noch ganz genau an welcher Ecke er stand und wie tief berührend es für Kölsche, Immis, Pimmocks und alle war, als die Veedelshymne der Bläck Fööss erklang. Es sollen damals 100.000 Menschen gewesen sein. Es waren die Stars der Kölner Musiker-Community, die zu einem Konzert gegen Rassismus und Neonazismus aufriefen. Hintergrund waren die vielen ausländerfeindlichen Übergriffe im Land, deren Höhepunkt die Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen am 22. Und 26. August 1992 waren. Das Sonnenblumenhaus, die zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber und ein Wohnheim für ehemalige vietnamesische Vertragsarbeiter wurde von einem rechtsradikalen Mob angegriffen. Es waren bis dato die massivsten fremdenfeindlich motivierten Angriffe nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Heute oft vergessen, die Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen, vielfach auch als Pogrom bezeichnet, standen im Zusammenhang mit der Asyldebatte der 1990er Jahre. Politikern und Teilen der Medien wurde vorgeworfen durch eine zum Teil populistische Kampagne die Stimmung gegen Ausländer angeheizt zu haben.

Das Signal von Köln

In diese Stimmung im Land initiierten die Kölner Musiker:innen um BAP, Kurt Bachmann, Bläck Fööss, Brings, Rolly Brings, Nick Nikitakis, die Höhner, The Piano Has Been Drinking oder Zeltinger das Konzert rund um den Chlodwigplatz. Sie wurden unterstützt von Klaus Bednarz, Viktor Böll, Jürgen Becker, Elke Heidenreich, Jean Jülich, Willy Millowitsch und vielen anderen. Ihr Ziel:  „Wir […] wollen […] dazu beitragen, die weitverbreitete Sprachlosigkeit zu der Entwicklung in unserem Land zu beenden“, so ein Teil aus der damals vor dem Konzert veröffentlichten Erklärung. Niemand rechnete mit 100.000 Besucher:innen. Die Bilder gingen durch Deutschland und rund um die Welt.

Die Nachfolgekonzerte

Es folgen in den Jahren 2008 und 2012 Nachfolgekonzerte und auch in anderen Zusammenhängen engagierte sich „Arsch Huh“, mittlerweile ein Verein, immer wieder. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an das Birlikte-Festival. Aber es gab auch Kritik an den Konzerten 2008 und 2012. So kritisierte etwa Martin Stankowski die Neuauflage zum 20. Geburtstag und warf den Veranstalter:innen vor eine Stereotype von Köln als weltoffene Stadt zu reproduzieren, die idealisiert und oberflächlich sei und die Probleme der Stadt verschweige. Auch Jürgen Becker, der 1992 dabei war, missfiel die „Monokultur“ des Konzertes, da Migrant:innen zu wenig repräsentiert seien.

Kein Konzert zum 30. Jubiläum von „Arsch huh“

Es wird kein Konzert und keine Kundgebung zum 30. Jahrestag des „Arsch huh“ Konzerts auf dem Chlodwigplatz geben. Von einer Kundgebung auf dem Chlodwigplatz rieten Sicherheitsexpert:innen ab. Eine Großveranstaltung auf der Deutzer Werft für rund 100.000 Teilnehmer:innen kann der Verein finanziell nicht stemmen. Und das obwohl die Stadt Köln zugesagt hatte finanziell zu unterstützen. Dann sprachen die Verantwortlichen von „Arsch huh“ mit der Willi-Ostermann-Gesellschaft die zwei Tage später am Heumarkt die Eröffnung des Elften im Elften feiern wird. Der Verein „Arsch huh“ könnte deren Logistik nutzen und spricht von einer „idealen Lösung“. Aber diesen Vorschlag lehnte die Kölner Polizei ab. „Arsch huh“ sagt die Beamten sprachen von Sicherheitsbedenken. Die Polizei Köln lehnte eine Genehmigung ab. Dazu schreibt Harald Engel für „Arsch huh“: „Wir sind sehr enttäuscht über die Absage der Polizei, werden ab jetzt eine Großveranstaltung für 2023 in Angriff nehmen.“

Am 4. November soll allerdings ein neues Album mit dem Titel  „30 Jahre Arsch Huh – Wachsam bleiben!“ veröffentlicht werden.