Elvira Bill, Studentin sang ein Lied von Kurt Weil, "Der Abschiedsbrief" bei der Veranstaltung "Wider den undeutschen Geist", der an die Bücherverbrennung in Köln vor 77 Jahren am 17.Mai 2010 erinnerte.

Generationen von Fachhochschulstudenten treten über die Steine mit den Namen in das große klassizistische Gebäude. Gehen die Treppe hinauf und werden begrüßt von einem Intellektuellen Mevissen. In den Jahren als dort die NSDAP Gauleitung von Köln residierte grüßte eine anderer Herr mit Schnauzbart die Ankommenden. Heute erinnert nichts an die braune Vergangenheit. Dr. Jung hatte eine Gedenktafel schon bei seinem ersten Vortrag vor sechs Jahren angemahnt, scheint aber nicht durchgedrungen zu sein. Am 17. Mai 2010 kündigte Jung an, eine eigene Tafel am nächsten Erinnerungstag der Bücherverbrennung mit- und anzubringen. In Köln, so Jung wurden die Bücher eine Woche später als in Berlin verbrannt. Dies lag aber nicht am Mythos des widerspenstigen Köln, sondern mehr an Banalem. An dem Tag an dem die Bücher eigentlich brennen sollten, regnete es in Köln und so Jung “dann brennen Bücher nicht so gut”. Die Fachhochschule und die Universität, die hier an der Claudius Straße auch einmal ihren Sitz hatte erinnerten mit der Veranstaltung “Wider den undeutschen Geist” an diesen barbarischen Tag.


Vor dem Bodendenkmal "Namen der Autoren" in der Claudius Straße in der Kölner Südstadt


Mit Liedern von Kurt Weill und Hanns Eisler begann der Erinnerungsabend, vorgetragen von Studierenden der Hochschule für Musik und Tanz Köln. Es sangen Elvira Bill (Mezzosopran) und Michael Dahmen (Bariton) am Flügel begleitet von Christoph Schnackertz. Die Vizepräsidentin für Lehre und Studium Prof. Dr. Sylvia Heuchemer, der Fachhochschule Köln machte deutlich, dass die deutschen Hochschulen im dritten Reich bereitwillig mitmachten. Die Bücherverbrennung sei keine staatliche Maßnahme gewesen. Mit dieser Selbstaufgabe des Geistes sei man mitschuldig am Geist der Unfreiheit und Ausgrenzung. Heuchemer zitierte aus dem Almansor von Heinrich Heine: “ Das war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.” Der Geist habe die Aufgabe die Humanität zu schützen. Erst am 11. Mai habe man dem Bodendenkmal “Namen der Autoren” vor dem Gebäude der Fachhochschule 10 neue Namen hinzufügen können. Jetzt stehen dort 55 Namen von Autoren deren Werke am 17.Mai 1933 dort verbrannt wurden. Bekannten Namen, aber auch Namen die keiner heute mehr kennt. Bekannt sind etwa Joachim Ringelnatz, Maxim Gorki, Franz Kafka, Alfred Döblin um nur einige zu nennen. Unbekannter dürften sein etwa Gila Lustiger, Fritz Stier-Somlo oder Alfred Poigar. Insgesamt so Dr. Jung vom NS-Dok wurden die Werke von 550 Autoren verbrannt.

Die Steinmetzlehrlinge des Berufskollegs Ulrepforte erschaffen und ergänzen das Bodendenkmal, dass auf Initiative von Walter Vitt zurückgeht. Jung attestierte Köln eine scheinheilige Sicht auf die NS-Vergangenheit. So könne man sich auf jeden Platz in der Stadt stellen und sofort eine Führung beginnen. Im Anschluss an die Gedenkveranstaltung im Mevissensaal gab es einen Rundgang durch die Südstadt. Schon der Park vor der Fachhochschule erinnert an ein grausames Verbrechen. Hier wurde Hans-Abraham Ochs, ein achtjähriger jüdischer Junge von Mitgliedern der Hitlerjugend so zusammengeschlagen, dass er im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen erlag. Seine Mutter konnte noch nicht einmal Anzeige erstatten. Ihren zweiten Sohn brachte sie nach Holland, wo er den Krieg und den Holocaust überlebte. Die Mutter, so geht man heute davon aus, starb in einem Konzentrationslager. Dort wo heute der Baui ist, dem ehemaligen Hindenburgpark, pflegten die braunen Herren ihre Veranstaltungen am „NS-Ehrenmal“ im Fackelschein zu inszenieren und am Eierplätzchen traf sich regelmäßig die Kölner Hitlerjugend, um dann in Reih und Glied zu ihren Aktivitäten abzumarschieren. Vorne die hübschen und dem Idealbild entsprechenden in Uniform, hinten die dickeren Kinder ohne Uniform. Und in der Bonner Straße 33 gab es ein so genanntes Ghetto-Haus. Ein Haus in dem Juden, die man um ihr Hab und Gut gebracht hatte, vor der Deportation zusammengepfercht wurden. Vor dem Haus Bonner Straße 33 gibt es daher mittlerweile 17 Stolpersteine des Kölner Künstlers Demnig. Noch viele Orte besuchte der Rundgang mit Dr. Werner Jung durch die Kölner Südstadt.

Das die Fachhochschule, die Stadt und das Land NRW es nicht schaffen eine Gedenktafel am Gebäude Claudiusstraße anzubringen ist allerdings eine Schande für Köln. Vor allen Dingen, weil hier tausende von Studenten tagtäglich ein und ausgehen.

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